Der „Green Deal“ – 2019 von Frau von der Leyen persönlich ausgerufen, verhieß Großes: Klimaneutralität bis 2050, Emissionshandel und Finanzierungshilfen in Milliardenhöhe. Nun folgte mit der „Empowering Consumers“-Richtlinie (EmpCo, 2024/825) ein weiterer Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel. So will es zumindest die Kommission verstehen. Neben einem Verbot von irreführender Green Claims regelt die Richtlinie umfassende neue Informationspflichten für Händler. Diese sollen bis März 2026 in nationales Recht gegossen werden und ab Ende September 2026 gelten. Konkret geht es zum Zwecke der Aufklärung der Verbraucher um Informationen über das gesetzliche Gewährleistungsrecht und freiwillige Herstellergarantien.
Aktuelle Rechtslage
Momentan richten sich die Informationspflichten bei Verbraucherverträgen für Online-Händler nach § 312d und § 312j BGB i. V. m. Art. 246a EGBGB und beim stationären Handel nach § 312a BGB i. V. m. Art. 246 EGBGB. Darunter fallen beispielweise die wesentlichen Eigenschaften der Ware und die Identität des Unternehmers. Bereits jetzt muss nach Art. 246a § 1 S. 1 Nrn. 11 und 12 EGBGB über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts und gegebenenfalls über das Bestehen einer Garantie informiert werden. Auch wenn bei dieser Vielzahl von Pflichtangaben von einem „information overkill“ gesprochen werden kann, der dem Zweck eines gut informierten Verbrauchers entgegenwirkt, wird nun der Dschungel noch dichter.
Neue verpflichtende Grafiken für Gewährleistung und Garantien
Aus Art. 246a § 1 S. 1 Nrn. 10 und 11 EGBGB werden Nrn. 10 bis 11c, aus Art. 246 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB die Nrn. 5 bis 5d. Nun sollen Händler über „das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für Waren und seine wichtigsten Elemente, einschließlich seiner Mindestdauer von zwei Jahren, in hervorgehobener Weise“ informieren sowie „die Information, dass für diese Ware eine solche Garantie gilt, deren Dauer und einen Hinweis auf das Bestehen des gesetzlichen Gewährleistungsrecht“ bereitstellen. Wenn beim ersten Lesen nicht klar wird, was gemeint ist und wie das umgesetzt werden soll, können die Bedenken erst einmal dahinstehen. Denn – und das ist das Besondere an der Neuerung – die EU-Kommission hat in einer Durchführungsverordnung ((EU) 2025/1960) exakt vorgegeben, wie die Informationspflichten zu erfüllen sind: mittels einer „harmonisierten Mitteilung“ und einer „harmonisierten Kennzeichnung“.
Harmonisierte Mitteilung über Gewährleistungsrechte
Um die Verbraucher über das Bestehen und den Umfang ihrer Rechte zu informieren, sowie zur Verhinderung der Verwechslung mit einer gewerblichen Herstellergarantie, muss die „harmonisierte Mitteilung“ verwendet werden. Die Darstellungsweise ist nicht anpassbar: Im stationären Handel muss sie in „hervorgehobener Weise“ z. B. im Kassenbereich angebracht sein. Mindestgröße ist A4 (nach oben sind Ihnen keine Grenzen gesetzt). Farbig oder schwarz-weiß darf sie sein.
Im Online-Handel reicht es, die „harmonisierte Mitteilung“ als allgemeine Erinnerung in Farbe auf der Website zu platzieren. Falls das zum Vertragsschluss verwendeten Fernkommunikationsmittel, wie ein Katalog, nicht ausreichend Platz für die „harmonisierte Mitteilung“ in A4 zur Verfügung stellt, kann auf diese wohl zunächst verzichtet werden, da es sich bei der Mitteilung nicht um eine zwingende Pflichtangabe nach Art. 246a § 3 EGBGB handeln wird. Gleichwohl muss der Unternehmer dem Verbraucher diese Information gem. § 312f Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 3 bzw. Abs. 2 BGB auf Papier (in A4?) oder einem anderen dauerhaften Datenträger, zum Beispiel über E-Mail nachreichen. Damit ist dem Umweltschutz ein Bärendienst erwiesen.
