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Der Arbeitgeber hat bei Abbau einer Leitungsebene durch eine unternehmerische Entscheidung und bei Ausspruch einer auf eine solche unternehmerische Entscheidung basierenden Kündigung nur eines Arbeitnehmers anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darzulegen, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können (LAG Köln, Urteil vom 13.10.2017 – 4 Sa 109/17).

Hintergrund

Der Arbeitgeber kann bekanntermaßen im Falle der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes und des Bestehens eines mehr als sechs Monate andauernden Arbeitsverhältnisses aufgrund personen-, verhaltens- oder betriebsbedingter Gründe das Arbeitsverhältnis ordentlich kündigen.

Eine betriebsbedingte Kündigung muss dabei nicht zwingend auf außerbetriebliche Gründe des Arbeitgebers gestützt werden. Auch unternehmerische Entscheidungen können einen Kündigungsgrund darstellen. Häufig werden von dem Arbeitgeber unternehmerische Entscheidungen wie die Schließung eines Betriebsteils, einer Abteilung oder einer Filiale als betriebsbedingte Kündigungsgründe angeführt.

Unternehmerische Entscheidungen sind für die Gerichte grundsätzlich bindend und werden nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin überprüft. Die Gerichte prüfen lediglich, ob die unternehmerische Entscheidung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist und unvermeidlicher Weise zu einem dauerhaften Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten führt.

Kommt der Arbeitgeber bei der Prüfung einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des jeweiligen Arbeitnehmers zu einem negativen Ergebnis, hat er eine korrekte Sozialauswahl vorzunehmen.

Allerdings werden in Ausnahmefällen die zur betriebsbedingten Kündigung führenden unternehmerischen Entscheidungen des Arbeitgebers dennoch überprüft. Beinhaltet die unternehmerische Entscheidung nämlich die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes, prüfen die Arbeitsgerichte die Nachhaltigkeit und die organisatorische Durchsetzbarkeit dieser unternehmerischen Entscheidung. Ein solcher  Ausnahmefall lag dem LAG Köln zur Entscheidung vor.

Entscheidung des LAG Köln

Die beklagte Arbeitgeberin beschäftigt bundesweit etwa 200 Mitarbeiter an diversen Standorten und betreibt ein Dienstleistungsunternehmen für interaktive Messe- und Marktauftritte.

Der Kläger war in einer leitenden Position tätig und genoss nach dem Kündigungsschutzgesetz allgemeinen Kündigungsschutz. Ihm waren u.a. organisatorische Aufgaben sowie die Leitung des ihm unterstellten Teams aus 20 Mitarbeitern  zugewiesen.

Die beklagte Arbeitgeberin  stützte die ausgesprochene Kündigung auf eine unternehmerische Entscheidung, die insbesondere den Abbau der Führungsebene in einer bestimmten Abteilung beinhaltete. Eine Begründung fand u.a. diese Entscheidung in dem Umstand, dass die Aufgaben der abzubauenden Führungsebene zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs teilweise durch einen anderen Bereichsleiter mitbearbeitet worden sind.

Die erste Instanz hat dem Kündigungsschutzantrag stattgegeben und die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits verurteilt. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Beklagte ihre Kündigung nicht auf außerbetriebliche Umstände stützen könne, da weder ersichtlich sei, aufgrund welcher Auftrags- und Personalplanungen sie von einem dauerhaften Auftragsrückgang ausgehe, noch, inwieweit ein Umsatzrückgang den Wegfall von Beschäftigungsbedürfnissen zur Folge habe.

Die beklagte Arbeitgeberin rügte sodann mit ihrer Berufung insbesondere, dass das Arbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers für eine durch Auftragsrückgang bedingte Kündigung zu hoch angesetzt habe.

Das LAG Köln teilte die Rechtsauffassung der ersten Instanz und wies die Berufung als unbegründet ab. Die Beklagte konnte – so das LAG Köln – nicht darlegen, dass der Abbau der Leitungsebene durch Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes (unternehmerische Entscheidung) organisatorisch durchführbar und zeitlich nachhaltig ist.

Die Entscheidung des LAG Köln verdeutlicht, dass der Arbeitgeber im gerichtlichen Verfahren präzise darlegen und erläutern muss, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die vom gekündigten Arbeitnehmer bisher ausgeübten Tätigkeiten zukünftig entfallen. Zudem muss der Arbeitgeber anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen (im Rahmen einer vertraglich geschuldeten Arbeitszeit) erledigt werden können.

Fazit

Das Urteil des LAG Köln knüpft inhaltlich an die Rechtsprechung des BAG vom 24.5.2012 – 2 AZR 124/11 an. Durch die erhöhte Darlegungslast des Arbeitgebers im Falle betriebsbedingter Kündigungen von einzelnen leitenden Angestellten wird zu Recht dem Kündigungsschutz Rechnung getragen. Zutreffend stellt das Gericht fest, dass die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers, eine konkret definierte Stelle zu streichen, gleichbedeutend mit einer Kündigungsentscheidung ist. Andernfalls würde der betroffene leitende Angestellte faktisch keinen Kündigungsschutz genießen, wäre eine solche unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers nicht gerichtlich voll überprüfbar.

Es verbleibt allerdings weiterhin unklar, wie hoch die Darlegungslast des Arbeitgebers für die vom Gericht aufgestellten Prüfungsmaßstäbe der Nachhaltigkeit und organisatorischen Durchführbarkeit ist. Der Arbeitgeber ist folglich gut beraten, detailliert und präzise darzulegen, welcher verbleibende Arbeitnehmer die konkreten Arbeiten der betriebsbedingt gekündigten leitenden Angestellten übernehmen wird.