Der BGH hat 2021 vier Entscheidungen zum Thema Influencer-Marketing gefällt. Wir haben zur besseren Orientierung einen kleinen Leitfaden für euch erstellt.
Influencer dürften seit ein paar Jahren über die rechtliche Einordnung ihres Jobs verwirrt sein. Was darf ich posten? Und wenn ja, wie?
Die Rechtsprechung war dazu bisher ziemlich uneinheitlich. Das spiegelt die verschiedenen Meinungen zum Influencermarketing wieder: manche gehen von privaten Posts aus, an denen Follower ein ausgeprägtes Informationsinteresse haben. Andere wiederum betonen, dass die Followerschaft ja nicht dumm sei, und genau wisse, dass Personen mit Millionen von Followern von ihren beispielsweise über Instagram generierten Werbeeinnahmen prächtig leben können.
Die Unsicherheit hat jedenfalls nicht zum Behagen unter den Influencer beigetragen, diesen drohen nämlich Abmahnungen und klagen durch die Verbraucherschutzverbände.
Im Jahr 2021 sind vier Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) ergangen, die etwas Licht ins Dunkel gebracht haben – zumindest was Tap Tags auf Instagram angeht. Was sich aus diesen Entscheidungen ergibt, wollen wir hier für euch einmal kurz zusammenfassen.
Grundsätzlich sind unlautere geschäftliche Handlungen verboten, § 3 Abs. 1 UWG. nach § 5a Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, einen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidungen zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die geschäftliche Handlung
Zentraler Begriff des UWG-Rechts ist die „geschäftliche Handlung“. Was bedeutet das? Eine geschäftliche Handlung ist jedes Verhalten einer Person zugunsten eines Unternehmens, das objektiv mit der Förderung des Absatzes, des Bezugs von Produkten oder mit einem Vertrag über diese objektiv zusammenhängt. Das ist sehr weit und kann – gerade in der Kreativbranche der modernen Medienwelt – schwer zu beurteilen sein.
Darüber, ob diese Definition z.b. bei einem Influencer-Post über die neue Handtasche erfüllt ist, kann man trefflich streiten. Der BGH geht davon aus, dass Influencer grundsätzlich zugunsten der „Eigenmarke“ (= sie selbst als „eigenes Unternehmen“) handeln. Auch private Posts seien geeignet, das eigene Image zu pflegen und sich potentiellen Kollaborationspartnern anzubiedern. Deshalb hatten einige Gerichte zuvor entschieden, dass quasi jeder Influencer-Post werbekennzeichnungspflichtig ist. Weil das dem BGH aber doch zu weit ging, hat er diese rechtsprechung eingeschränkt:
Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Post zugunsten eines fremden Unternehmens erfolgt ist, kommt es auf eine erhaltene Gegenleistung an. Diese muss freilich nicht in Geld erfolgen, kann also auch in schicken Goods oder anderen Vorteilen bestehen. Gab es keine, besteht eine geschäftliche Handlung nur, wenn der Postinhalt „übertrieben werblich“ ist. Hier geht es darum, dass der Post einen unnötigen „werblichen Überschuss“ beinhaltet. Das ist zum Beispiel bei starker Lobhudelei der Fall.
Irrungen, Wirrungen, Irreführungen
Liegt eine solche geschäftliche Handlung vor, besteht für einen Influencer erstmal eine Kennzeichnungspflicht. Aus der kommt man wieder raus, wenn die Werbung für Verbraucher offensichtlich ist. Auf den ersten Blick (und nicht erst, wenn man sich den Text zu einem Post durchliest!) muss jeder erkennen können „Ah ja, hier kommt verpackte Werbung auf mich zu“. Verbraucher sollen nicht unvorbereitet ins „Netz“ der Instagram-Schleichwerbung gehen.
Ist die Werbung nicht offensichtlich, muss der geschäftliche Charakter des Posts geeignet gekennzeichnet werden. Dies ist beispielsweise durch Anklicken der Option „Bezahlte Partnerschaft mit …“ möglich.
Spielt es eine Rolle, ob ich für den Post bezahlt werde, oder nicht?
Ob man eine Bezahlung oder sonstige Gegenleistung dafür erhält, spielt eine entscheidende Rolle. Bis zur anstehenden Änderung des § 5a UWG Ende Mai 2022 hat der BGH nämlich entschieden, dass die für Onlinemedien vorgehenden Regelungen des Medienstaatsvertrages (MStV) und des TMG (welche für ihren Begriff von Werbung eine Gegenleistung voraussetzen) das allgemeine UWG-Schleichwerbungsverbot „sperren“. Ab Ende Mai ist dieses Erfordernis dann auch in § 5a UWG selbst kodifiziert.
Nun hat im Januar 2022 der BGH allerdings entschieden, dass eine Gegenleistung in diesem Sinne beispielsweise schon in einer zu bewerbenden, kostenlos zugesandten Ware selbst liegen kann. Auf eine Bezahlung oder andere materielle oder immaterielle Vorteile kommt es also gar nicht unbedingt an.
Die Rechtsprechung des BGH hat einiges geklärt, ist aber in den Einzelheiten ungereimt und lässt Fragen offen. Influencer sollten deshalb im Zweifel Posts durch eine Person mit Rechtskenntnissen gegenchecken lassen. Auch Agenturen sollten eine strikt durchgesetzte Policy annehmen, was wie zu kennzeichnen ist und wie sich im Falle von UWG-Verstößen durch Influencer die Haftung ausgestaltet. als erster Orientierungspunkt bieten sich zu dem Ganzen in jedem Fall auch die Leitfäden der Landesmedienanstalten an. Weil es wie immer auf den Einzelfall ankommt, helfen wir euch gerne!