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Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Veranstalter von Hochrisikospielen dürfen für Polizeikosten zur Kasse gebeten werden. Diese wegweisende Entscheidung sorgt für Unruhe in der Eventbranche, die nun befürchtet, dass ähnliche Regelungen auch für Konzerte, Messen und Kongresse gelten könnten. Welche Spielräume eröffnet das Urteil den Bundesländern, und welche Leitplanken hat das Gericht gezogen?

Bislang war man es gewohnt, dass Polizeischutz bei Fußballspielen zu den normalen Polizeiaufgaben gehört, die aus Steuermitteln finanziert werden. Dann führte das Bundesland Bremen in § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG) 2014 die Möglichkeit ein, von Veranstaltern gewinnorientierter Veranstaltungen mit zu erwartenden Gewalthandlungen eine Gebühr für den zusätzlichen Mehraufwand der Polizei zu fordern. Nachdem diese Regelung auf ein „Hochrisikospiel“ der Fußball-Bundesliga angewendet wurde, zog die Deutsche Fußball Liga (DFL) als Veranstalter bis vor das BVerfG, welches die Gebührenregelung nun absegnete (BVerfG v. 14.1.2025 – 1 BvR 548/22 – Polizeikosten Hochrisikospiele). Aus der Eventbranche kommen jetzt besorgte Fragen, ob Länder mit klammen Kassen auf die Idee kommen könnten, auch Veranstalter von größeren Konzerten, Messen oder Kongressen für Polizeiausgaben zur Kasse zu bitten.

In seiner Entscheidung limitiert das BVerfG seine Grundsätze nicht auf Spiele der Fußball-Bundesliga oder Sportereignisse im Allgemeinen. Grundsätzlich besteht daher kein Grund, andere Veranstaltungen vom Regelungsbereich des BremGebBeitrG oder gleichartiger Regelungen anderer Bundesländer im Vorhinein auszunehmen. Auf den ersten Blick können solche vielfältig sein: Neben Fußballspielen besteht etwa auch nicht selten bei Open-Air-Konzerten, Festivals, Messen oder Kongressen ein hoher Bedarf an Polizeikräften durch den großen Andrang an Besucherinnen und Besuchern.

Somit stellt sich in der Konsequenz die Frage: Welche Spielräume eröffnet die Entscheidung den Ländern, Polizeikosten den Veranstaltern auch außerhalb des Sports aufzuerlegen? Inwieweit dies möglich ist, geht aus der Entscheidung nicht klar und deutlich und hervor. Es lassen sich jedoch einige „Leitplanken“ dem Urteil entnehmen.

Zum einen statuiert das BVerfG, dass ein „Gemeinwohlinteresse an der Durchführung der Veranstaltung“ den Zweck der Regelung, die Allgemeinheit nicht mit den Mehrkosten zu belasten, konterkarieren kann (Rn. 85). Auch Großveranstaltungen abseits der Fußballstadien werden regelmäßig Gemeinwohlinteressen fördern. So dürften etwa auch musikalische Großveranstaltungen der vom BVerfG für Fußballspiele angeführten „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“ (Rn. 85) dienen. Entscheidender ist aber für eine Zulässigkeit einer Gebührenerhebung, ob die Wirtschaftlichkeit der Durchführung solcher Veranstaltungen durch die Gebührenerhebung „ernsthaft in Frage gestellt“ wird (Rn. 85). Gleichlaufend fordert das BVerfG, dass die Gebühren keine „erdrosselnde Wirkung“ (Rn. 107). in Bezug auf die Ausübung der grundrechtlich geschützten Freiheit hat, welche sowohl bei Konzerten als auch Messen regelmäßig zumindest die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG sein wird. Sind jedoch Veranstaltungen trotz der mit ihnen verbundenen Gebühren durchführbar, also bleiben sie rentabel für den Veranstalter, sind Gebühren nach den vom BVerfG entwickelten Maßstäben trotz eines bestehenden Gemeinwohlinteresses durch zulässig. Dies ist keine gute Nachricht für die Eventbranche.

Zum anderen fordert das BVerfG eine „quantitative Sondernutzung der Sicherheitsgewährleistung“, der es für die Zulässigkeit eines Gebührenbescheids bedarf (Rn. 97 f.). Dies führt zu der Frage, wann dieses „quantitative“ Maß erreicht ist. Mit anderen Worten: Was ist eigentlich eine „normale“ Veranstaltung im Gegensatz zu einer „Hochrisikoveranstaltung“? In Bezug auf Fußballspiele mag eine solche Unterscheidung noch handhabbar sein: Spiele, die nicht als besonders gefahrgeneigt eingeschätzt werden, sind nach Auffassung des BVerfG keine „Hochrisikoveranstaltungen“ (vgl. Rn. 97). Die Publikumszahl allein macht aus einem Bundesligaspiel noch kein „Hochrisiko“.

Aber was ist eine „außergewöhnliche Gefahrenlage“ (Rn. 98) bei einem anderen Großevent? Und wie lässt sich mit dem Begriff der „Sondernutzung“ umgehen, den das BVerfG ohne nähere Erläuterung aus dem herkömmlichen Straßenrecht entleiht? Wann sind größere Konzerte, Messen und Kongresse nicht mehr „normal“, sondern „Sondernutzungen“, wenn doch bei Großveranstaltungen durch den Strom der Menschenmassen regelmäßig ein großer (und teurer) Bedarf an Polizeieinsatzkräften besteht, um etwa vor Massenpanik oder Terroranschlägen zu schützen? Eine überzeugende Abgrenzung dürfte schwer vorzunehmen sein.

Entwarnung für Demonstrationen und andere Versammlungen, die unter dem Schutz des Art. 8 GG stehen. Auch wenn etwa gewaltbereite Gegendemonstrationen eine besondere Gefährlichkeit begründen können, stehen jeder Gebührenerhebung stärkere grundrechtliche Belange – insbesondere die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) – entgegen.