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Der Unionsgesetzgeber hat das Geschmacksmusterrecht modernisiert, um im Rahmen eines harmonisierten Binnenmarktes neueren technologischen Entwicklungen in einem vereinfachten Verfahren zu genügen.

Neue Begriffe

Der Rechtsbegriff „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ wird laut Art. 1 Nr. 1-5 der Änderungs-Verordnung in der gesamten bisherigen Gemeinschaftsgeschmacksmuster-Verordnung (EG) Nr. 6/2002 durch „Unionsgeschmacksmuster“ ersetzt; entsprechend heißen auch die Spezialgerichte künftig „Unionsgeschmacksmustergerichte“.

Erweiterte Design-Definition

„Erzeugnis“ umfasst laut Art. 1 Nr. 9 der Änderungs-Verordnung nun ausdrücklich auch nicht-physische Erscheinungsformen wie Logos, grafische Benutzeroberflächen oder räumliche Arrangements. Computerprogramme bleiben jedoch ausgeschlossen. Dynamische oder animierte Darstellungen bleiben jedoch zulässig; Art. 26 Abs. 1 der Neufassungs-Richtlinie lässt Videos oder Computermodelle als Anmeldemedium zu.

Digitaler 3-D-Druck und weitere Nutzungen

Angesichts der Möglichkeiten des 3D Drucks gilt bereits das bloße Erstellen, Herunterladen oder Bereitstellen des Designs jetzt als „Verwendung“ des Designs und bedarf der Zustimmung des Rechtsinhabers (Erwägungsgrund 27 der Neufassungs-Richtlinie).

Ebenfalls neu ist ein expliziter Grenz- und Transitschutz. Einführer können schon bei bloßer Durchfuhr rechtsverletzender Produkte in Haftung genommen werden (Erwägungsgründe 28 f. der Neufassungs-Richtlinie).

Dauerhafte Reparaturklausel

Die bisher nur übergangsweise geltende Repair-Clause wird verstetigt. Bauelemente komplexer Erzeugnisse, deren Form von der Gesamtgestalt abhängt und die ausschließlich zur Wiederherstellung des Originalaussehens genutzt werden, sind vom Schutz ausgenommen (Art. 19 der Neufassungs-Richtlinie). Hersteller profitieren jedoch nur, wenn sie den gewerblichen Ursprung des Ersatzteils klar kennzeichnen (Art. 19 Abs. 2 der Neufassungs-Richtlinie).

Klarere Grenzen des Schutzes

Art. 18 der Neufassungs-Richtlinie fasst die Schranken des Designrechts neu. Erlaubt sind u. a. private, wissenschaftliche und zitierende Nutzungen sowie Parodien. Die Erschöpfung soll unionsweit geregelt werden (Art. 20 der Neufassungs-Richtlinie).

Verschlankte Verfahren vor dem EUIPO

Es gibt nur noch eine Einreichungsstelle. Anmeldungen von Unionsgeschmacksmustern können gemäß Art. 1 Nr. 31 der Änderungs-Verordnung künftig ausschließlich direkt beim EUIPO eingereicht werden. Der Weg über nationale Ämter entfällt.

Zudem ist gemäß Art. 1 Nr. 34 der Änderungs-Verordnung eine Sammelanmeldung von bis zu 50 Designs möglich. Ferner wurden die einzureichenden Unterlagen verschlankt, insbesondere wurde die Beschreibung gemäß Art. 1 Nr. 4 b der Durchführungsverordnung (EU) 2025/73 der Kommission auf 100 Wörter begrenzt und dürfen keine Wertbehauptungen enthalten sein.

Schließlich wurden flexible Änderungsmöglichkeiten eingeführt. Anmelder dürfen die Wiedergabe jederzeit in unwesentlichen Details anpassen gemäß Art. 1 Nr. 46 der Änderungsverordnung.

Ein neues Kennzeichen für Schutzrechte

Eingeführt wird das Eintragungssymbol (Buchstabe D im Kreis). Es darf optional zusammen mit der Registernummer oder einem Link auf den Registereintrag auf dem Produkt angebracht werden gemäß Art. 1 Nr. 23 der Änderungs-Verordnung.

Harmonisierung der nationalen Vorschriften

Die Neufassungs-Richtlinie zielt in dessen Erwägungsgründen Nr. 33-38 auf eine Angleichung zentraler Materien wie insbesondere Eintragung und rechtserhaltende Benutzung in allen Mitgliedstaaten an. Dadurch sollen Wettbewerbsverzerrungen und Rechtsunsicherheiten beseitigt werden.

Fazit

Die Reform schärft das europäische Designrecht für die digitale Wirtschaft, ohne den Ausgleich zwischen Inhaber- und Nutzerinteressen aus dem Blick zu verlieren.

Die Änderungs-Verordnung ist laut dessen Art. 3 im ersten Block ab 01.05.2025 und im zweiten Block (u. a. für die neuen Gebühren- und Verfahrensvorschriften) ab dem 01.07.2026 anwendbar.

Die Neufassungs-Richtlinie muss hingegen laut dessen Art. 36 noch von Deutschland bis zum 09.12.2027 in das Designgesetz umgesetzt werden.

Unternehmen sollten schon jetzt prüfen,

  • ob ihre nicht-physischen oder animierten Gestaltungen nun schutzfähig sind,
  • wie sie Ersatzteile vertreiben und
  • ob ihre Anmelde- und Kennzeichnungspraxis den neuen Verfahrensregeln entspricht.

Damit bietet das modernisierte System mehr Rechtssicherheit und zugleich neue Möglichkeiten, kreative Gestaltung auf Unionsebene effektiv zu schützen.