Direkt zum Inhalt wechseln

Das Oberlandesgericht Koblenz hat mit Urteil vom 18.11.2025 – 9 VKl 1/24 eine wichtige Klärung zur Reichweite einer sogenannten „Sammelklage“ in Form einer Abhilfeklage nach dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG) getroffen. Konkret ging es um die Frage, ob ein klagebefugter Verbraucherverband auch gegen einen GmbH-Geschäftsführer persönlich im Rahmen einer Verbandsklage wegen Verbraucheransprüchen vorgehen kann. Das Urteil schafft neue Rechtssicherheit für Geschäftsführende und grenzt die Unternehmerstellung im Sinne des VDuG klar ab.

Hintergrund

Ein Verbraucherverband klagte im Wege der Abhilfeklage gegen ein Unternehmen als Plattformbetreiberin sowie dessen alleinigen Geschäftsführer. Im Kern wurde der Geschäftsführer auf Rückzahlung von Verbraucherentgelten in Anspruch genommen, die im Rahmen eines Online-Dienstleistungsangebots erhoben worden waren. Da über das Vermögen des Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, wurde im Wege eines Teilurteils zunächst nur über die Klage gegen den Geschäftsführer entschieden. Kern des Streits war die Frage, ob ein angestellter Geschäftsführer als „Unternehmer“ im Sinne VDuG verklagt werden kann.

Die Entscheidung des LG Hamburg

Das OLG Koblenz bejaht die Klagebefugnis des Verbandes an sich, erklärt aber die gegen den Geschäftsführer gerichtete Verbandsklage für unzulässig. Nach § 1 Abs. 1 VDuG kann eine Abhilfeklage grundsätzlich nur gegen Unternehmer erhoben werden. Der Unternehmerbegriff im VDuG umfasst nach Ansicht des Gerichts nur Personen, die eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit ausüben. Die bloße Tätigkeit als angestellter Geschäftsführer genüge dafür auch dann nicht, wenn der Geschäftsführer zugleich alleiniger oder überwiegender Gesellschafter des Unternehmens sei.

Die Auslegung stützt sich dabei auf die Vorgaben des § 1 Abs. 1 VDuG und knüpft an die Legaldefinitionen der §§ 13, 14 BGB sowie den „prozessualen Verbraucherbegriff“ in § 29c Abs. 2 ZPO an. Das OLG Koblenz analysiert eingehend die unionsrechtlichen Vorgaben der Verbandsklagen-Richtlinie (EU) 2020/1828 und kommt zu dem Ergebnis, dass eine richtlinienkonforme Auslegung nicht zu einem umfassenderen Unternehmerbegriff führen darf, wenn der nationale Gesetzgeber eindeutig eine selbständige Tätigkeit verlangt.

Entscheidend sei, dass die Vertragsbeziehung mit den Verbrauchern allein von der GmbH begründet werde. Die Begrenzung des Unternehmerbegriffs diene gerade dazu, dass nicht jede berufsbezogene Tätigkeit – insbesondere nicht unselbständige Tätigkeiten – ins Risiko einer Verbandsklage geraten sollen. Das gelte besonders für Geschäftsführer, die ausschließlich für die GmbH handeln und nicht im eigenen Namen wirtschaftlich agieren.

Damit kann nach Auffassung des OLG Koblenz der Geschäftsführer, der fremdnützig für die Gesellschaft handelt, nicht selbst Adressat einer Verbandsklage nach dem VDuG sein.

Fazit

Mit dem Urteil des OLG Koblenz liegt nun eine klare richterliche Aussage zum Anwendungsbereich der Verbandsklagen vor. Im Rahmen der Abhilfeklage nach dem VDuG ist der Geschäftsführer einer GmbH nicht als Unternehmer im Sinne des Gesetzes anzusehen. Verbandsklagen sind somit ausschließlich gegen das Unternehmen selbst zu richten. Für Geschäftsführer bedeutet das einen effektiven Schutz vor persönlicher Haftung im Rahmen des kollektiven Verbraucherrechtsschutzes – und für Verbraucherverbände eine Präzisierung der Anspruchsgegner im Verbandsverfahren.