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Das „Markenzeichen“ des französischen Modeschöpfers Christian Louboutin sind rot lackierte Sohlen von hochpreisigen Luxus-High Heels:

Louboutin ist u.a. Inhaber der folgenden Benelux-3D-Marke (Nr. 0874489):

Louboutin verfügt in vielen Ländern der Welt über Marken, um die roten Sohlen zu schützen und geht weltweit gegen Imitationen vor, u.a. gegen Deichmann, Europas größten Schuhhändler.

Deichmann hatte im Jahr 2012 in den Niederlanden über sein dortiges Tochterunternehmen Van Haaren die hochhackigen Damenschuhe mit roter Sohle für weniger als ein Zehntel des Louboutin-Preises vertrieben:

Daher klagt das französische Modehaus Louboutin seit 2013 gegen den Vertrieb der Damenschuhe durch Van Haaren und verlangt Schadensersatz wegen Markenrechtsverletzung.

Van Haaren hingegen macht geltend, dass die Benelux-Marke von Louboutin nichtig sei. Es handele sich hierbei vielmehr um eine zweidimensionale Marke, die Farbe Rot. Diese entspreche, aufgebracht auf den Schuhsohlen, der Form der Schuhe und verleihe ihnen ihren wesentlichen Wert im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii der Markenrichtlinie 2008/95. Hiernach sind Zeichen, die ausschließlich „aus der Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht“ bestehen, von der Eintragung ausgeschlossen bzw. unterliegen im Falle der Eintragung der Nichtigerklärung (Anmerkung: In der neuen Fassung wird diese Vorschrift durch Art. 4 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii Richtlinie (EU) 2015/2436 ersetzt, deren Umsetzungsfrist am 14.11.2019 endet).

Das niederländische Gericht in Den Haag ersuchte daraufhin die Auslegung des Eintragungshindernisses bzw. Ungültigkeitsgrundes nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e. Ziff. MarkenRL durch den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens. Konkret wollte das Gericht wissen, ob der in der Richtlinie verwendete Begriff „Form“ auch nicht dreidimensionale Eigenschaften der Ware, wie etwa Farben, erfasst.

Ein US-amerikanisches Gericht versagte Louboutin 2011 bereits den Markenschutz der roten Schuhsohle. Einzelne Farben sollen nach der Ansicht des Gerichts nicht für Modeartikel monopolisiert werden dürfen. Deshalb sei die US-Marke von Louboutin nicht schutzfähig und hätte nie eingetragen werden dürfen.

Generalanwalt Szpunar gegen Schutzfähigkeit roter Schuhsohle

Der Generalanwalt sprach in seinen Schlussanträgen vom 6.2.2018 der roten Sohle von Louboutin den Markenschutz ab.

Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii MarkenRL sollte demnach auch auf ein Zeichen anwendbar sein, das aus der Form der Ware besteht und Schutz für eine bestimmte Farbe beansprucht. Der Begriff der Form, die der Ware „einen wesentlichen Wert verleiht“, betreffe ausschließlich den der Form innewohnenden Wert. Er ermögliche nicht die Berücksichtigung des Markenimages oder dem seines Inhabers. Daher kann auch ein aus Form und Farbelementen kombiniertes Zeichen unter den Schutzausschließungsgrund nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii MarkenRL fallen, wie es bei der roten Sohle von Louboutin der Fall sei.

Eine Farbe macht noch keine Form

Der EuGH schloss sich mit Urteil vom 12.6.2018 (Az. C-163/16) den Schlussanträgen des Generalanwalts nicht an. Der Ausschlussgrund des Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii MarkenRL sei dahin auszulegen, dass ein Zeichen, das aus einer Farbe wie bei den Louboutin-Schuhen bestehe, nicht ausschließlich aus der „Form“ im Sinne der Vorschrift bestehe.

Der Begriff der Form erfahre keine nähere Definition und sei daher nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auszulegen. Nach Ansicht des EuGH stellt eine Farbe ohne räumlich Begrenzung gerade keine „Form“ dar (EuGH, Urt. v. 12.6.2018, C-163/16, Tz. 22).

Hinzu kommt der Umstand, dass die streitgegenständliche 3D-Marke sich nicht auf eine bestimmte Form der Schuhsohlen beziehe. Vielmehr weise die Markenbeschreibung ausdrücklich darauf hin, dass die Kontur des Schuhs nicht von der Marke umfasst ist, sondern nur die Positionierung der eingetragenen roten Farbe visualisieren solle (EuGH aaO, Tz. 25).