Der Bundesrat hat am 26. Februar 2020 die Botschaft zur punktuellen Revision der Zivilprozessordnung verabschiedet. Um Privaten und Unternehmen den Zugang zum Gericht zu erleichtern und damit die Rechtsdurchsetzung zu verbessern, will der Bundesrat punktuelle Anpassungen vornehmen. Im Vergleich zum Vorentwurf sind aber Ausnahmen der Halbierung vorgesehen und trägt damit Bedenken aus der Vernehmlassung Rechnung.
Die im Jahre 2011 in Kraft getretene Zivilprozessordnung hat sich in der Praxis bewährt. Unter anderem soll das Prozesskostenrecht die Möglichkeit der Verfahrenskoordination und der kollektive Rechtsschutz angepasst werden.
Erleichterter Zugang zum Gericht
An den Grundzügen des Vorentwurfs wird vom Bundesrat festgehalten. Demnach sollen die Gerichtskostenvorschüsse halbiert werden, was die faktische Zugangsschranke des Mittelstandes zum Gericht verkleinert.
In Zukunft soll der Staat das Inkassorisiko der Gegenpartei tragen und nicht mehr die Parteien selbst. Dies wird durch die Neuregelung der Prozesskostenliquidation angestrebt. Dadurch sollen die Prozesskosten grundsätzlich mit den geleisteten Vorschüssen der kostenpflichtigen Partei verrechnet werden.
Verbesserte Rechtssicherheit
Durch punktuelle Anpassungen sollen unter anderem die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Privatrecht verbessert und damit die Anwenderfreundlichkeit der ZPO gestärkt werden. Beispielsweise soll das Familienverfahrensrecht neben den bereits im Vorentwurf vorgeschlagenen punktuellen Anpassungen in weiteren Punkten verbessert werden und die wichtigsten Erkenntnisse der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sollen künftig gesetzlich verankert werden. Neu soll auch ein Mitwirkungsverweigerungsrecht für Unternehmensjuristen eingeführt werden.
Weitere Anpassungen
Um die effiziente und koordinierte Geltendmachung von mehreren Ansprüchen und deren gemeinsamen Beurteilung darüber zu erleichtern, sollen die Bestimmungen über die Widerklage, die Klagehäufung, die Streitgenossenschaft und die Streitverkündungsklage punktuell angepasst werden.
Das Schlichtungsverfahren soll in zusätzlichen Streitigkeiten zum Zuge kommen und der Schlichtungsbehörden mehr Kompetenzen zu Entscheidvorschlägen einräumen. Neu soll die Schlichtungsbehörde in den übrigen vermögensrechtlichen Streitigkeiten ein Entscheidvorschlag bis zu einem Streitwert von 10‘000 Franken (bisher 5‘000 Franken) unterbreiten können.
Die in der Vernehmlassung umstrittenen Vorschläge zur Stärkung der kollektiven Rechtsdurchsetzung von Massen- und Streuschäden werden von der Vorlage herausgelöst und separat behandelt.
Unsere Einschätzung
Die hälftige Senkung des Kostenvorschusses und die Tragung des Inkassorisikos durch den Staat sind von unserer Seite zu begrüssen. Die Erfahrung zeigt, dass es sehr umständlich sein kann die Kosten von der unterliegenden Partei zurückzufordern. Auf das Ergebnis, wie dies ausgestaltet und durchgeführt werden soll, warten wir gespannt. Auch die punktuellen Anpassungen für effizientere Verfahren sind zu befürworten.
Quellen:
https://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2020/2020-02-260.html
https://www.ejpd.admin.ch/dam/data/bj/staat/gesetzgebung/aenderung-zpo/bot-d.pdf