Patente und Modeprodukte – passt das zusammen? In diesem Beitrag stellt Olivia Wykretowicz den Schnittpunkt dar.
Patente, Marken, Designs … viele Begrifflichkeiten des gewerblichen Rechtsschutzes, die auch das Moderecht betreffen, werden durcheinandergeworfen oder sogar synonym verwendet. In unseren bisherigen moderechtlichen Beiträgen ging es überwiegend um Marken – was auch die eher untergeordnete Relevanz des Patentschutzes für Modeprodukte gut widerspiegelt. Das mag wundern, da ein Patentrecht den Schutz vor unerwünschten Produktnachahmungen gewährleisten und sich als sehr wertvoll erweisen kann.
Was ist ein Patent?
Schwerpunkt beim Patentschutz ist die technische Entwicklung. Es werden durch ein Patent Leistungen auf dem Gebiet der Technik geschützt, wobei die Gestaltung hier zunächst keine Rolle spielt. Das schließt den Bekleidungsbereich aber nicht per se aus. Man denke an die Verschlüsse bei Kleidungsstücken wie den Reißverschluss oder Klettverschluss oder auch multifunktionale Kleidung, bei der es in den 70er/80er Jahren damit begonnen hat, dass Outdoorkleidung etwa wasser- und windabweisend ist und/oder atmungsaktiv.
Solche Innovationen nehmen kein Ende: Das Stichwort lautet „intelligente Kleidung“. So existieren beispielsweise Überlebensjacken für Personen in Lawinengebieten, dessen eingearbeitete Sensoren den Herzschlag und die Temperatur vermerken, sodass eine im Schnee versunkene Person rechtzeitig Rettung erreichen kann mithilfe des zusätzlich eingebauten GPS. Funktionskleidung ist im Sport- und Arbeitsbekleidungsbereich besonders präsent.
Das Anwendungsfeld solcher Produkte geht aber noch viel weiter. Eine von Levi’s und Philips entwickelte elektronische Kacke „ICD+“ aus dem Jahr 2000 hat elektronische Geräte wie Telefon und MP3-Spieler in das Kleidungsstück integriert. Die gesamte Verkabelung war in der Jacke versteckt, wobei eine Stromleitung auch teils über das Textil möglich war. Hier dient das patentierte Produkt überwiegend Unterhaltungszwecken und findet daher in der „normalen“ Mode auch Anklang.
Auch der Medizinbereich profitiert: Es wird Bekleidung entwickelt und patentiert, durch welche beim Tragen die Muskeln stimuliert werden oder bspw. Cremes und Pharmaka an die Haut abgegeben werden können. Spezielle Technologien ermöglichen es auch, bei Kranken die Vitalfunktionen des Körpers zu ermitteln und an die Ärzte weiterzuleiten.
Wann ist mein Produkt patentfähig?
Ein Patent wird nur auf technische Erfindungen erteilt. Das Gesetz definiert nicht, was als technische Erfindung gilt, dafür aber, was in jedem Fall nicht patentierbar wäre. Darunter zählen Entdeckungen, weil es hier um das Auffinden von etwas bereits Vorhandenem geht, und z.B. ästhetische Formschöpfungen, für welche schon der Designschutz vorgesehen ist. Letzteres gilt aber nicht, wenn das Kleidungsstück ästhetische Wirkung und erfinderischen Schritt in einem vereint. Dann wird nämlich die ästhetische Wirkung durch das Designrecht geschützt und die Erfindung als Patent.
§ 1 Abs. 1 PatG stellt sodann drei Voraussetzungen für die Patentfähigkeit auf: die Neuheit, das Beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit und die gewerbliche Anwendbarkeit.
Eine Erfindung ist neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfasst alle Kenntnisse, die vor der Anmeldung der betreffenden Erfindung weltweit in jeder erdenklichen Weise der Öffentlichkeit zugänglich waren. Neuheitsschädlich ist bereits, wenn eine einzelne Person ohne Geheimhaltungspflicht Kenntnis von der Erfindung erlangt haben könnte. Ein öffentliches Zugänglichmachen kann z.B. durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, Benutzung oder Ausstellung geschehen. Erfinder müssen sich bewusst sein, dass auch Informationen, die sie selber in die Welt gesetzt haben, zum „Stand der Technik“ zählen können. Vor der Patentanmeldung ist es daher ratsam, die Erfindung geheim zu halten.
