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Mit Urteil vom 16. April 2025 (Az.: 10 AZR 80/24) entschied das Bundesarbeitsgericht erstmals, dass ein vertraglich vereinbarter Provisionsanspruch auch in der Kryptowährung Ether erfüllt werden kann, sofern dies objektiv im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Zu beachten sei, dass jener Teil des Arbeitsentgelts hiervon ausgenommen ist, der innerhalb der Pfändungsfreigrenze liegt. Dieser unpfändbare Betrag des Arbeitsentgelts muss weiterhin in Euro ausgezahlt werden.

Hintergrund

Die Klägerin war bei der Beklagten, einem unter anderem auf Kryptowährungen spezialisierten Unternehmen, beschäftigt. Zuletzt betrug ihr Grundgehalt 2.400,00 EUR brutto im Monat. Der Arbeitsvertrag sah außerdem eine Provision auf Basis monatlicher Geschäftsabschlüsse vor. Vertraglich war bestimmt, dass die Provision zunächst in Euro zu ermitteln, zum Zeitpunkt der Fälligkeit zum aktuellen Wechselkurs in ETH umzurechnen und zu erfüllen sei. Obwohl die Klägerin der Beklagten bereits am 11. August 2020 ein entsprechendes Wallet mitgeteilt hatte, blieb eine Übertragung seitens der Beklagten aus. Erst mit der Gehaltsabrechnung für den Monat Dezember 2021 zahlte die Beklagte pauschal eine Provision in Höhe von 15.166,16 EUR brutto an die Klägerin aus. Die Klägerin hielt diese Leistung für unzureichend und verlangte zusätzlich 19,194 ETH für die Monate Februar und März 2020. Die Beklagte war der Auffassung, soweit die Provisionsforderungen berechtigt seien, habe sie diese durch die Zahlung der 15.166,16 EUR im Dezember 2021 erfüllt. Sie war ferner der Ansicht, dass § 107 Abs. 1 GewO eine Auszahlung nur in Euro und nicht in Ether nicht zulasse.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg gaben der Klage weitgehend statt; die Beklagte legte daraufhin Revision vor dem BAG ein.

Die Entscheidung des BAG

Das BAG hob das vorinstanzliche Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das LAG Baden-Württemberg zurück.

Das BAG stellte klar, dass der Klägerin die geltend gemachten Provisionen dem Grunde nach zustanden und dass diese durch Übertragung von Ether zu erfüllen seien.

Kryptowährungen seien zwar nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des § 107 Abs. 1 GewO zu qualifizieren, das Arbeitsentgelt müsse also in Euro gezahlt werden. Gleichwohl eröffne § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO die Möglichkeit, Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts zu vereinbaren, sofern sie dem Interesse des Arbeitnehmers dienen oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entsprechen. Im vorliegenden Fall sei ein solches Interesse der Klägerin gegeben, da die Übertragung der Provision in Krypto explizit im Arbeitsvertrag vereinbart wurde.

Weiter betonte das BAG die Schutzfunktion der Pfändungsfreigrenzen: Arbeitnehmer dürfen nicht gezwungen sein, Sachbezüge erst zu veräußern, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Der unpfändbare Anteil müsse stets in Euro ausgezahlt werden. Nur der Wert, der diesen Freibetrag überschreitet, könne in Ether geleistet werden.

Deshalb sei eine Vereinbarung, die das unpfändbare Nettoarbeitsentgelt in Kryptowährung vorsieht, teilweise unwirksam, weil sie gegen § 107 Abs. 2 S. 5 GewO verstoße. Ein solcher Verstoß habe zur Folge, dass das Arbeitsentgelt bis zu den jeweiligen Pfändungsfreigrenzen in Geld zu leisten und der Sachbezug entsprechend zu kürzen sei.

Das LAG Baden-Württemberg sei zutreffend von diesen Grundsätzen ausgegangen, habe aber bei der Ermittlung der Pfändungsfreigrenzen nach den §§ 850 ff. ZPO die gesetzlichen Vorgaben nicht zutreffend berücksichtigt. Die Sache war deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückzuverweisen.

Fazit

Es ist zu begrüßen, dass das BAG erstmalig Klarheit bzgl. der Auszahlung von Arbeitsentgelt in Kryptowährung schafft, denn Kryptowährungen sind längst mehr als ein Nischenphänomen. Zahlreiche Unternehmen werben beispielsweise mit direkten Gehaltsauszahlungen in Crypto-Assets oder mit einer Gehaltsumwandlung von Euro zu Krypto und eröffnen damit neue Vergütungsoptionen.

Praxishinweis

Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass das Entgelt in Höhe der Pfändungsfreigrenze vollständig in Euro ausgezahlt wird. Außerdem müssen kryptobasierte Vergütungsmodelle transparent gestaltet werden und Umrechnungskurse, Fälligkeit sowie Übertragungsmodalitäten eindeutig regeln. Auch die Einhaltung der Mindestlohngrenze ist sicherzustellen.