In einem aktuellen Beschluss (BGH, Beschluss vom 15.04.2021 – Az.: I ZR 23/20) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechtsansicht des Kammergerichts Berlin bestätigt, wonach eine vom Streaminganbieter Netflix verwendetet Preisanpassungsklausel unwirksam sei. Netflix muss daher eine Klausel streichen, wonach der Abo-Preis ohne Angabe von Gründen jederzeit steigen kann.
Inhaltlich setzte sich der BGH allerdings nicht weiter mit der Klausel auseinander. Hintergrund dessen ist, dass das von Netflix eingelegte Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde bereits unzulässig war, so dass der Bundesgerichtshof nicht mehr in der Sache entscheiden musste.
Netflix-Klausel hält den Anforderungen der Rechtsprechung nicht stand
Netflix setzt auf ein Abo-Modell und behielt sich in der Vergangenheit mit der streitgegenständlichen Klausel ein umfangreiches Recht vor, die Preise gelegentlich anzupassen.
Folgende Klausel verwendete das Unternehmen dabei:
„Änderungen am Preis und Abo-Angebot. Unser Abo-Angebot und die Preise für den Netflix-Dienst können sich gelegentlich ändern. Sie werden jedoch mindestens 30 Tage vor deren Inkrafttreten über jegliche Änderungen an Preisen und unserem Abo-Angebot informiert.“
Gegen diese Klausel wendete sich im Jahr 2019 der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und klagte gegen Netflix. Dem aktuellen Beschluss des BGH ging eine längere streitige Auseinandersetzung vor Berliner Gerichten voraus. Vor dem Landgericht Berlin unterlag der vzbv zunächst (LG Berlin, Urteil vom 14.02. 2019, Az. 52 O 92/18), ehe die Berufungsinstanz, das Kammergericht Berlin, dem vzbv schließlich recht gab (KG, 20.12.2019 – 5 U 24/19). Das Kammergericht erklärte die Klausel von Netflix für unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, da sie Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige, soweit die Klausel eine Preisänderung ermögliche. Daneben verstoße die Klausel auch gegen das aus § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB folgende Transparenzgebot.
Dabei bestätigt auch das Kammergericht die grundsätzliche Möglichkeit zur Verwendung von Preisanpassungsklauseln in Nutzungsbedingungen und verwies hierzu auf die Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 15.11.2007, Az. III ZR 247/06):
„Die Schranke des § 307 I 1 BGB wird jedoch nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (vgl. BGH NJW 2008, 360, Rn 10).“
Die von Netflix verwendete Klausel hält diese Anforderungen nicht ein, da dem Verbraucher weder einzelne Kostenelemente noch deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offengelegt werden. Der Verbraucher hat vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür, wovon eine Preiserhöhung abhängig gemacht wird. Vielmehr räumt sich Netflix die jederzeitige Möglichkeit zur Preiserhöhung ein, wobei die Preiserhöhung auch nicht summenmäßig oder prozentual begrenzt ist. Die eingeräumte Kündigungsmöglichkeit ändert daher auch nichts daran, dass die Klausel einer AGB-Kontrolle nicht standhält und folglich unwirksam ist.
Praxishinweis:
Für die Praxis folgt hieraus, dass die eigene Preisanpassungsklausel noch einmal überprüft werden sollte. Noch immer finden sich viele unwirksame Klauseln in Nutzungsbedingungen. Dabei sind Preisanpassungsklauseln nicht generell unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2007, Az. III ZR 247/06) wie auch das Kammergericht Berlin in seiner Entscheidung zu der Netflix-Klausel betonte. Unternehmen sollten jedoch die Grenzen der Rechtsprechung beachten, um drohenden Abmahnungen entgegenzuwirken.