Die Anzeichen verdichten sich: Die Cannabis-Legalisierung wird kommen – wenn auch unter engen Rahmenbedingungen. Neben dem privaten soll zukünftig insbesondere auch der gemeinschaftliche Eigenanbau von Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt sein. Voraussetzung dafür ist der Zusammenschluss in einem behördlich zugelassenen Cannabis-Anbauverein. In welchem Umfang und unter welchen Bedingungen der Anbau und die Abgabe von Cannabis in den sogenannten „Cannabis Social Clubs“ nach derzeitigem Stand erlaubt sein wird und was es bei der – schon jetzt möglichen – Gründung eines solchen Vereins zu beachten gilt, stellen wir in diesem Beitrag vor.
Das Thema der Legalisierung oder zumindest der Entkriminalisierung von Cannabis wabert nicht zum ersten Mal über die ganz große politische Bühne. Denn schon lange kann kaum ein Politiker im Dunstkreis von Görli, Hasenheide und Co. leugnen, dass die gegenwärtige Prohibitionspolitik ihren Zweck nicht erfüllt.
Trotzdem verpufften bisherige Versuche, in der Drogenpolitik einen neuen Weg einzuschlagen, vor allem aufgrund der Bedenken der Unionsparteien weitestgehend wirkungslos. 2011 scheiterte etwa eine Initiative der Linkspartei, eine Freigabe von 30 Gramm Cannabis für jedermann einzuführen. 2015 unternahmen die Grünen mit Unterstützung der Linkspartei den Versuch, den Bundestag von einem Cannabiskontrollgesetz zu überzeugen, durch welches sowohl der Eigenanbau, als auch die Abgabe von bis zu 30 Gramm Cannabis in einem strikt kontrollierten legalen Markt eröffnet werden sollte. Auch dieses Vorhaben ging in Rauch auf.
Das Thema verlor über die Jahre aber nicht an Relevanz, eher im Gegenteil. Und so wurde es im Rahmen der Bundestagswahl 2021 zu einem der zentralen Wahlkampfthemen nicht nur der Grünen. Nun zeichnet sich immer konkreter ab, dass die Ampel-Koalition das Wahlkampfversprechen, Cannabis zu legalisieren, tatsächlich umsetzen wird. Zumindest ein Stückchen weit – denn der erste Gesetzesentwurf von Bundesgesundheitsminister Prof. Lauterbach sieht strenge Regeln für den Anbau und die Abgabe von Cannabis vor. Das ist nicht zuletzt EU- und völkerrechtlichen Vorgaben geschuldet, die den mit der Ausarbeitung der Legalisierung befassten Ministerien qualmende Köpfe beschert haben.
Übersicht
Zwei-Säulen-Modell zur Legalisierung
Ein erstmals im Oktober letzten Jahres vorgelegtes Eckpunktepapier der Bundesregierung sieht vor, dass die Legalisierung schrittweise erfolgen und im Wesentlichen auf zwei Säulen beruhen soll:
- dem privaten und gemeinschaftlichen, nicht gewinnorientiertem Eigenanbau und
- regionalen Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten.
Der noch innerhalb der Regierung in Abstimmung befindliche Entwurf des „Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CannG)“ mit Bearbeitungsstand 28.4.2023 regelt zunächst nur die erste Säule, nämlich den kontrollierten privaten und gemeinschaftlichen Anbau zu nicht-kommerziellen Zwecken.
Auch wenn es sich bei dem Gesetzesentwurf um eine Entwurfsfassung handelt, an der sich noch inhaltliche Änderungen ergeben können, lässt er doch schon erahnen, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen der Anbau und die Abgabe von Cannabis zukünftig in Deutschland erlaubt sein könnten. Eine zentrale Rolle schreibt der Gesetzesentwurf dabei den sogenannten „Anbauvereinigungen“ zu, wobei es sich um rechtsfähige eingetragene (Ideal-)Vereine handeln soll.
Cannabis-Anbauvereine als Kernstück der 1. Säule
Wem der grüne Daumen, der eigene Garten oder der Balkon fehlt, für den ist die Mitgliedschaft in einem Cannabis-Anbauverein der goldene Weg. Die Cannabis-Anbauvereine – im Volksmund hat sich bereits der Begriff „Cannabis Social Club“ etabliert – stellen das Kernstück der ersten Säule der geplanten Legalisierung dar.
