Wird durch den Discounter das Ansehen der Marke geschädigt? Aldi Süd wurde vor dem OLG Düsseldorf erfolgreich dazu verurteilt, den Verkauf von Parfumprodukten der Marken JOOP! und Calvin Klein zu unterlassen.
Als Marilyn Monroe gefragt wurde, was sie im Bett trägt, antwortete sie: „Zum Schlafen trage ich nur ein paar Tropfen Chanel Nº 5“. Dieser Satz ist aus dem Werbeimage von Chanel nicht mehr wegzudenken und hat dem Duft Ikonenstatus verliehen. Modehäuser scheuen keine Kosten und Mühen, um andere Filmstars in riesigen Werbekampagnen für ihre Werbung zu gewinnen. Düfte sind abstrakt, sprechen unser Gefühlszentrum an und sind eine ideale Projektionsfläche für Ideen und Images eines ganzen Hauses. Der Normalverbraucher, der sich keine Birkin leisten kann, hat die Möglichkeit, sich wenigstens in Form eines Parfums ein Stück Luxus als Teil des Markenimages zu erwerben. Es ist nämlich kein Geheimnis, dass sich die großen Häuser nicht mehr durch die Haute Couture finanzieren, sondern ihre Einnahmen primär aus dem Verkauf von Accesoires, Kosmetik und vor allem Parfums stammen.
Um die exklusive Ausstrahlung von Parfums zu erhalten, bedienen sich die Häuser selektiver Vertriebssysteme über ausgewählte Parfümerien, spezielle Kosmetikeinzelhändler und Warenhäuser. Chanel Damenparfums werden in der Regel in speziell beleuchteten schwarz-weißen Hochglanzregalen angeboten, um das Gefühl einer Chanel Boutique heraufzubeschwören.
Wenn ein Parfum hingegen bei Aldi neben dem Kassenband oder in der Grabbelkiste angeboten wird, könnte das Luxusimage der Marke sofort zerstört werden und das Produkt nur noch wie ein ordinäres Duftwasser erscheinen, das Marilyn nicht angerührt hätte. Daher wurde Aldi Süd vor dem OLG Düsseldorf erfolgreich dazu verurteilt, den Verkauf von Parfumprodukten der Marken JOOP! und Calvin Klein zu unterlassen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.06.2023 – 20 U 278/20).
Die Kläger sahen in dem Vertrieb durch Aldi eine Verletzung ihrer Marken. Grundsätzlich haben die Markeninhaber keine Unterlassungsansprüche, sobald die Markenware unter deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht wurde (Erschöpfung gemäß Art. 15 Abs. 1 UMV). Auch hier trat Erschöpfung ein, weil die Parfums unter Zustimmung der Markeninhaber in den Verkehr gebracht wurden.
Die Markeninhaber haben ausnahmsweise trotz Erschöpfung Unterlassungsansprüche, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Markeninhaber sich dem weiteren Vertrieb der Markenwaren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist (Ausnahme gemäß Art. 15 Abs. 2 UMV). Ein berechtigter Grund in diesem Sinne kann auch die Schädigung des Rufs der Marke sein. Dabei ist jedoch das Interesse des Markeninhabers am Schutz des Markenrufes gegen das Interesse des Wiederverkäufers abzuwägen.
Bei Waren mit Luxus- und Prestigecharakter muss der Wiederverkäufer darauf bedacht sein, die Wertschätzung der Marke nicht dadurch zu beeinträchtigen, dass er den Luxus- und Prestigecharakter der betreffenden Waren sowie die von ihnen ausgehende luxuriöse Ausstrahlung beeinträchtigt. Damit die Ausnahme vom Erschöpfungsgrundsatz greift, muss konkret erwiesen werden, dass die Benutzung der Marke in der Werbung des Wiederverkäufers den Ruf der Marke im konkreten Fall erheblich schädigt. Eine solche erhebliche Schädigung kann dann vorliegen, wenn die Marke in einer Umgebung erscheint, die das Image, das der Inhaber seiner Marke hat verschaffen können, erheblich beeinträchtigen könnte. Ob durch den Weiterverkauf durch den Discounter das Ansehen der Marke geschädigt wird, hängt insbesondere vom Adressatenkreis, an den die Waren weiterverkauft werden sollen, und von den spezifischen Umständen des Verkaufs von Prestigewaren ab.
Hier stellte sich in der Vorinstanz die Frage, ob die konkret vertriebenen Parfums „JOOP! Jump“ und „Calvin Klein ckIN2U“ überhaupt Luxusware sind, der ein Luxusimage zukommt. Dies hat die Vorinstanz abgelehnt und die Klage abgewiesen, weil die Produkte schon eine bestimmte „Luxushöhe“ nicht erreicht hätten.
Laut dem OLG Düsseldorf müssen jedoch nicht die Produkte, sondern die Marken eine bestimmte „Luxushöhe“ erreicht haben. Dass diese vorliegt, ergibt sich aus dem selektiven Vertriebssystem der Markeninhaber. Unschädlich ist, dass deren Parfums auch bei DM und Rossmann erhältlich sind, weil diese dort anders als bei Aldi in einer eigenen Abteilung präsentiert werden. Auch ist der „mittlere Preissegment“ der Parfums unschädlich, weil sie durch die Marke weiterhin eine luxuriöse Ausstrahlung genießen.
Durch die konkrete Art der Warenpräsentation bei Aldi ist der Ruf der Marken jedenfalls erheblich beeinträchtigt worden. Denn die Parfums wurden wahllos und ohne Trennung vom sonstigen Sortiment (Schnaps, Computerware, Pyjamas etc.) in der „Grabbelkiste“ angeboten und so mit „Allerweltsware“ gleichgestellt. Dadurch überwiegt das Interesse der Markeninhaber und liegt eine Ausnahme vom Erschöpfungsgrundsatz vor, sodass Unterlassungsansprüche gegen Aldi bestehen.
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass Markeninhaber den Ruf der Marke insbesondere für Parfums sehr hoch halten wollen und angesichts der existenziellen finanziellen Bedeutung dieser Ware alles daran setzen, den Ruf zu erhalten. Sobald ein luxuriöser Ruf der Marke erreicht wurde, bestehen dahingehend gute Erfolgsaussichten.