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Das LG Berlin stellt klar, dass auch die mittels Künstlicher Intelligenz erzeugte Imitation einer prominenten Stimme in das Persönlichkeitsrecht eingreifen kann. Im Fall eines deutschen Synchronsprechers Manfred Lehmann wurde die Nutzung seiner KI-generierten Stimme auf YouTube als rechtswidrig angesehen und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt und dem Kläger eine Lizenzgebühr nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zugesprochen.

Hintergrund: Wenn die KI-Stimme zum wirtschaftlichen Faktor wird

Das Landgericht Berlin II (Az. 2 O 202/24) hat jüngst eine bundesweit beachtete Entscheidung zu der Frage getroffen, ob und inwiefern das Persönlichkeitsrecht durch den Einsatz künstlich generierter Stimmen in digitalen Medien verletzt werden kann. Besonders im Fokus stand, wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG in Zeiten der künstlichen Intelligenz auszulegen ist und wie weit dessen Schutz reicht, wenn ein KI-System die charakteristische Stimme eines prominenten Sprechers imitiert und damit in sozialen Netzwerken wirtschaftlich genutzt wird.

Im zugrundeliegenden Fall klagte ein prominenter deutscher Synchronsprecher gegen den Betreiber eines YouTube-Kanals, der in zwei Videos eine mittels KI erzeugte Imitation seiner bekannten Synchronstimme eingesetzt hatte. Die Beiträge waren satirischer Natur und verwiesen jeweils auf einen angeschlossenen Onlineshop. Der Kläger wandte sich gegen die ungenehmigte Nutzung seines „Stimmenprofils“ und verlangte Schadensersatz sowie Ersatz seiner Anwaltskosten. In der Community wurde seine Stimme tatsächlich wiedererkannt, was sich auch in einzelnen Kommentaren widerspiegelte.

Gerichtliche Bewertung: Das Recht an der eigenen Stimme

Im Unterschied zu vielen aktuellen KI-Fällen, in denen Urheberrechte im Vordergrund stehen, geht es hier um das Persönlichkeitsrecht – konkret das vermögenswerte Recht an der eigenen Stimme. Das Landgericht Berlin ist richtigerweise der Auffassung, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht an der eigenen Stimme umfasst, selbst wenn die Imitation technisch und nicht menschlich erfolgt. Entscheidend sei, ob für einen erheblichen Teil des Publikums der Eindruck entsteht, die betroffene Person habe mitgewirkt oder ihre Zustimmung gegeben. Die Richter sehen hierin eine Verletzung gerade dann, wenn — wie im vorliegenden Fall — die Stimme gezielt mit einer bekannten Persönlichkeit assoziiert wird und ein wirtschaftliches Interesse des Nutzers besteht.

Konsequenzen: Lizenzgebühr und Schadensersatz für KI-Stimmen

Die Ansprüche stützt das Gericht auf bereicherungsrechtliche Ansprüche nach §§ 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2, 818 Abs. 2 BGB, da die KI-Stimmnutzung zu kommerziellen Zwecken und ohne Einwilligung erfolgte und sich die Beklagte eine Lizenzgebühr erspart habe, die sie dem Kläger hätte für die Nutzung der Stimme zahlen müssen. Weder Satirefreiheit noch datenschutzrechtliche Argumente konnten den Eingriff rechtfertigen, da das wirtschaftliche Interesse des Klägers überwog. Bemerkenswert: Die Lizenzgebühr von 2.000 € pro Video bemisst sich an der hohen Wiedererkennbarkeit, der Reichweite des Kanals und marktüblichen Honoraren. Insgesamt erhielt der Kläger 4.000 € sowie die Anwaltskosten erstattet.

Bedeutung für künftige KI-Fälle

Auch bei Nutzung von durch KI-generierten Stimmen realer Personen gilt: Das Persönlichkeitsrecht verlangt die Einwilligung oder Lizenz des Betroffenen, sonst drohen u.a. Schadensersatzforderungen.

Das Urteil verdeutlicht, dass synthetische Stimmen rechtlich ähnlich streng geschützt werden wie natürliche und für die kommerzielle Nutzung klare Regeln bestehen. Künftige Fälle mögen aber unterschiedlich zu beurteilen sein, je nachdem ob es sich um Stimmen bekannter Personen handelt, welche durch KI erzeugt und verwendet werden oder um Stimmen, die – zufällig oder nicht – nicht bekannten Personen zuzuordnen sind.