Der NFT-Hype ist noch ziemlich neu, Rechtsstreite über sie gibt es aber mittlerweile schon einige. Ein aktueller Fall aus den USA, bietet eine gute Gelegenheit sich näher mit der markenrechtlichen Beurteilung von NFTs auseinanderzusetzen.
In den USA verklagt der Sportartikelhersteller Nike derzeit die Online-Handelsplattform StockX. StockX bietet NFTs verschiedener Sneaker – u.a. mehrerer Sneaker von Nike – an. Nike sieht darin eine Verletzung seiner markenrechte, da seine Schuhe nebst Marken in dem NFT abgebildet sind. Es war absehbar, dass solche Formen der NFT-Vermarktung zu Konflikten um Markenrechte führen.
Hintergrund
Auf StockX werden seltene Sneaker zu teils wahnwitzigen Preisen angeboten und mit den Schuhen ähnlich wie auf eBay gehandelt. StockX prüft hingegen die Waren vorab auf Echtheit und Zustand. Im Januar brachte StockX eine Reihe von Vault-NFTs auf den Markt. Dabei handelt es sich um digitale Zeichnungen verschiedener Sneaker, u.a. Dem Nike dunk low, dem Air jordan 4 retro, dem Nike air vapormax 2019 cactus plant flea market und dem Nike sb dunk low ben & jerry’s chunky dunky (siehe Abbildung).
Quelle: https://stockx.com/de-de/chunky-dunky-vault-nft
StockX versichert, dass solch ein „Tresor“-NFT ohne Weiteres von seinem Erwerber irgendwann gegen die zugehörigen physischen Schuhpaare eingetauscht werden kann (gegen eine zusätzliche Gebühr). Dieses Versprechen macht die StockX NFTs besonders attraktiv für Sneaker-Sammler. Gleichzeitig erklärte StockX aber auch, dass der Einlösungsvorgang den NFT-Käufern „derzeit nicht zur Verfügung steht“. Man merkt – es existieren noch einige Unklarheiten in Bezug darauf, was die NFTs von StockX genau verbriefen sollen.
Die NFT-Klage
Vor dem United States District Court for the Southern District of New York klagt Nike gegen StockX auf Unterlassung der Verwendung seiner Marken und zudem auf Schadensersatz. Gestützt wird die Klage auf Markenrechtsverletzungen sowie Verstöße im Zusammenhang mit unlauterem Wettbewerb. Dabei geht es Nike letztlich um die mit den NFTs abgebildeten Schuhe, die Nikes Marken (z.B. die Bezeichnung Nike oder den Nike-Swoosh) tragen. Nike befürchtet zweierlei: zum einen, dass beim Publikum die Gefahr von Irrtümern darüber entsteht, woher die NFTs stammen und, ob Nike in irgendeiner Weise an der Ausgabe der NFTs (z.B. als lizenzgebender Partner von StockX) beteiligt ist. Zum anderen sieht Nike in der Vermarktung der Sneaker-NFTs eine Ausbeutung des Rufes ihrer weltweit bekannten Marken, zu dem Zweck mit Nike auf dem NFT-Markt zu konkurrieren.
Hier tun sich interessante markenrechtliche Fragen auf, allerdings durch die deutsche bzw. europäische Markenrechtsbrille betrachtet:
Mit Eintragung einer Marke erwirbt ihr Inhaber das alleinige Recht, die Marke für die hierdurch geschützten Waren/Dienstleistungen zu benutzen. Wird daraufhin ein mit einer Marke ähnliches oder identisches Zeichen für Waren verwendet, die mit der Ware ähnlich (oder identisch) ist, für welche die Marke geschützt ist, kann Verwechslungsgefahr entstehen und damit eine Markenverletzung vorliegen. Man spricht dann von einer Verletzung der Herkunftsfunktion der Marke. Denn eine Marke hat in erster Linie die Funktion, den potentiellen Abnehmern gegenüber die Herkunft der Ware von einem bestimmten Hersteller zu gewährleisten.
Die Frage ist aber, für welche Ware die Nike-Marken eigentlich im konkreten Fall benutzt werden. Für Schuhe wohl nicht zwingend, weil das NFT keinen Schuh darstellt oder ersetzt. Ist das NFT eine eigene Warenart, müssten aber die Nike-Marken für die Ware NFT bzw. „digitale Güter“ geschützt sein, generell sind das die meisten Marken aber gar nicht (bei den Nike-Marken wissen wir es nicht genau). Dann könnte es für Nike an dieser Stelle aber schwierig werden, die Unterlassung der Verwendung durch StockX durchzusetzen.
Zudem ist das NFT ja nicht mit einer Marke von Nike gekennzeichnet, sondern es enthält nur eine Abbildung eines Schuhs. Es ist daher sehr zweifelhaft, ob überhaupt eine kennzeichnende Verwendung einer Marke vorliegt. Nur dann können überhaupt die Interessen des Markeninhabers beeinträchtigt sein.
Sind die Marken von Nike bekannt – wovon auszugehen ist – kann durch das NFT die Werbefunktion der Marke beeinträchtigt sein. Allerdings könnte ein rechtfertigender Grund vorliegen, nämlich wenn StockX mit dem Token letztlich auch den Schuh bewerben möchte.
Existiert der abgebildete Schuh zudem im Original bei StockX ist das Markenrecht von Nike möglicherweise erschöpft. Denn der Markeninhaber kann einem Dritten nicht untersagen, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland in den Verkehr gebracht worden sind.
Final thoughts
NFTs haben viele verschiedene Formen angenommen, waren aber bisher grundsätzlich eng mit dem Markeninhaber und dem digitalen Vermögenswert verbunden. Derzeit stellen sie eine neue interessante Herausforderung für das Markenrecht dar. Womöglich könnte das ein Grund für (Mode-) Unternehmen sein, Zurückhaltung zu wahren, was die Entwicklung eigener NFTs oder das Betreten des Metaversums angeht.
Die Klage von Nike könnte der Auftakt zu einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten im Spannungsfeld von NFTs, Markenrechten und wettbewerbsrechtlichen Aspekten aber auch urheber- und designrechtlichen Fragen werden. Es wird sich noch zeigen, ob die NFTs von StockX diesen Rechtsstreit überstehen.
Autorin: Olivia Wykretowicz