Auch Kleidung kann lauterkeitsrechtlich geschützt sein und deren Nachahmung nicht nur Unterlassungsansprüche, sondern auch Schadensersatzansprüche begründen.
Unlauter handelt, wer Waren anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn das nachgeahmte Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände gemäß § 4 Nr. 3 a-b UWG vorliegen, aus denen eine Unlauterkeit resultiert.
Hierbei ist regelmäßig fraglich, ob das nachgeahmte Modeerzeugnis wettbewerbliche Eigenart aufweist. Dies ist für ein Erzeugnis anzunehmen, dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale im Gesamteindruck geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen.
Ein geeigneter Hinweis auf die betriebliche Herkunft ist gegeben, wenn der angesprochene Verkehr aufgrund der Gestaltung des Erzeugnisses die Vorstellung hat, dass es wohl nur von einem bestimmten Anbieter oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen stammen kann. Das ist immer dann der Fall, wenn es sich von anderen Produkten im Marktumfeld so abhebt, dass der Verkehr es auf Grund dieser Eigenschaften einem bestimmten Hersteller zuordnet, wobei dieser vom Verkehr nicht namentlich gekannt werden muss.
Bei der vorzunehmenden Gesamtschau kommt es auch darauf an, ob Mitbewerber Dienstleistungen mit den gleichen Eigenheiten in erheblichem Umfang vertreiben und die eigene Herkunftsfunktion dadurch beeinträchtigt wird. Eine Bekanntheit des Erzeugnisses (im Inland) wirkt sich jedoch nur auf die Höhe der wettbewerblichen Eigenart aus. Indizien für eine besondere Bekanntheit und Marktbedeutung sind etwa die Dauer der Marktpräsenz, die mit dem Erzeugnis erzielten Umsätze, der Marktanteil und die getätigten Werbeaufwendungen.
Gerade im Modebereich kann die Schnelllebigkeit dazu führen, dass Gestaltungsmerkmale nicht mehr auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen geeignet sind und eine wettbewerbliche Eigenart ausscheidet, weil es üblich ist, dass in einer Saison bestimmte Gestaltungen als Trends gehäuft auftreten und auch nachgeahmt werden.
Eine wettbewerbliche Eigenart kommt jedoch in Betracht, wenn eine Gestaltung in ihrer Gesamtanmutung besonders ist und sich hinreichend vom wettbewerblichen Umfeld abhebt und sich trotz der Schnelllebigkeit von Mode im Bekleidungssektor – und damit möglicherweise mitunter zeitweilig gegen den Trend – bereits seit Jahren auf dem Markt hält und vom Verkehr wiedererkannt wird (OLG Köln, Urteil vom 24.07.2020 – 6 U 298/19).
Handelt es sich beispielsweise um eine Jeans, muss sich diese ausreichend vom wettbewerblichen Umfeld abheben durch besondere Nähte, versetzte Knopfleisten und Taschen als feste Gestaltungsmerkmale bei mehreren Modellen. Regelmäßig sind zudem umfangreiche Nachweise für eine lange und intensive Marktpräsenz erforderlich, um die Intensität der wettbewerblichen Eigenart zu bestimmen.
Wenn auch die üblichen Voraussetzungen des § 4 Nr. 3 a-b UWG vorliegen, kann neben den üblichen Ansprüchen auf Unterlassung, Auskunft und Ersatz der Abmahnkosten auch Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie verlangt werden.
Bei der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraums vereinbart hätten. Dies ist nach der freien Überzeugung des Gerichts zu bemessen, wobei regelmäßig eine Orientierung an einer tatsächlich geübten (eigenen oder fremden) Lizenzierungspraxis erfolgt.
Gerade Luxusartikel weisen oft Vergütungen für Lizenzen, in Höhe zwischen 10% und 20% des Umsatzes auf. Ansonsten orientiert sich der Schadensersatz regelmäßig an der Stücklizenz in Höhe von bis zu 10% des Nettoverkaufspreises der einzelnen Kleidungsstücke (OLG Köln, Urteil vom 03.05.2024 – 6 U 132/23).
Eine Abmahnung kann sich also auch hinsichtlich gesonderter Schadensersatzforderungen lohnen. Modehersteller sollten das Marktumfeld jedoch daraufhin beobachten, ob deren prägende Gestaltungsmerkmale von Konkurrenten übernommen werden und dagegen rechtzeitig vorgehen. Denn eine begründete wettbewerbliche Eigenart kann auch entfallen, wenn sich die Gestaltungsmerkmale im Verkehr als üblich durchgesetzt haben.