Hinzukommen muss aber noch, dass die Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Sie sollte sich nicht für eine Fachperson in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben, sondern in ausreichendem Maß von dem bisherigen Stand abheben. Geht es etwa um ein Patent für Bademode, die aus einem Bekleidungsteil und einem Edelsteinteil zusammengesetzt wird, so ist als Fachperson ein Modedesigner mit Erfahrung in der Textiltechnik und Kenntnissen über Schmucksteine anzusehen. Es wird dann danach gefragt, ob aus deren Sicht sich die Materialbeschaffenheit oder –auswahl naheliegt und auf dem einschlägigen Fachgebiet bekannt ist.
Drittes Kriterium für die Patentierbarkeit ist die gewerbliche Anwendbarkeit und ist dann erfüllt, wenn die Erfindung ihrer Art nach geeignet ist, in einem gewerblichen Betrieb hergestellt zu werden oder technische Verwendung in einem Gewerbe zu finden.
Welche Wirkung hat ein Patent?
Folge eines zugeteilten Patentes ist vor allem das Recht, die Erfindung zu monopolisieren. Doch weil Patente für den technischen Fortschritt in unserer Gesellschaft von immenser Bedeutung sind und eine Informationsfunktion erfüllen, auf der auch aufgebaut werden sollte, muss die Erfindung zwingend veröffentlicht werden. Dies soll Anreize für andere Erfinder schaffen und natürlich auch den Verbraucher das Leben erleichtern.
Der genaue Umfang des Patents wird durch die Patentansprüche bestimmt (§ 14 PatG). Der Patentanspruch beschreibt die offenbarte und beanspruchte Erfindung.
Die Schutzdauer beträgt im Gegensatz zum Markenrecht 20 Jahre. In dieser Zeit hat Patentinhaber das Recht, über die Erfindung zu verfügen – was bedeutet, dass anderen der Gebrauch der patentierten Erfindung untersagt werden kann. Damit sind Erfinder letztendlich in der Lage, Konkurrenten den Eintritt in ein Marktfeld zu erschweren. Große Bedeutung hat aber die Möglichkeit, das Patent zu lizenzieren. Dritte erhalten dann das Verwertungsrecht, während die Patentinhaber Lizenzgebühren hierfür einstreichen.
Aktuelles aus dem Bereich Patente in der Modewelt?
In einem erst kürzlich beigelegten Rechtsstreit wegen Patentverletzungen zwischen den Unternehmen Nike und Adidas wurden neun von Nikes rund 300 Patenten für die besondere Stricktechnik „flyknit“ durch die der sogenannten ‚primeknit‘-Schuhe von Adidas verletzt, so der Vorwurf. Laut Klage kündigte Adidas seine primeknit-Schuhe nur fünf Monate nach Markteinführung von flyknit durch Nike an, woraufhin die Branche „sofort die Ähnlichkeiten zwischen der patentierten flyknit-Technologie von Nike und den primeknit-Angeboten von Adidas zur Kenntnis nahm“. Im Nike flyknit Obermaterial, welches aus starkem Garn mit geringem Gewicht als einzelnes Teil gefertigt wird, werden verschiedene Strickmuster miteinander kombiniert. Dabei sind bestimmte Bereiche enger gewebt für einen sockenartigen Halt des Fußes, während andere Bereiche elastischer und atmungaktiver sind. Auch Adidas wirbt bei seinem „primeknit“ dafür, dass das Obermaterial aus einem Stück gestrickt ist, dabei geschmolzene Garne in Einsatz waren und der Schuh den Fuß wie eine Socke umschließt. Sowohl Nike als auch Adidas verwenden Garne aus recycelten Materialien, woraus das Obermaterial des Schuhs gestrickt sei. Es ist nur einer von vielen Rechtsstreiten in Patentangelegenheiten zwischen den beiden Unternehmen.
Obwohl patente mit Mode auf den ersten Blick nicht viel zu tun haben, können sie dennoch –jedenfalls für die technischen Aspekte- in Betracht kommen. Nicht nur ganze Kleidungsstücke, sondern auch besondere Art von Geweben können in ihrer Funktionsweise durch Patente rechtlich geschützt werden. Hiervon getrennt werden muss aber stets die rein ästhetisch wirkende Gestaltung der Kleidungsstücke.
Autorin: Olivia Wykretowicz