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Im Streit zwischen den Influencern Shurjoka und Tobias Huch hat das OLG Frankfurt entschieden, dass nicht jede öffentliche Auseinandersetzung ein Fall fürs Wettbewerbsrecht ist. Während ehrverletzende Tatsachenbehauptungen untersagt wurden, ließ das Gericht polemische Meinungsäußerungen wie „Hatefluencerin“ zu.

Pia Scholz, bekannt als „Shurjoka“ und Tobias Huch stritten vor Gericht um die Zulässigkeit einiger von Huch getätigten Äußerungen. Im Ergebnis wurden einige Äußerungen von Huch als persönlichkeitsrechtsverletzend eingestuft und untersagt. Andere hingegen – etwa die Bezeichnung von Shurjoka als „Hatefluencerin“ – wurden von OLG Frankfurt mit Urteil 17.7.2025 (Az. 16 U 80/24) als von der Meinungsfreiheit gedeckte Werturteile eingestuft. Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche verneinte das Gericht hingegen vollständig, weil es sowohl an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den beiden „Influencern“ fehle, noch Huchs Aussagen als geschäftliche Handlungen anzusehen sein. Auch die lto berichtete.

Shurjoka hatte Huch auf Unterlassung diverser herabsetzender Aussagen verklagt. Der 16. Zivilsenat (zuständig für Presserecht) stellte klar, dass unwahre Tatsachenbehauptungen nicht vom Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt sind, wohl aber wertende Meinungsäußerungen. Entsprechend wurde Huch verboten zu behaupten, Shurjoka „hetzt Tag ein Tag aus“ und es sei ihr Geschäftsmodell, „diesen Hass zu verbreiten und diese Fake News“, oder sie unterstelle anderen, sie sexuell zu belästigen – denn hierbei handele es sich um nicht erwiesen wahre Tatsachen. Solche ehrenrührigen Behauptungen verletzten Scholz’ allgemeines Persönlichkeitsrecht und müssen unterlassen werden.

Als Meinungsäußerungen hinzunehmen habe Shurjoka hingegen polemische Werturteile wie die Aussage, sie verklage Huch nur, „weil es ihr nicht gefällt, was ich über sie sage“, ebenso wie die Behauptung, sie lege ein „mysogenes Verhalten“ an den Tag, und insbesondere die Bezeichnung als „Hatefluencerin“. Solche Äußerungen wertete das Gericht als durch die Meinungsfreiheit gedeckt, da sie vor allem subjektive Einschätzungen und Kritik darstellten. Insofern bliebe Huch mit seinem Recht auf freie Meinungsäußerung erfolgreich. So weit so gut. Ob hinreichende Anknüpfungstatsachen für diese Werturteile vorhanden waren, wird vielleicht noch ein etwaiges Hauptsacheverfahren zeigen.

Keine UWG-Ansprüche: Kein Wettbewerbsverhältnis und keine geschäftliche Handlung

Neben Persönlichkeitsrechts-Verletzungen hatte Shurjoka auch Unterlassungsansprüche nach dem UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) geltend gemacht. Hier gilt regelmäßig ein strengerer Maßstab für die Meinungsfreiheit, weil der geschäftliche Charakter auf der Hand liegt. Diese scheiterten jedoch vollständig. Das Gericht verneinte ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Zwar sein beide Akteure im weitesten Sinne auf dem Streaming-Markt tätig, doch allein die gemeinsame Branche mache sie noch nicht zu Wettbewerbern im Sinne des UWG. Für ein Wettbewerbsverhältnis müssten sie in einem konkreten Absatz- oder Publikumswettbewerb stehen – das sah der Senat hier nicht als gegeben an.

Senat führte mehrere Punkte an, weshalb weder die Voraussetzungen eines Wettbewerbsverhältnisses noch einer geschäftlichen Handlung erfüllt seien:

  • Unterschiedliche geschäftliche Ausrichtungen: Huch habe in den beanstandeten YouTube-Videos weder eigene noch fremde Waren oder Dienstleistungen beworben. Statt Produktwerbung stellt er den Streit mit Shurjoka dar, kommentiere ihn und bat um Spenden für seine Anwaltskosten. Seine Äußerungen dienten also nicht der Förderung eines Absatzes, sondern hätten eine informierende/unterhaltende Funktion.
  • Kein Nullsummen-Wettbewerb: Es sei weder dargelegt noch ersichtlich, dass ein Vorteil der einen Partei zugleich einen Nachteil der anderen bedeuten würde. Im Gegenteil – die öffentliche Auseinandersetzung dürfte die Reichweite (Klickzahlen) beider Influencer eher erhöht haben. Keiner der beiden streite hier um Marktanteile zulasten des anderen, beide profitierten von der Aufmerksamkeit.
  • Eingeschränkte Gewerblichkeit der Klägerin: Darüber hinaus habe Shurjoka selbst angegeben, dass sie sich finanziell durch Gaming-Streams trage und den Rest ihres Contents quasi „ehrenamtlich“ Sie handele mit einem Großteil ihrer Inhalte nicht unternehmerisch, was ebenfalls gegen die Anwendbarkeit des UWG spreche.
  • Äußerungen sein im geschäftlichen Kontext erfolgt: Die beanstandeten Äußerungen von Huch stellten keine geschäftlichen Handlungen Sie dienten nicht dazu, den Absatz von Waren oder Dienstleistungen zu fördern, sondern hatten eine Informations- und Unterhaltungsfunktion im Rahmen eines redaktionellen Inhalts. Ein werblicher Überschuss läge nicht vor – die Äußerungen sein im Kern Teil einer öffentlichen Debatte, nicht Teil eines Marketing- oder Geschäftsbetriebs.

Fazit

Die Entscheidung (Urteil vom 17.07.2025, Az. 16 U 80/24) macht deutlich, dass nicht jeder öffentliche Schlagabtausch unter „Influencern“ als Wettbewerb im rechtlichen Sinne einzustufen ist. Wobei hier die Verwendung des Begriffes vielleicht schon auf die falsch Fährte führt, denn typisch für das „Berufsbild“ eines Influencers ist in der Regel eine oft kommerzielle Dimension, etwa durch Werbung, Produktplatzierungen oder Kooperationen mit Marken. Persönlichkeitsrechtliche Grenzen für Äußerungen können zwar überschritten werden (dann drohen Unterlassungsgebote), doch das Wettbewerbsrecht greift nur, wenn die Beteiligten tatsächlich als Mitbewerber um ein wirtschaftliches Publikum oder Geschäft auftreten. Bloße Reichweitenstreitigkeiten oder gegenseitige Kritik zweier Content-Creator begründen noch kein Wettbewerbsverhältnis im Sinne des UWG.

Der BGH hatte sich bereits in seiner Entscheidung Influencer I vom 9.9.2021 – I ZR 90/20 dazu geäußert, unter welchen Voraussetzungen ein Beitrag eines Influencers in sozialen Medien einen zur Annahme einer geschäftlichen Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens erforderlichen werblichen Überschuss enthalte. Dies ist aufgrund einer umfassenden Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens der Gestaltungsmerkmale (zum Beispiel gepostete Produktfotos, redaktioneller Kontext, Verlinkung auf Internetseiten von Drittunternehmen) zu beurteilen.