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Seit über 50 Jahren ziert das Matterhorn die Verpackung von Toblerone – doch schon bald muss das Matterhorn von der Verpackung verschwinden. Grund dafür ist die Auslagerung von Teilen der Produktion in die Slowakei. Denn dadurch erfüllt die Schweizer Traditionsschokolade die „Swissness“-Kriterien nicht mehr. Durch die Produktionsverlagerung ist nicht nur die «Swissness»-Gesetzgebung berührt, sondern auch lebensmittelrechtliche Deklarationsvorschriften.

Die bekannte Schokoladenmarke „Toblerone“, welche weltweit in mehr als 120 Ländern erhältlich ist, hat ihre Wurzeln in der Schweiz. So wurde die Schweizer Traditionsschokolade bis anhin auch ausschliesslich in der Schweiz produziert. Noch in diesem Jahr wird ein Teil der Produktion der Toblerone von Bern in die Slowakei verlagert. Die Folge davon: keine Swissness und kein Matterhorn.

Der Hintergrund dafür ist die sogenannte „Swissness“-Gesetzgebung. Dabei handelt es sich um das Markenschutzgesetz (MschG; SR 232.11) und Wappenschutzgesetz (WschG; SR 232.21) sowie die dazugehörigen Verordnungen. Mit der „Swissness“-Gesetzgebung soll der Wert der „Marke Schweiz“ vor Trittbrettfahrern geschützt werden, wodurch die in der Schweiz produzierenden Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil erhalten. „Swissness“ verschaffe den Unternehmen einen entscheidenden Mehrwert und stelle damit ein wichtiges Verkaufsargument dar.

In der „Swissness“-Gesetzgebung werden die Anforderungen an Waren oder Dienstleistungen definiert, damit diese als „schweizerisch“ gekennzeichnet werden dürfen. Mit Labels wie „Swiss made“, „Made in Switzerland“, „of Switzerland“ oder anderen auf die Schweiz hinweisenden Angaben oder Abbildungen wie das Schweizerkreuz oder der Figur „Wilhelm Tell“ wird darauf hingewiesen, dass die Waren oder Dienstleistungen aus der Schweiz stammen. Die Verwendung dieser Herkunftsgabe „Schweiz“ ist freiwillig und bewilligungsfrei. Die Unternehmen haben selber zu beurteilen, ob die gesetzlichen Kriterien erfüllt sind. Somit liegt die Verantwortung für den gesetzeskonformen Gebrauch der Herkunftsangabe auch bei den Unternehmen selbst. Zu den Mindestanforderungen gehören die Herkunft der Produkte, die Verwendung Schweizerischer Rohstoffe sowie die Verarbeitung und Vermarktung in der Schweiz. Auch wird bezüglich Qualität der Produkte ein bestimmter Standard vorausgesetzt.

Art. 48b MschG regelt die Anforderungen für die Verwendung der Schweizer Herkunftsangabe bei Lebensmitteln wie Schokolade im Detail. Dabei kommt ein rohstoffbasierter Ansatz zur Anwendung. So haben mindestens 80% des Gewichts der Rohstoffe, aus denen sich das Lebensmittel zusammensetzt, aus der Schweiz zu kommen. Bei Milch und Milchprodukten sind gar 100% des Gewichts des Rohstoffes Milch erforderlich. Ausserdem hat der wesentliche Verarbeitungsschritt, d. h. jener, welcher dem Lebensmittel seine wesentlichen Eigenschaften verleiht, in der Schweiz zu erfolgen.

Auch wenn die Verlegung der Produktion von Toblerone in die Slowakei nur teilweise erfolgt, ist Toblerone dadurch nicht mehr genug „Swissness“. Entsprechend darf das Matterhorn nicht mehr auf der Verpackung der Schokolade verwendet werden. Des Weiteren ist der Markenzusatz «of Switzerland», welcher sich gleich unter dem grossen Toblerone-Schriftzug befindet, zu «established in Switzerland» zu ändern.

Die «Swissness»-Kriterien sind dabei von den lebensmittelrechtlichen Deklarationsvorschriften zu unterscheiden. Wer vorverpackte Lebensmittel in Verkehr bringt, muss gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. h der Lebensmittelinformationsverordnung (LIV; SR 817.022.16) auf der Verpackung mindestens das Produktionsland angeben. Diese Angabe dient der Information der Konsumentinnen und Konsumenten. Ein in der Schweiz hergestelltes Produkt, muss also unabhängig davon, ob es die «Swissness»-Kriterien erfüllt, auf der Rückseite der Verpackung neben den anderen Pflichtangaben wie namentlich zu Allergenen grundsätzlich die Herkunftsangabe «hergestellt in der Schweiz» enthalten. Da Toblerone aufgrund der Verlagerung der Produktion in die Slowakei nicht mehr im Sinne von Art. 15 Abs. 1 und 3 LIV in der Schweiz hergestellt wird, ist auch aufgrund der lebensmittelrechtlichen Deklarationsvorschriften die Rückseite der Verpackung entsprechend anzupassen.

Die derzeit laufende Revision verschiedener Verordnungen im Lebensmittelbereich (Revisionspaket «Stretto 4») bringt immerhin in Bezug auf die Angabe der Herkunft von Zutaten gewisse Erleichterungen mit sich. So wird die Lebensmittelinformationsverordnung an das EU-Recht angepasst. Im Gegensatz zur Angabe des Produktionslandes (siehe oben) muss die Herkunftsdeklaration in der Schweiz nur dann gemacht werden, wenn die Zutat in einer signifikanten Menge enthalten ist (Anteil von über 50% am Lebensmittel) (Art. 16 Abs. 1 Bst. a und Abs. 3 LIV) und wenn die Aufmachung der Verpackung des Lebensmittels auf eine andere Herkunft der Zutat schliessen lässt (Täuschungsschutz, Art. 16 Abs. 1 Bst. b LIV). Die in der Schweiz obligatorische Produktionslandangabe kann in der EU aber schon ausreichen, um die Pflicht zur Herkunftsdeklaration der einzelnen Zutaten auszulösen, wenn Produktionsland und Herkunftsland der Zutat nicht übereinstimmen. Entsprechend kann es vorkommen, dass dasselbe vorverpackte Lebensmittel in der Schweiz und in der EU jeweils eine andere Etikette hat, um den gesetzliche Anforderungen zu genügen. Mit der Anpassung dieser Etiketten sind beträchtliche Kosten verbunden. Um diese Handelshemmnisse zu reduzieren, wird mit der aktuellen Revision der Lebensmittelinformationsverordnung für die freiwillige Angabe der Herkunft der Zutaten die Möglichkeit geschaffen, übergeordnete geographische Räume in positiver Formulierung (wie z.B. «EU» oder «Südamerika) anzugeben. Jedoch fordern Vereinigungen wie der Branchenverband «Chocosuisse», dass wie in der EU-Gesetzgebung auch Negativdeklaration ([Zutat x] stammt nicht aus [Produktionsland y]) erlaubt sein sollten.

Somit hatte Mondelez als Besitzerin von Toblerone nicht nur die Vorderseite der Verpackung aufgrund der Swissness-Gesetzgebung neu zu gestalten, indem das Matterhorn durch einen simpleren Berg und «of Switzerland» durch «established in Switzerland» ersetzt wurde, sondern auch die Angaben der Rückseite aufgrund der lebensmittelrechtlichen Deklarationspflichten anzupassen. Ob der Verlust der „Swissness“ darüber hinaus auch negative finanzielle Auswirkungen mit sich bringt, wird sich zeigen.

Quellen