Für alle Unternehmen, die urheberrechtlich geschützte Werke entgeltlich verwenden, ist der 7. Juni 2023 Stichtag: spätestens dann muss den Urhebern gegenüber umfangreiche Auskunft über die Verwendung ihrer Werke gegeben werden.
I. Alte Regelung
Der § 32d und § 32e UrhG wurden in ihrer alten Fassung im Jahr 2017 eingeführt. Hintergrund war die nationale Umsetzung der europäischen Vorgaben zum Urheberrecht. Die Normen sprachen Urhebern Auskunftsansprüche gegenüber ihren Lizenzinhabern zu.
II. Aus dem Auskunftsanspruch wird eine Auskunftspflicht
Der europäische Gesetzgeber geht davon aus, dass Urheber in der Regel die schwächere Verhandlungsposition bei der Lizenzvergabe oder der Einräumung ihrer Rechte haben. Mit der Auskunftspflicht sollen die Urheber gestärkt werden – vor allem die Auskunft über die mit dem genutzten Werk erzielten Einnahmen soll es den Urhebern ermöglichen, den Wert ihrer Werke besser einschätzen und infolgedessen ihre Lizenzkosten anpassen zu können. (so Erwägungsgrund 75 der DMS- Richtlinie)
Aus dieser Überlegung heraus ist der neue § 32d UrhG entstanden. Dieser hat den Anspruch des Urhebers auf Auskunft über die Nutzung seiner urheberrechtlich geschützten Werke zu einer Pflicht des Lizenzinhabers umgewandelt, dem Urheber diese Auskunft unaufgefordert zu erteilen.
Artikel 19 der Richtlinie 2019/790 verlangt nun, dass Urheber „aktuelle, einschlägige und umfassende Informationen über die Verwertung ihrer Werke und Darbietungen, vor allem über die Art der Verwertung, sämtliche erzielten Einnahmen von und die fälligen Forderungen gegenüber denjenigen, denen sie Lizenzrechte erteilt oder an die sie Rechte übertragen haben, sowie von deren Rechtsnachfolgern erhalten.“
Urheber haben nun zudem gem. § 32d Abs. 1a) UrhG Anspruch auf Auskunft bzgl. Namen und Anschrift möglicher Unterlizenznehmer. Hier bleibt es jedoch bei einem Anspruch, der zunächst geltend gemacht werden muss.
Der § 32e UrhG spricht sowohl in der alten als auch in der neuen Fassung dem Urheber einen Auskunftsanspruch auch gegen Dritte in Lizenzketten zu. Das heißt, es sind auch solche Unternehmen betroffen, die an der Werkverwertung beteiligt sind. Neu ist hierbei jedoch, dass dieser Anspruch subsidiär zum Anspruch gegenüber dem direkten Vertragspartner besteht – Ansprechpartner ist damit auch für Verwertungen in der Lizenzkette zunächst der eigene Vertragspartner des Urhebers.
Der Artikel 19 hat auch Raum für Ausnahmen von diesen Regelungen gelassen, welche der deutsche Gesetzgeber in § 32d Abs. 3 UrhG umgesetzt hat. Es besteht dann keine Auskunftspflicht, wenn die Inanspruchnahme unverhältnismäßig ist. Dies ist zum einer der Fall, wenn der Urheber nur einen nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht hat. Der Beitrag des Urhebers ist dann als nachrangig zu betrachten, wenn es den Gesamteindruck des Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt. Ein weiterer Fall der Unverhältnismäßigkeit, die das Gesetz bereits vorgibt, liegt dann vor, wenn der Aufwand für die Auskunft außer Verhältnis zu den Einnahmen aus der Nutzung des Werkes steht.
III. Auswirkungen auf die Praxis
Für alle Verträge, die vor dem 7. Juni 2021 geschlossen wurden, gilt die Auskunftspflicht ab dem 7. Juni 2022, sodass die erste Auskunft spätestens am 7. Juni 2023 erfolgen muss. Die Regelung damit rückwirkend für alle Verträge, die nach dem 1. Januar 2008 geschlossen wurden.
Um der Auskunftspflicht gerecht zu werden, müssen Lizenznehmer großen Dokumentationsaufwand betreiben. Inwieweit die Ausnahmen greifen, lässt sich aufgrund der – wohl bewusst – sehr offenen Formulierung des Gesetzgebers, noch nicht genau sagen. Hier wird daher erst die Rechtsprechung Klarheit schaffen können.
Unklar ist zudem, ob die neue Auskunftspflicht auch gegenüber Arbeitnehmern über den § 43 UrhG gilt.
Bei Nichteinhaltung drohen Unterlassungsansprüche aus § 36d Abs. 1 S. 1 UrhG, welche durch Urhebervereinigungen geltend gemacht werden und zu Ordnungsgeldern führen können. Dazu kommt ein möglicher Imageschaden.