Alle ruhig bleiben, es ist endlich so weit: Der Bundesgerichtshof hat das langersehnte Urteil zu der Frage, wann Influencer*innen ihre Postings in sozialen Medien, wie beispielsweise Instagram, die mit sog. „Tap Tags“ versehen sind, als Werbung kennzeichnen müssen. „Tap Tags“ sind Markierungen, die beim Anklicken von auf den Bildern zu sehenden Produkten (i.d.R. Bekleidung oder Kosmetikprodukte) erscheinen und die Hersteller oder Anbieter dieser Produkte nennen. Klickt man auf einen solchen „Tap Tag“, wird man auf die Instagrampräsenz des Unternehmens weitergeleitet.
Beklagte in den verbundenen Verfahren sind die Influencerinnen Cathy Hummels, Leonie Hanne und Luisa-Maxime Huss. Diese waren vom Verband Sozialer Wettbewerb e.V. wegen Schleichwerbung auf Unterlassung in Anspruch genommen worden.
Was hat der BGH entschieden?
Zunächst stellte der Gerichtshof fest, dass „Tap Tags“ an sich keine Werbung darstellen. Erforderlich sei vielmehr ein „werblicher Überschuss“, dieser sei aber bereits dann gegeben, wenn auf die Hersteller des abgebildeten Produkts verwiesen werde.
Gegen Luisa-Maxime Huss erging eine nachteilige Entscheidung. Für einen Beitrag über Himbeermarmelade erhielt diese eine Gegenleistung. Weil Influencer*innen für den BGH grds. geschäftlich handeln und mit ihren Beiträgen zu Fitness, Lifestyle oder Reisen ihre eigene „Brand“ fördern, liegt eine Geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor. Der Beitrag sei zudem nicht deutlich genug als Werbung gekennzeichnet gewesen. Er könne Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung – nämlich dem Anklicken des auf das Instagram-Profil des Herstellers führenden Links – veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.
Cathy Hummels und Leonie Hanne wiederum hatte mit ihrer Revision Erfolg. Sie hatte in einem Beitrag auf ein Stofftier hingewiesen, dass Nutzer über mehrere Klicks zum Hersteller führte. Da sie aber keine Gegenleistung von diesem Unternehmen erhalten hatte, bestand nach Aussage des Gerichts keine Kennzeichnungspflicht. Denn unzulässige Schleichwerbung setze gerade eine solche grundsätzlich voraus. Ohne Gegenleistung sei eine unzulässige Schleichwerbung nur anzunehmen, wenn der fragliche Beitrag „nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, etwa weil er ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlässt.“ Dies war aber hier nicht der Fall.
Durchaus überraschend und daher hervorzuheben ist ferner die Aussage des Gerichtshofs, dass die §§ 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, 22 Abs. 1 Satz 1 MStV gegenüber § 5a Abs. 6 UWG eine vorgehende Spezialregelung darstellen.
Wie geht es weiter?
Die Entscheidung des BGH hat mehr Klarheit für die Geltung des momentanen UWG für die deutschen Influencer*innen geschaffen. Die Entscheidung steht auch weitgehend im Einklang, mit dem ab Mitte 2022 geltenden § 5a Abs. 4 Satz 2 UWG, bei dem der Gesetzgeber ebenfalls auf ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung für die ggf. irreführende Handlung von einem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt.