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Digitalverträge · Verbraucherschutz · Web-Prozesse rechtssicher gestalten

Was viele Online-Shops (noch) falsch machen

Digitale Vorteile, kostenlose Lieferungen, Bonuspunkte: Immer mehr Shops bieten Zusatzpakete an, die Kund:innen für einen einmaligen Betrag dazubuchen können. Diese Modelle laufen oft zwölf Monate, enden automatisch – und sind bei Verbraucher:innen beliebt.

Ein Problem zeigt sich jedoch immer wieder: Eine Kündigungsmöglichkeit fehlt. Die Annahme dahinter: „Der Vertrag endet ja sowieso.“ Doch genau das kann rechtlich problematisch sein und in der Praxis schnell zum Risiko werden.

Hintergrund

Seit dem 1. Juli 2022 sind Unternehmen, die online Verträge mit Verbraucher:innen schließen, verpflichtet, eine sogenannte Kündigungsschaltfläche auf ihrer Website bereitzustellen. Diese Vorgabe ergibt sich aus § 312k BGB und gilt für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr, bei denen ein Dauerschuldverhältnis begründet wird.

Ziel des Gesetzgebers ist es, Verbraucher:innen zu schützen: Während der Abschluss digitaler Verträge oft mit wenigen Klicks möglich ist, wurde die Kündigung solcher Verträge in der Vergangenheit häufig durch umständliche oder intransparente Prozesse erschwert – etwa durch versteckte Links, Anmeldezwang oder umständliche Kontaktformulare.

Mit der Einführung der Kündigungsschaltfläche sollte sich das ändern. Der gesetzliche Anspruch ist klar:Die Kündigung muss ebenso einfach möglich sein wie der Vertragsschluss.
Vorgesehen ist daher ein zweistufiges Verfahren – über zwei eindeutig beschriftete Schaltflächen: „Verträge hier kündigen“ und „jetzt kündigen“.

Lange war jedoch umstritten, ob auch zeitlich befristete Verträge mit einmaliger Zahlung von dieser Pflicht erfasst sind. Der typische Fall: ein Vorteilsprogramm, das zwölf Monate lang Vergünstigungen bietet und automatisch endet. Hier wurde vielfach angenommen, dass mangels fortlaufender Zahlungspflicht des Verbrauchers kein Dauerschuldverhältnis vorliegt – und damit auch keine Pflicht zur Kündigungsschaltfläche.

Was der BGH jetzt klargestellt hat

Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 22. Mai 2025, I ZR 161/24) hat nun kürzlich entschieden: Auch bei automatisch endenden Vorteilsprogrammen mit Einmalzahlung muss es eine Kündigungsschaltfläche auf der Website geben, wenn das Unternehmen während der Laufzeit dauerhaft Leistungen erbringt.

Konkret ging es um das Vorteilsprogramm. Für 9,90 € erhalten Kund:innen zwölf Monate lang Vorteile wie kostenlosen Versand, doppelte Punktegutschriften und Sonderrabatte. Das Programm endet automatisch, eine Kündigungsmöglichkeit war nicht vorgesehen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband klagte – mit Erfolg.

Was bedeutet das für Online-Shops?

Viele Online-Shops bieten heute Zusatzpakete oder Mitgliedschaften mit festem Laufzeitende an – häufig gegen Einmalentgelt. Das betrifft etwa:

  • Vorteilsprogramme (z. B. Versandfrei-Modelle, Rabattclubs, Treuepunkte-Systeme)
  • Premium-Mitgliedschaften mit digitalen Zusatzleistungen
  • Expresszugänge, Nachhaltigkeitsoptionen oder Logistik-Upgrades

Fehlt bei solchen Angeboten die Kündigungsschaltfläche, liegt ein Verstoß gegen § 312k BGB vor. Das kann nicht nur Abmahnungen durch Verbraucherverbände zur Folge haben, sondern auch ein sofortiges Kündigungsrecht für Kund:innen begründen.

Was Unternehmen jetzt prüfen sollten

Unternehmen sollten ihre digitalen Vertragsmodelle mit Blick auf die neue Rechtsprechung des BGH kritisch hinterfragen:

  • Wird eine wiederkehrende Leistungspflicht des Unternehmens über mehrere Monate erbracht – etwa durch Vorteile, Punkte oder Versandprivilegien?
  • Erfolgt die Bestellung online über die Website?
  • Fehlt eine zweistufige Kündigungsmöglichkeit, die den Vorgaben aus § 312k BGB entspricht?

Dann besteht akuter Handlungsbedarf.

Gestaltungspflichten im Überblick

Damit die Kündigungsschaltfläche den Anforderungen des § 312k BGB genügt, reicht es nicht, irgendwo einen Link mit dem Wort „Kündigung“ zu platzieren. Gesetz und Rechtsprechung stellen klare Anforderungen an Positionierung, Beschriftung und Ablauf.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Die erste Schaltfläche („Verträge hier kündigen“) muss leicht auffindbar und eindeutig beschriftet sein.
  • Die zweite Schaltfläche („jetzt kündigen“) muss die Kündigung ohne weitere Hürden oder Pflichtangaben ermöglichen.
  • Zwingende Logins, versteckte Menüs, ablenkende Pop-ups oder die Abfrage von Gründen sind unzulässig.
  • Die Kündigung muss auch dann möglich sein, wenn der Vertrag automatisch endet – eine Kündigungsmöglichkeit muss jederzeit bestehen.

Fazit

Der BGH erweitert den Anwendungsbereich der Kündigungsschaltfläche deutlich. Künftig ist klar: Auch befristete Vertragsmodelle mit Einmalzahlung können ein Dauerschuldverhältnis darstellen – mit allen rechtlichen Folgen.

Unternehmen, die digitale Zusatzleistungen anbieten, sollten bestehende Modelle und Prozesse auf der Website dringend überprüfen. Die Grenze zwischen bequemem Vorteilspaket und rechtlichem Risiko ist schmal – und nun klar definiert.

Wir unterstützen Sie bei der rechtskonformen Ausgestaltung von Online-Verträgen und begleiten Sie bei der Umsetzung der Button-Pflicht nach § 312k BGB.