Das Landgericht Köln hat in einem Urteil den juristischen und kostenpflichtigen Online-Vertragsgenerator von smartlaw als rechtswidrig beurteilt. Der Dienst verstosse gegen das Deutsche Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Das Landgericht kritisiert dabei insbesondere die irreführende Werbung, welche «Anwaltsqualität» verspricht und unterstellt entsprechende Dienstleistungen unter die Bewilligungspflicht.
Vom Urteil betroffen ist der Online-Vertragsgenerator smartlaw, ein LegalTech-Angebot in Deutschland. Die Webseite verspricht dem Nutzer durch einfaches Durchklicken eines Fragenkatalogs ein auf ihn zugeschnittenes juristisches Dokument (z.B. Kündigungsschreiben, Mietvertrag, etc.). Der Anbieter erklärt in seinen AGB, dass die angebotenen Dienstleistungen keine Rechtsdienstleistung im Sinne des Deutschen Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) sind und lehnt jegliche Haftung ab.
Das Landgericht Köln hat nun eine Klage der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg (RAK Hamburg) gutgeheissen und beurteilt die angebotenen Leistungen von smartlaw als Rechtsdienstleistungen im Sinne von §2 RDG. Der Anbieter wirbt denn auch im Vordergrund mit Slogans wie, «Rechtsdokumente in Anwaltsqualität» oder «Wie bei einem Anwalt erhalten Sie ein für Sie optimales Dokument». Durch die Qualifikation als Rechtsdienstleistung untersteht die angebotene Dienstleistung der Bewilligungspflicht und darf nur durch zugelassene Anwälte erbracht werden.
Aus den bisherigen Medienberichten wird leider nicht deutlich, ob lediglich die Anpreisung des Vertragsgenerators als anwaltliche Tätigkeit unzulässig ist oder das Angebot durch einen Nichtanwalt per se. Es ist hier die schriftliche Urteilsbegründung abzuwarten. Die Betreiberin von smartlaw, der Fachverlag Wolters Kluwer Deutschland, will gegen das Urteil Berufung einlegen. In einer Pressemitteilung vergleicht Wolters Kluwer ihren Dienst mit physischen Formular- und Mustersammlungen, wie sie bereits seit Jahren bestehen und nie als Rechtsdienstleistung angesehen wurden.
Ähnliche Online-Angebote existieren auch in der Schweiz. Hier ist die Bewilligungspflicht allerdings an die Befugnis Parteien vor Gericht zu vertreten geknüpft und nicht an das Anbieten von Rechtsdienstleistungen im Allgemeinen. Das Bewerben als Anwaltsdienstleistung ohne entsprechendes Patent kann aber allenfalls durch kantonales Gesetz oder durch das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) mit Busse oder gar Freiheitsstrafe bis 3 Jahre bestraft werden.
Für Anbieter von automatisierten Rechtsdienstleistungen herrscht nun eine gewisse Rechtsunsicherheit. Das Urteil des Landgerichts Köln sollte aber nicht als ein Verbot von LegalTech Dienstleistungen interpretiert werden. LegalTech Dienstleistungen unter Anwendung von komplexen Algorithmen oder gar künstlicher Intelligenz können kaum je durch einen Anwalt alleine verstanden und entsprechend betrieben werden. Das historische Bild des Rechtsanwalts als freiberuflicher Träger der vollen Verantwortung für seine Rechtsdienstleistungen ist durch die Digitalisierung nicht mehr zeitgemäss. Für gewisse Anwendungsbereiche haben automatisierte LegalTech Anwendungen durchaus ihre Daseinsberechtigung. Die Technologien werden sich zudem weiterentwickeln und immer mehr in die heutigen Tätigkeiten der Anwälte vordringen. Dieser Tatsache muss sich die Zunft der Anwälte stellen. Anstelle von Verboten sollte man sich mit der Abgrenzung zwischen automatisierten juristischen Tools und anwaltlicher Dienstleistung befassen. Wird bei LegalTech Anwendungen genügend darauf hingewiesen, dass es sich um eine rein automatisierte Entscheidung handelt, kann dies ergänzend zur üblichen anwaltlichen Dienstleistungen durchaus sinnvoll sein. Eine Anpreisung von solchen Diensten als «Individuell» und «anwaltliche Qualität», wie dies Wolters Kluwer tut, ist hier jedoch nicht förderlich und kann auch mit Klauseln in den AGB nicht gerechtfertigt werden.
Quelle:
Presseerklärung der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg
Presseerklärung von Wolters Kluwer Deutschland
Urteil des Landgericht Köln vom 08.10.2019 (Aktenzeichen 33 O 35/19) (noch nicht rechtskräftig)