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Vor dem OLG Frankfurt stritten sich zwei Hersteller von Stecktechnikprodukten, die der Befestigung von Kunststoffrohren und Leitungen für die Elektroinstallation dienen, um die unlautere Nachahmung dieser Produkte.

Die konkrete Gestaltung der Stecktechnikprodukte wird vor allem von den Exzenterzähnen geprägt, die bereits den Bundesgerichtshof beschäftigten (BGH, Urt. v. 22.1.2015 – I ZR 107/13 – Exzenterzähne).

Die Exzenterzähne waren ehemals patentrechtlich geschützt. Der BGH vertrat die Auffassung, dass auch derartige Elemente dem Produkt wettbewerbliche Eigenart verleihen können, sofern die konkrete Gestaltung dieses Elements technisch nicht zwingend notwendig ist, sondern durch eine frei wählbare und austauschbare Gestaltung, die denselben technischen Zweck erfüllt, ersetzt werden kann, ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind (BGH, Urt. v. 22.1.2015 – I ZR 107/13 – Exzenterzähne, Rn. 24).

Die klare Aussage: wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz ist auch nach dem Auslaufen eines Patents möglich.

Lauterkeitsrechtliche Ansprüche auch bei abgewandelten Produkten

Das LG Frankfurt entschied im Oktober 2017, dass die von der Beklagten hergestellten, nur leicht abgewandelten Stecktechnikprodukte eine unlautere Nachahmung der Produkte der Klägerin seien (LG Frankfurt, Urt. v. 10.10.2017, 3-06 O 47/17). Die Produkte der Klägerin verfügen über wettbewerbliche Eigenart. Das LG Frankfurt verurteile die Beklagte zur Unterlassung des Inverkehrbringens, des Bewerbens, des Anbietens und des Vertriebs der Nachahmungen sowie zur Auskunft und Schadensersatz unter dem Aspekt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes gem. § 4 Nr. 3 UWG.

Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten vor dem OLG Frankfurt blieb erfolglos (OLG Frankfurt aaO). Dieses wiederholt insoweit die vom BGH aufgestellten Grundsätze zur wettbewerblichen Eigenart von technisch bedingten, jedoch nicht notwendigen und somit frei austauschbaren Merkmalen. Diese können insbesondere in Kombination mit anderen Merkmalen zur wettbewerblichen Eigenart beitragen (OLG Frankfurt aaO Rn. 42).

Wettbewerbliche Eigenart ist abhängig von den konkreten Marktverhältnissen

Das OLG Frankfurt formuliert gleichwohl Einschränkungen der wettbewerblichen Eigenart. Grundsätzlich sei diese zu verneinen, wenn der angesprochene Verkehr die prägenden Gestaltungsmerkmale des Erzeugnisses nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet. Dies sei der Fall, wenn ein- und dasselbe Produkt in großem Umfang von verschiedenen Unternehmen jeweils unter eigener Kennzeichnung vertrieben wird (OLG Frankfurt aaO Rn. 53).

Insoweit ist die Verkehrsauffassung entscheidend. Die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts kann entfallen, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder seine Merkmale aufgrund der Entwicklung der Marktverhältnisse nicht mehr geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Etwa, wenn Nachahmungsprodukte auch von Drittanbietern in großen Stückzahlen vertrieben werden (OLG Frankfurt aaO Rn. 57).

Hier erarbeitete die Klägerin mit einem weiteren Wettbewerber, der ebenfalls Nachahmungen der Stecktechnikprodukte vertrieb, eine Abgrenzung der Produkte. Das besonders prägende Steckelement mit hochgradig ähnlichen Exzenterzähnen blieb den Produkten des Wettbewerbers allerdings erhalten.

Dieser Umstand könne die wettbewerbliche Eigenart der Steckelemente der Klägerin in Zukunft einschränken. Denn die von einem weiteren Anbieter verwendeten Exzenterzähne würden womöglich von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht weiter als charakteristisches, auf einen bestimmten Hersteller hinweisendes Merkmal aufgefasst. Sie würden daher die wettbewerbliche Eigenart nicht mehr (mit-)begründen.  Eine derartige Veränderung sah das OLG Frankfurt jedoch in Hinblick auf die – noch – zu geringe Marktbedeutung des weiteren Anbieters nicht als gegeben an (OLG Frankfurt aaO Rn. 62).

Drohender Verlust wettbewerblicher Eigenart bei Duldung von Nachahmungen

Die wettbewerbliche Eigenart von Produkten muss daher „verteidigt“ werden: bei Abgrenzungsvereinbarungen mit Konkurrenten birgt die Duldung der Nachahmung charakteristischer Merkmale das Risiko, dass diese nicht mehr die wettbewerbliche Eigenart (mit)begründen.

Ab welchem Punkt dies der Fall ist, hängt von den Marktverhältnissen, insbesondere dem Marktanteil des Wettbewerbers, ab.