Nur ihnen soll der gemeinschaftliche Anbau von Cannabis zum Zwecke des Eigenkonsums sowie die Abgabe von Vermehrungsmaterial (Samen, Stecklinge) in größeren Mengen erlaubt sein. Denn die für diese Tätigkeiten grundsätzlich nach § 9 CannG erforderliche behördliche Erlaubnis soll nur Anbauvereinen erteilt werden können. Andere Rechtsformen, wie etwa Genossenschaften, Gesellschaften, nicht rechtsfähige Vereine oder im Ausland ansässige Vereinigungen sind nach der Entwurfsbegründung ausdrücklich ausgeschlossen. Auch der eigentliche gemeinschaftliche Anbau soll nur Mitgliedern oder sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Anbauvereine selbst erlaubt sein; eine Beauftragung Dritter ist damit verboten.
Mitgärtnern dürfen nach dem jetzigen Entwurfsstand maximal 500 volljährige Personen, die auch jeweils nur Mitglied in einem Anbauverein sein dürfen. Weiterhin ist ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland Voraussetzung für eine Mitgliedschaft. Personen, die in den letzten fünf Jahren vor Beantragung der Anbauerlaubnis wegen bestimmter Straftaten rechtskräftig verurteilt worden sind, sollen zudem nicht als Vorstandsmitglied oder sonst vertretungsbefugte Person für den Anbauverein fungieren dürfen. Anderenfalls droht die Versagung bzw. der Entzug der Anbauerlaubnis.
Auch wenn der Begriff „Cannabis Social Club“ den Eindruck geselligen Miteinanders erweckt, wird es einen gemeinschaftlichen Konsum der frischen Feldfrüchte im Clubbhaus übrigens wohl nicht geben: nach dem derzeitigen Entwurfsstand sieht § 6 Abs. 3 Nr. 3 CannG vor, dass der Konsum von Cannabis in einem Umkreis von 250 Metern um den Eingangsbereich von Anbauvereinen, angrenzenden Räumlichkeiten und befriedeten Besitztümern der Anbauvereine verboten ist.
Abgabe von Cannabis und Finanzierung des Vereins
Nach § 3 des neu geschaffenen CannG darf ein solcher Anbauverein an erwachsene Mitglieder bis zu 25 Gramm Cannabis pro Tag und bis zu 50 Gramm Cannabis pro Monat zum Eigenkonsum abgeben. An Mitglieder im Alter zwischen 18 und 21 Jahren soll die Abgabe auf 30 Gramm Cannabis pro Monat mit einem THC-Gehalt von maximal 10 Prozent begrenzt sein. Auch die Abgabe von sieben Samen oder fünf Stecklingen pro Monat soll zulässig sei. Voraussetzung soll aber stets sein, dass die Abgabe nur unter persönlich Anwesenden stattfindet; der Versand, der Fernabsatz und der Internethandel mit Cannabis ist Anbauvereinen nach der Entwurfsfassung ausdrücklich verboten.
Bei den Anbauvereinen soll es sich dem Grunde nach um Idealvereine handeln. Denn sie sollen nach den Vorstellungen der Ampel-Koalition ausschließlich auf nicht-gewinnorientierter Basis arbeiten und sich auf den Anbau und die Abgabe von Cannabis direkt an ihre Mitglieder beschränken. Dementsprechend sieht der Gesetzesentwurf in § 21 Abs. 3 vor, dass die Anbauvereine ihre Kosten allein durch die Mitgliedsbeiträge decken, wobei diese als Grundbeträge mit einem zusätzlichen Abgabepreis in Bezug auf die an das jeweilige Mitglied abgegebenen Mengen Cannabis und Vermehrungsmaterial ausgestaltet werden können. Außer den Beiträgen und dem zusätzlichen Abgabepreis dürfen die Vereine keine weiteren Kosten von ihren Mitgliedern erheben.