Harmonisierte Kennzeichnung produktbezogener Garantien
Durch die „harmonisierte Kennzeichnung“ soll der Verbraucher über das Bestehen und den Umfang einer möglichen Herstellergarantie informiert werden. Dieser Verpflichtung ist nur nachzukommen, wenn kumulativ die Garantie (1) für länger als zwei Jahre angeboten wird, (2) ohne zusätzliche Kosten für die gesamte Ware gilt und (3) der Hersteller diese Informationen dem Verkäufer zur Verfügung stellt. Warum diese Informationspflicht erst ab einer Garantie von mehr als zwei Jahren greift, obgleich des Eingreifens der Mängelgewährleistungsrechte eine Garantie aufgrund der Vermutungsregel nach § 443 Abs. 2 BGB einen weiteren Schutz gewährt, ist ebenso unklar wie die Frage, warum Händler überhaupt in dieser Weise zur Information über Herstellergarantien verpflichtet werden müssen. Wenn es sich um verkaufsfördernde Tatsachen handelt, reicht das Eigeninteresse des Verkäufers sicherlich als Anreiz aus. Dies galt allerdings schon für das geltende Recht, weswegen der EuGH auch eine eher einschränkende Auslegung der Bestimmung vornimmt. Bisher sollte der Händler nur dann über die Einzelheiten einer Herstellergarantie belehren müssen, wenn er damit in irgendeiner Weise wirbt.
Die „harmonisierte Kennzeichnung“ ist nicht wie die „harmonisierte Mitteilung“ als allgemeiner Hinweis zu verstehen, sondern sie muss in hervorgehobener Weise neben jedem Produkt oder direkt auf der Verpackung dargestellt werden, wenn eine Garantie besteht, die die obigen Voraussetzungen erfüllt. Auch müssen bestimmte Teile der Kennzeichnung dem Produkt und der Garantie entsprechend angepasst werden. Dazu zählen abschließend die Dauer der Garantie in Jahren, die Firma sowie das Modell. Wie bei einer Garantie von beispielsweise zweieinhalb Jahren verfahren wird, ist nicht direkt ersichtlich.
Im stationären Handel kann die Darstellung der Kennzeichnung in Farbe oder schwarz-weiß erfolgen, solange sie mindestens 9,5 × 10 cm groß ist. Online muss die „harmonisierte Kennzeichnung“ farbig neben dem Produktbild eingefügt werden. Hier besteht die Möglichkeit der verschachtelten Darstellungsweise. Jedoch muss, aufgrund einer Anpassung des § 312j Abs. 2 BGB, die Kennzeichnung auch „unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt“, sprich im Warenkorb, angezeigt werden. Für jedes einzelne Produkt.
Mögliche Auswege
Den Anforderungen bzgl. der „harmonisierten Mitteilung“ müssen Sie nachkommen. Der Aufwand beschränkt sich auf ein Plakat im Verkaufsraum und einem Hinweis auf der Website, beispielsweise in den AGB.
Das Interesse auf eine Einschränkung der Verpflichtungen im Bezug auf die „harmonisierte Kennzeichnung“ ist dagegen deutlich größer. Sie müssten diesen Pflichten nicht nachkommen, wenn die Garantie nicht länger als zwei Jahre angeboten wird, entgeltlich oder von bestimmten Voraussetzungen (z. B. Registrierung oder Zusatzvertrag) abhängig ist, nur für bestimmte Einzelteile und nicht für das gesamte Produkt gilt oder, wenn der Hersteller diese Informationen dem Verkäufer nicht zur Verfügung stellt.
Fazit
Diesen Informationspflichten ist bis zum 27.9.2026 nachzukommen. Wird es aufgrund des hohen Umsetzungsaufwandes zu weniger Garantien kommen, obwohl die Händler aus purem Eigeninteresse bereits in ihrer Art auf eine solche hingewiesen haben? Folgt, wie oft bei diffizilen Änderungen prognostiziert, eine große Abmahnwelle gestützt auf Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb? Das lässt sich noch nicht abschätzen. Sicher ist nur, dass die Änderungen weder einen merklichen Vorteil für den ohnehin von Informationen überschüttet Verbraucher einbringen, noch dem Umweltschutz nützen.


