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Online-Buchungsplattformen werden mit dem neuen Art. 8a UWG an der kurzen Leine gehalten; Ab dem 1. Dezember 2022 werden Paritätsklauseln bezüglich Preis, Verfügbarkeit oder Konditionen in Verträgen zwischen Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsbetrieben verboten.

Der Werdegang des neuen Art. 8a UWG

Am 16. November 2022 teilte der Bundesrat in einer Medienmitteilung mit, dass die Verwendung von Paritätsklauseln in Beherbergungsbetrieben ab dem 1. Dezember 2022 verboten ist. Damit tritt der Art. 8a des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, SR 241) in Kraft. Gemäss diesem handelt insbesondere unlauter, wer als Betreiber einer Online-Buchungsplattform von Beherbergungsdienstleistungen allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, welche die Preis- und Angebotssetzung von Beherbergungsbetrieben durch Paritätsklauseln, namentlich bezüglich Preis, Verfügbarkeit oder Konditionen, direkt oder indirekt einschränken.

Diese Gesetzesänderung ist auf die Motion von Ständerat Pirmin Bischof vom 30. September 2016 „Verbot von Knebelverträgen der Online-Buchungsplattformen gegen die Hotellerie“, allgemein auch als „Lex Booking“ bekannt, zurückzuführen, welche vom Bundesrat verlangt, enge und weite Preisparitätsklauseln in Verträgen zwischen Online-Buchungsplattformen und Hotelbetrieben zu verbieten. Gemäss Motion bezweckt das Verbot den Direktvertrieb von Beherbergungsbetrieben über die hoteleigenen Websites zu fördern und somit deren Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die Verwendung von Preisbindungsklauseln, insbesondere Preisparitätsklauseln, schränke die Beherbergungsbetriebe hingegen in ihrer freien Preisgestaltung ein.

Die Motion sieht dabei vor, sowohl enge als auch weite Preisparitätsklauseln zu verbieten. Bei engen Preisparitätsklauseln verpflichtet sich ein Beherbergungsbetrieb gegenüber einer Online-Buchungsplattform auf der eigenen Internetseite keine Preise anzubieten, die unter dem auf der Plattform angebotenen Preisen liegen. Allerdings muss der betreffende Beherbergungsbetrieb nicht allen Online-Buchungsplattformen denselben Preis einräumen. Bei weiten Preisparitätsklauseln hingegen verpflichtet sich ein Beherbergungsbetrieb auf keinem anderen Vertriebskanal, also auch anderen konkurrierenden Online-Buchungsplattformen, tiefere Preise anzubieten als auf der einen Online-Plattform. Insbesondere dürfen solche günstigeren Angebote weder am Telefon noch per E-Mail gemacht werden.

Bereits im Dezember 2012 eröffnete die Wettbewerbskommission (WEKO) auf Initiative von HotellerieSuisse eine Untersuchung gegen die drei Online-Buchungsplattformen Booking.com, Expedia und HRS, unter anderem wegen Verdachts, dass Paritätsklauseln zwischen den besagten Plattformen und den Hotels wettbewerbsbeschränkend wirken. Die WEKO hat damals mit ihrem Entscheid vom 19. Oktober 2015 die Verwendung von weiten Preisparitätsklauseln als Verstoss gegen das Kartellgesetz (KG, SR 251) beurteilt. Die Beurteilung von engen Preisparitätsklauseln hat sie hingegen ausdrücklich offengelassen. Jedoch können gemäss WEKO bereits heute gegen enge Paritätsklauseln gestützt auf das geltende KG vorgegangen und vom zuständigen Gericht für unzulässig erklärt werden, sofern sie zu einer unzulässigen Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs führen.

Das Verhältnis zwischen Beherbergungsbetrieben und Online-Buchungsplattformen kann im Einzelfall zudem auch unter den Bestimmungen zur relativen Marktmacht in Art. 7 KG, die das Parlament im Rahmen seines indirekten Gegenvorschlags zur Fair-Preis-Initiative beschlossen hat, wettbewerbsrechtlich beurteilt werden. Damit bietet das Konzept der relativen Marktmacht neue Möglichkeiten zur kartellrechtlichen Unterbindung von bilateralen Vertragsverhältnissen mit Abhängigkeitssituationen. Aufgrund dessen hatte der Bundesrat ursprünglicher Weise vorgesehen, die Motion Bischof im Rahmen des indirekten Gegenvorschlags zur «Fair-Preis-Initiative» umzusetzen, verzichtete aber aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse darauf.