Allerdings lässt die jetzige Entwurfsfassung eine kleine Ausnahme von diesem Grundprinzip zu: für die Abgabe von Vermehrungsmaterial an Personen, die keine Vereinsmitglieder sind, soll der Anbauverein die Erstattung der für die Erzeugung oder den Erwerb des abgegebenen Vermehrungsmaterials entstandenen Selbstkosten verlangen dürfen. Der Tausch von Vermehrungsmaterial unter Anbauvereinen hingegen soll ausschließlich unentgeltlich erfolgen dürfen.
Welche weiteren Auflagen soll es für den Anbau und die Abgabe von Cannabis durch Vereine geben?
Anhand des Gesetzesentwurfs lässt sich jetzt bereits erahnen, dass im Zusammenhang mit dem Anbau und der Abgabe von Cannabis durch die Vereine umfangreiche Auflagen zu erfüllen sein werden.
Zum einen haben die Vereine die Qualität ihrer Erzeugnisse zu überprüfen. Durch Stichproben sollen sie sicherstellen, dass das Cannabis und das Vermehrungsmaterial keine schädlichen Stoffe enthält bzw. die vorgegebenen Höchstmengen u.a. an Pflanzenschutz- und Düngemittel einhält. Ebenso haben sie sicherzustellen, dass die für den Anbau von Kulturpflanzen und für den Boden-, Wasser- und Umweltschutz geltenden Vorschriften eingehalten werden.
Außerdem sind in dem Gesetzesentwurf verschiedene Dokumentations- und Meldepflichten vorgesehen. Danach haben die Vereine fortlaufend zu dokumentieren, woher sie das Vermehrungsmaterial erhalten haben, wie viele Pflanzen sich in ihren Gewächshäusern bzw. auf ihren Grundstücken befinden und an welche Mitglieder sie wie viel Cannabis abgegeben haben. Ferner müssen die Vereine jährlich an die Behörden übermitteln, wie viel Cannabis und Vermehrungsmaterial welcher Sorte und mit welchem Wirkstoffgehalt im vergangenen Jahr erzeugt, abgegeben oder vernichtet wurde und welche Mengen am Ende des Kalenderjahres im Bestand vorhanden waren.
Für Zwecke des Jugendschutzes und der Suchtprävention sollen die Vereine zudem sicherstellen, dass Räume und Grundstücke, in oder auf denen die Erzeugnisse gelagert und angebaut werden, umzäunt, durch einbruchsichere Türen und Fenster oder andere Schutzmaßnamen gesichert sind. Anbauflächen und außerhalb von Innenräumen aufgestellte Gewächshäuser sind durch Zäune o.ä. gegen Einblicke von außen zu schützen. Auch sind Mindestabstände zum Beispiel zu Schulen, Kitas und Spielplätzen vorgesehen. Jeder Verein soll zudem einen Sucht- und Präventionsbeauftragten benennen, der entsprechende Kenntnisse nachweisen können muss.
Schließlich sollen auch für die Abgabe von Cannabis und Vermehrungsmaterial an die Mitglieder gewisse Vorgaben gelten. Beispielsweise soll bei der Abgabe stets ein Beipackzettel ausgehändigt werden, auf dem Gewicht, Erntedatum, Mindesthaltbarkeitsdatum, Sorte und Wirkstoffgehalt (THC und CBD) in Prozent zu deklarieren ist. Auch soll die Abgabe nur unverpackt oder in einer neutralen Packung erfolgen dürfen, wodurch der Entstehung von Konsumanreizen insbesondere für Kinder und Jugendliche vorgebeugt werden soll.
Wie gründe ich einen Cannabis-Anbauverein? Was gilt es zu beachten?
In rechtlicher Hinsicht setzt die Gründung eines Anbauvereins zunächst die Gründung eines nicht auf einen wirtschaftlichen Zweck gerichteten Vereins und dessen Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts voraus. Zur Gründung eines eingetragenen Vereins ist grundsätzlich erforderlich, dass
- mindestens drei Gründungsmitglieder
- eine Gründungsversammlung abhalten, bei der
- eine Vereinssatzung mit gewissen Mindestinhalten beschlossen und
- die Vereinsorgane gewählt werden.
