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Deutschland. Mitbewerber sind vor Nachahmungen lauterkeitsrechtlich durch § 4 Nr. 3 UWG geschützt. Dort ist geregelt, dass derjenige unlauter handelt, der Waren bzw. Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren/Dienstleistungen seines Mitbewerbers sind, wenn er bspw. dadurch eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. Doch was ist, wenn durch eine Produktverpackung schon klargestellt wird, dass es sich um einen anderen Hersteller handelt? Ist dann eine Herkunftstäuschung und somit auch eine Nachahmung in dem Sinne schon ausgeschlossen? Dies war (u.a.) Gegenstand der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 26.01.2023 (Az.: I ZR 15/22).

Die Klägerin, welche Butter und Mischstreichfette unter der Marke „Kerrygold“ vertreibt, ging rechtlich gegen ein anderes in Irland ansässiges Unternehmen vor, das ebenfalls dieselbe Produktkategorie vertreibt unter der Marke „Dairygold“. Die Dairygold-Verpackungen stellen wettbewerbswidrige Nachahmungen dar, so die Klägerseite. Zur Veranschaulichung die folgende Tabelle. Es fällt der goldene bzw. silberne Grundton der Verpackungen auf. Auch die grasenden Kühe mit der Weidelandschaft lassen sich überall wiederfinden. Bei den Packungen von Dairygold heißt es zusätzlich „From County Kerry“. Ein goldenes rundes Siegel wurde von beiden Parteien rechts positioniert.

 

 

Kerrygold Dairygold

 

Das Anbieten einer Nachahmung kann nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände – wie eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft (Buchst. a) oder eine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts (Buchst. b) – hinzutreten, aus denen die Unlauterkeit folgt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen.

 

Zunächst stand die Frage im –gerichtlichen- Raum, ob das nachgeahmte Produkt überhaupt lauterkeitsrechtlichen Schutz genieße, sodass Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) begründet werden könnten. Die jeweilige Packung der Klägerin müsse also „wettbewerbliche Eigenart“ haben. Das ist dann der Fall, wenn die konkrete Ausgestaltung des Produkts oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 – I ZR 58/14). Der Verkehr muss den Hersteller zwar nicht namentlich kennen; er muss aber auf Grund der Ausgestaltung oder der Merkmale des Produkts annehmen, es stamme von einem bestimmten Hersteller, wie immer dieser heißen möge, oder sei von einem mit diesem verbundenen Unternehmen in Verkehr gebracht worden. Dies gelte auch für verpackte Produkte wie Butter und Mischstreichfette, so der BGH. Denn hier kann die äußere Gestaltung (die Packung) auf die betriebliche Herkunft der darin verpackten Ware hinweisen. Beschrieben wurde die wettbewerbliche Eigenart so: Diese Verpackung für Mischstreichfette von Kerrygold zeichne sich durch ein gold- beziehungsweise silbergefärbtes Banner auf der linken Hälfte der Oberseite aus, auf dem die Schriftzüge „Aus irischer Weidemilch“, „Kerrygold“ und „extra“ in identischer Art und Weise dargestellt seien. Der Hintergrund zeige eine hügelige Weidelandschaft mit zwei grasenden Kühen und einem Gewässer am rechten oberen Rand. In der unteren linken Ecke sei das auch auf der Butterverpackung aufgedruckte Siegel abgebildet.

 

Zur Nachahmung wurde sodann festgestellt: Die Produktverpackungen der Beklagten führten ebenfalls zentral den sehr ähnlich klingenden Markennamen „Dairygold“ an, über dem – wie bei der Verpackung des Produkts von Kerrygold – ebenfalls ein bogenartiger Schriftzug aufgedruckt sei. Ebenso wie bei der Produktverpackung der Klägerin finde sich in der unteren rechten Hälfte ein goldenes Siegel. Damit übernehme Dairygold für eigene Produktverpackungen gerade jene Gestaltungsmerkmale, die die wettbewerbliche Eigenart der Verpackung von Kerrygold begründeten.

 

Aber werden die Konsumenten der Produkte überhaupt über die Herkunft getäuscht? Schließlich sind die Produkt- bzw. Herstellerbezeichnungen bei den gegenüberstehenden Produkten unterschiedlich und nicht alle Gestaltungsmerkmale identisch übernommen. Der BGH ist der Meinung, dass dadurch eine Herkunftstäuschung nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Denkbar wäre jedenfalls eine mittelbare Herkunftstäuschung, wenn die Gefahr bestehe, dass der Verkehr annehme, dass es sich bei den Dairygold-Produkten um eine neue Serie oder eine Zweitmarke auf Kerrygold-Seiten handele. Würden – wie hier – auch die wesentlichen Gestaltungsmerkmale der Produktverpackung übernommen, könne auch bei eindeutiger Herkunftsangabe eine Herkunftstäuschung vorliegen. Letztlich müssen aber nähere tatsächliche Feststellungen getroffen werden, aus denen ersichtlich wird, dass bei Verbrauchern ein solcher täuschender Eindruck erweckt wird.

 

Der Rechtsstreit ist jedoch noch nicht beendet. Die Sache wird vom BGH zurück an das Berufungsgericht verwiesen – aus prozessualen Gründen. Der Klägerin wird womöglich die Gelegenheit gegeben, neuen Sachvortrag zu halten. Es ist also noch nicht „alles in Butter“.

Autorin: Olivia Wykretowicz