 

Die Neuregelung im Detail

Die Bestimmung von Art. 8a UWG betrifft Plattformbetreiber, welche Online-Buchungsportale für Übernachtungen in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben unterhalten. In Abweichung vom Wortlaut der Motion schützt Artikel 8a UWG alle Beherbergungsbetriebe (z. B. auch Anbieter von Ferienwohnungen, Appartements oder Jugendherbergen). Dabei werden unlautere allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Plattformbetreibers ins Visier genommen. Als AGB geltend gemäss herrschender bundesgerichtlicher Rechtsprechung vertragliche Bestimmungen, die im Hinblick auf typische Verträge von Privaten standardmässig vorformuliert sind (Vgl. BGer v. 02.06.2015, 4A_47/2015). Individualvereinbarungen fallen folglich nicht unter Artikel 8a UWG, es sei denn, auch diese enthalten vorformulierte Klauseln, die nicht einzeln ausgehandelt wurden. Auch ist es unerheblich, in welcher konkreten Form (z.B. Abdruck auf Vertragsformular, als Anhang oder elektronisch) die missbräuchlichen AGB verwendet werden.

Unlauter sind besagte AGBs wenn sie Preisbindungsklauseln enthalten. Darunter sind auch die oben erwähnten Preisparitätsklauseln zu verstehen, sowie Klauseln, wonach sich ein Beherbergungsbetrieb verpflichtet, einen bestimmten vorgegebenen Preis nicht zu unterschreiten. Damit sind Preisbindungsklauseln, die Beherbergungsbetrieben verbieten wollen, auf deren eigenen Website oder über anderen Vertriebskanälen günstigere Übernachtungspreise anzubieten als auf der Online-Buchungsplattform, künftig unlauter.

Des Weiteren sind auch sogenannte Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsklauseln verboten. Verfügbarkeitsparitätsklauseln regeln inwieweit sich die Art und die Anzahl der auf anderen Absatzkanälen angebotenen Zimmer vom Angebot auf der Online-Buchungsplattform unterscheiden dürfen. Konditionenparitätsklauseln dagegen beziehen sich auf die Gleichwertigkeit des Angebots zwischen Online-Buchungsplattformen und anderen Absatzkanälen und regeln, inwieweit sich das Angebot auf anderen Kanälen unterscheiden darf. Darunter fallen oftmals weitere vertragliche Aspekte wie Stornierungsbedingungen, aber auch inbegriffene Zusatzleistungen wie Frühstück oder Rabattgutscheine für die örtlichen Bergbahnen.

 

Rechtsfolge

Die neue Bestimmung von Artikel 8a UWG ist wie bereits Art. 8 UWG eine zivilrechtliche Norm. Entsprechend erfolgen die Rechtsfolgen über das zivilrechtliche Instrumentarium des UWG; Im Falle von unlauteren Verhaltensweisen nach Art. 8a UWG stehen die Abwehrklagen von Art. 9 Abs. 1 und 2 UWG sowie die reparatorischen Klagen nach Art. 9 Abs. 3 UWG zur Verfügung. Anspruchs- und klageberechtigt sind Mitbewerber, Lieferanten oder Abnehmer, die durch unlautere AGB-Klauseln in ihren wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt werden. Klageberechtigt sind zudem auch Berufs- und Wirtschaftsverbände (Art. 10 Abs. 1 lit. a UWG).

Eine strafrechtliche Sanktionierung nach Art. 23 UWG erfolgt nicht. Hingegen tritt aufgrund der Widerrechtlichkeit einer solchen unlauteren AGB-Klausel die Rechtsfolge der Nichtigkeit nach Art. 20 des Obligationenrechts (OR; SR 220) ein. Damit kann eine solche Klausel keine rechtliche Wirkung entfalten.

 

Geltungsbereich

Wie auch in die übrigen Bestimmungen des UWG gilt auch hier das Auswirkungsprinzip, womit Art. 8a UWG stets zur Anwendung gelangt, wenn sich das unlautere Verhalten auf den Schweizer Markt auswirkt. Dies dürfte vor allem dann der Fall sein, wenn sich der betroffene Beherbergungsbetrieb in der Schweiz befindet. Der Vertrag zwischen dem Beherbergungsunternehmen und dem Plattformbetreiber untersteht hingegen grundsätzlich dem Recht, welches die Parteien in den AGB vereinbart haben. Gelangt auf den Vertrag ein ausländisches Recht zur Anwendung, so tritt an die Stelle der Nichtigkeitsfolge nach Art. 20 OR die entsprechende Bestimmung dieser Rechtordnung. Sollte – was eher unwahrscheinlich ist – das betreffende Vertragsrecht die Durchsetzung solcher widerrechtlichen Klausel zulassen, so wären die Klauseln laut der Botschaft zu Art. 8a UWG aus Schweizer Sicht aufgrund von Art. 17 und 18 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) trotzdem unbeachtlich (vgl. Botschaft zu Änderung des UWG, BBI 201 2858, 13).