Für die Eintragung ins Vereinsregister ist sodann erforderlich, dass der Verein zum Zeitpunkt der Eintragung mindestens sieben Mitglieder aufweist. Die Anmeldung zum Vereinsregister, der eine Abschrift des Gründungsprotokolls mit Bestellung des Vorstands sowie eine Abschrift der Satzung beizufügen ist, bedarf der notariellen Beglaubigung. Auch wenn die Vereinsgründung angesichts des vergleichsweise geringen Gründungsaufwands trivial erscheint, kommt es hier immer wieder zu „Anfängerfehlern“, die es zu vermeiden gilt.
Im Falle eines „Cannabis Social Clubs“ ist darüber hinaus die Beantragung einer Erlaubnis durch die zuständige Landesbehörde erforderlich. Für die Erteilung der Erlaubnis hat der Vereinsvorstand laut Gesetzentwurf unter anderem nachzuweisen, die für den Umgang mit Cannabis und Vermehrungsmaterial erforderliche Zuverlässigkeit zu besitzen, dass Schutzmaßnahmen gegen den Zugriff durch unbefugte Dritte sowie Kinder und Jugendliche ergriffen werden und die Einhaltung der Vorgaben des Gesetzes zu Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz sowie der Bekämpfung des illegalen Marktes gewährleistet ist. Außerdem sollen dem Antrag u.a. die Satzung des Anbau-Vereins, der Nachweis der Eintragung im Vereinsregister, Angaben zu der voraussichtlichen Anbaumenge und den von dem Anbauverein genutzten Örtlichkeiten sowie von Führungszeugnissen der Vorstandsmitglieder beigefügt werden.
Schon bei der Ausgestaltung der Vereinssatzung ergeben sich aufgrund der zu erwartenden strengen Regeln für Cannabis-Anbauvereine besondere Anforderungen, die über die üblicherweise bei einer Vereinsgründung zu berücksichtigenden Aspekte hinausgehen. Die korrekte Gestaltung der Satzung entscheidet nicht nur über die Eintragungsfähigkeit in das Vereinsregister, sondern auch über die Erteilung der Erlaubnis zum Cannabis-Anbau. Insofern ist die Gründung eines Anbauvereins unter sorgfältiger Auseinandersetzung mit den umfangreichen rechtlichen Rahmenbedingungen des CannG detailliert vorzubereiten.
Ist die Gründung eines Cannabis-Anbauvereins schon jetzt möglich?
Die Antwort lautet „Jein“. Einen Cannabis-Anbauverein, genauer die vereinsrechtlichen Strukturen, lassen sich bereits jetzt schaffen. Bei der Gestaltung der Satzung ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck eines solchen Vereins unter dem Vorbehalt des Inkrafttretens der gesetzlichen Grundlage gestellt werden muss. Derzeit ist der Zweck des gemeinschaftlichen Cannabis-Anbaus und aller weiteren damit zusammenhängenden Vorgänge schlicht illegal und eine Eintragung eines diesen Zweck (schon jetzt) verfolgenden Vereins unzulässig.
Allerdings ist es noch nicht möglich, die Zulassung als Cannabis-Anbauverein zu beantragen. Selbstverständlich darf momentan auch weder Cannabis angebaut, noch dürfen Cannabissamen oder Stecklinge bezogen werden, um den Anbau vorzubereiten.
Dennoch kann es für interessierte Personen vorteilhaft sein, den Anbauverein bereits jetzt zu gründen bzw. zumindest die Gründung vorzubereiten. Denn sobald eine gesetzliche Grundlage für den Anbau von Cannabis zu Zwecken des Eigenkonsums erst einmal in Kraft getreten ist, ist mit einem „Run“ auf die Registergerichte und Behörden und entsprechend langen Wartezeiten zu rechnen.
Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung, wenn Sie einen Cannabis-Anbauverein gründen oder die Gründung vorbereiten möchten oder Fragen zu diesem Thema haben.
Sobald es zu der Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes kommen sollte, beraten wir Sie auch gerne zu dem Antrag auf Erteilung der Anbau-Erlaubnis und allen damit im Zusammenhang stehenden Fragen.
Sprechen Sie uns gerne unverbindlich an!