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Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) stammt aus dem Jahr 1977 – und sollte ursprünglich Fernlehrgänge regulieren, bei denen die Kommunikation analog über den Postweg geführt wurde. Heute ist das Gesetz weiterhin für Anbieter von Online-Schulungen oder Coachings hochaktuell.

Der Bundesgerichtshof bestätigte in zwei kürzlich erschienen Entscheidungen (BGH v. 12.06.2025 – III ZR 109/24 und BGH v. 02.10.2025 – III ZR 173/24) eine weite Auslegung des Anwendungsbereichs des FernUSG. Das FerUSG kommt bereits zum Zuge, wenn Anbieter Schlagwörter wie beispielswiese ,,Absolvent“ oder ,,Lehrgang“ in der Kursbeschreibung verwenden. Weiterhin sind grundsätzlich auch Unternehmer-Verträge umfasst.

  1. Problemaufriss

Das Gesetz verlangt in § 12 FernUSG, dass jeder Fernlehrgang vorab von der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) zugelassen wird. Diese Zulassung ist teuer und äußerst aufwendig. Besteht keine Zulassung, ist der Fernunterrichtsvertrag nichtig und die Kursteilnehmer können die Gebühren zurückverlangen.

Prof. Niko Härting hat sich die Frage der Sinnhaftigkeit dieses Eingriffs in die Berufs- und Gewerbefreiheit in Art. 12 GG gestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Zulassungspflicht unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig ist. Zentral für die Feststellung waren etwaige Gleichbehandlungsfragen.

 

  1. Aufgeworfene Gleichbehandlungsfragen

a.) mit Präsenzkursen

Online-Kurse werden immer beliebter. Ein gutes Beispiel sind hierfür die Fachanwaltslehrgänge, die mittlerweile meist Online stattfinden. Sollte ein solcher Kurs weiterhin als Präsenzkurs angeboten werden, wird keine Zulassung benötigt.

Das Zulassungserfordernis wird damit begründet, dass bei der Fernlehre die Vertragsbedingungen und Methodik des Materials auf Seriosität überprüft werden muss. Warum ein Online-Fachanwaltslehrgang weniger seriös sein sollte, erschließt sich dabei nicht.

b.) mit anderen Anbietern im Fernabsatzrecht

Andere Anbieter im Fernabsatz, etwa für Software oder andere Dienstleistungen und Waren, unterliegen keiner Zulassungspflicht. Eine Zulassung kann beispielsweise versagt werden, wenn bei der Bewerbung des Fernlehrgangs kein ausreichender Überblick über die Vertragsbedingungen verschafft wird (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 FernUSG) oder die Vertragsbedingungen selbst nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 FernUSG).

Eine solche Vorabkontrolle gesetzlicher Verpflichtungen ist dem Fernabsatzrecht fremd. Weshalb für die Fernlehre solche verschärften Regeln gelten müssen, ist äußerst fraglich. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, warum ausgerechnet bei Fernlehrgängen ein höheres Risiko für Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung (§ 12 II 1 Nr. 2 FernUSG) bestehen soll, als bei anderen Angeboten im Fernabsatz.

c.) EU-Wettbewerbsnachteil

Die Zulassungspflicht nach § 12 FernUSG gilt nur für deutsche Anbieter – nicht aber für Anbieter aus anderen EU-Ländern. Das lässt sich aus dem Herkunftslandprinzip verankert in § 3 Abs. 2 DDG schlussfolgern. Anbieter von Online-Dienstleistungen unterliegen allein dem Recht ihres Heimatstaates, selbst wenn sie ihre Onlinekurse in Deutschland anbieten.

Damit entsteht ein Wettbewerbsnachteil für inländische Anbieter: Sie müssen das aufwendige Zulassungsverfahren durchlaufen, während EU-Konkurrenten frei agieren können.

  1. Fazit:

Das Gesetz sollte Fernlehrgangsteilnehmer vor unseriösen Angeboten schützen. Heute gibt es dafür das Verbraucherschutzrecht. Das FernUSG ist daher ein Relikt aus einer anderen Zeit. Die enthaltene Zulassungspflicht passt nicht mehr in eine Welt, in der Bildung digital und international sein kann.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken können Sie in einem Aufsatz von Prof. Härting in der NJOZ 2025, 1344 ff. ,,Warum das Zulassungserfordernis des § 12 FernUSG verfassungswidrig ist“ vertieft nachlesen oder sich für das Webinar von Prof. Niko Härting am 20.11.2025 anmelden zu dem Thema: ,,Die Verfassungswidrigkeit des § 12 FernUSG“.

Sie können sich direkt über Zoom anmelden: Hier zum Webinar anmelden