Mit seiner heutigen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die marktübergreifende Bedeutung von Apple für den Wettbewerb bestätigt. Der Konzern, der mit einem Marktwert von über 3 Billionen US-Dollar das wertvollste Unternehmen der Welt ist, steht damit nun verstärkt unter der Aufsicht des Bundeskartellamts.
- Apple: Marktbeherrschung auf mehreren Ebenen
Apple operiert als vertikal integriertes Unternehmen mit einem umfassenden Ökosystem aus Hardware, Software und digitalen Diensten. Besonders der App Store als zentrale Vertriebsplattform für Anwendungen und der exklusive Zugang zu proprietären Betriebssystemen wie iOS und iPadOS haben Apple in eine dominante Position gebracht.
Das Bundeskartellamt hatte daher mit Beschluss vom 3. April 2023 (B 9-67/21) festgestellt, dass der Apple Inc. einschließlich aller mit ihr verbundenen Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb im Sinn des § 19a Abs. 1 GWB zukommt. Dagegen legte Apple umgehend Beschwerde ein; schlussendlich aber ohne Erfolg. Der Bundesgerichtshof sieht die Bedeutung des Konzerns insbesondere in der Kontrolle mehrseitiger Märkte. Durch den App Store, der für Drittanbieter die einzige Möglichkeit darstellt, Apps für iPhones und iPads zu vertreiben, kontrolliert Apple einen kritischen Zugangsweg für Softwareanbieter und Entwickler.
Allein im Jahr 2020 wurden im App Store über 30 Milliarden Apps heruntergeladen, mit einem Gesamtumsatz von mehr als 640 Milliarden US-Dollar. Apples Kontrolle über diese Plattform, verbunden mit der engen Verzahnung eigener Dienste wie Apple Music, Apple Pay und Apple TV+, stärkt die Marktstellung des Konzerns zusätzlich.
Die Feststellung nach § 19a Abs. 1 GWB bedeutet für Apple nicht nur eine offizielle Anerkennung seiner enormen Marktmacht, sondern ebnet auch den Weg für potenzielle regulatorische Maßnahmen, die der Konzern in Zukunft zu erwarten hat.
- Kartellrechtlicher Rahmen: § 19a GWB und Digital Markets Act
Die Bestätigung der marktübergreifenden Bedeutung Apples durch den Bundesgerichtshof fußt auf den Regelungen des § 19a GWB, der speziell eingeführt wurde, um große Digitalkonzerne unter verstärkte Aufsicht zu stellen. Bereits 2024 war Amazon als erstes Unternehmen unter dieser Vorschrift reguliert worden.
Die Feststellung der überragenden marktübergreifenden Bedeutung für den Wettbewerb setzt keine konkrete Wettbewerbsgefahr oder Wettbewerbsbeeinträchtigung voraus. Vielmehr reicht dafür das Vorliegen der strategischen und wettbewerblichen Möglichkeiten aus, deren abstraktes Gefährdungspotential durch die Vorschrift adressiert wird. § 19a Abs. 1 GWB soll dem Bundeskartellamt eine effektivere Kontrolle derjenigen großen Digitalunternehmen ermöglichen, deren Ressourcen und strategische Positionierung ihnen erlauben, erheblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit Dritter zu nehmen, den Wettbewerbsprozess zum eigenen Vorteil zu verfälschen sowie ihre bestehende Marktmacht auf immer neue Märkte und Sektoren zu übertragen.
Ebenso wie bereits in seiner Entscheidung zur marktübergreifenden Bedeutung von Amazon für den Wettbewerb, betont der BGH nochmals, dass die Feststellung der überragenden marktübergreifenden Bedeutung Apples für den Wettbewerb auch nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass Apple während des Beschwerdeverfahrens mit seinen mobilen Betriebssystemen und App Stores von der Europäischen Kommission als Torwächter gemäß Art. 3 Digital Markets Act (DMA) benannt wurde und in der Europäischen Union seit dem 7. März 2024 dessen Regelungen unterworfen ist.
- Ausblick: Was bedeutet das für Apple und den Wettbewerb?
Während Apple im Rahmen des DMA der Europäischen Kommission bereits als Torwächter (engl. „Gatekeeper“) klassifiziert wurde, zeigt das heutige Urteil erneut, dass nationale Wettbewerbsbehörden weiterhin eigene Eingriffsmöglichkeiten haben. Über den DMA hinaus kann das Bundeskartellamt damit Apple konkrete Verhaltensweisen untersagen – etwa die Bevorzugung eigener Produkte oder das Erschweren von Interoperabilität mit Konkurrenzdiensten.
Die Feststellung der marktübergreifenden Bedeutung ist nur der erste Schritt. Sollte das Bundeskartellamt in Zukunft Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht feststellen, könnten schärfere Maßnahmen drohen. In der Vergangenheit hatte Apple bereits mit regulatorischem Druck zu kämpfen, unter anderem durch die DMA-Vorgaben zur Öffnung des App Stores für alternative Bezahlsysteme.
Für Entwickler und Wettbewerber könnte dies zu faireren Marktbedingungen und möglicherweise auf Dauer auch zu mehr Marktanteilen führen. Inwieweit Apple seine Geschäftsstrategie aufgrund der strengeren Beobachtung aus Deutschland und Europa anpasst, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Der Tech-Gigant aus Silicon Valley gerät zunehmend ins Visier der Kartellbehörden – dies dürfte auch langfristige Auswirkungen auf den digitalen Wettbewerb haben.