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Nun ist es offiziell: das Cannabisgesetz (CanG) wird in der am 23. Februar 2024 vom Bundestag beschlossenen Fassung in Kraft treten. Nachdem auch der Bundesrat das CanG am vergangenen Freitag billigte, wurde es gestern von Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig – stellvertretend für den derzeit im Urlaub weilenden Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier – unterzeichnet und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die zwischenzeitige Hysterie um einschneidende Nachbesserungsverlangen oder sogar ein gänzliches Ausbremsen des Vorhabens im Vermittlungsausschuss ist verpufft; ebenso wenig fruchtete der CDU-Appell in Richtung des Bundespräsidenten, das Gesetz nicht zu unterzeichnen.

Was die Legalisierung für den Besitz, Eigenanbau und den gemeinschaftlichen Anbau in sogenannten „Cannabis Social Clubs“ bedeutet, fassen wir in diesem kurzen Überblick zusammen.

     I. Ab April 2024: Legalisierung von Besitz und Eigenanbau

Das CanG tritt stufenweise in Kraft. Die ersten Regelungen, insbesondere diejenigen des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) zur Entkriminalisierung des Besitzes von Cannabis und zum Eigenanbau, werden bereits am 1. April 2024 wirksam. Erwachsene dürfen zu Hause künftig bis zu 50 Gramm Cannabis besitzen und bis zu drei Pflanzen im Eigenanbau anbauen. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Pflanzen vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche geschützt sind. Außerhalb der Wohnung können 25 Gramm Cannabis transportiert werden. Der Konsum ist in „Sichtweite“ bestimmter öffentlicher Orte untersagt, das gilt z.B. hinsichtlich Schulen, Kinderspielplätzen und öffentlich zugänglichen Sportstätten. Die Sichtweite ist jedenfalls bei mehr als 100 Metern Abstand (Luftlinie) nicht mehr gegeben.

     II. Ab Juli 2024: Cannabis Social Clubs dürfen loslegen

Der gemeinschaftliche Anbau von Cannabis in einem Cannabis Social Club mit bis zu 500 Mitgliedern wird ab dem 1. Juli 2024 erlaubt sein. Von dem selbst angebauten Cannabis dürfen bis zu 25 Gramm pro Tag und bis zu 50 Gramm pro Monat zum Eigenkonsum an Mitglieder im Alter von über 21 Jahren abgeben werden; bei Mitgliedern im Alter von 18 bis 21 Jahren ist die monatliche Abgabe auf 30 Gramm Cannabis mit einem THC-Gehalt von maximal 10 Prozent begrenzt. Darüber hinaus dürfen Social Clubs selbst gewonnenes Vermehrungsmaterial (Samen und Stecklinge) an Mitglieder, andere Vereine und erwachsene Nichtmitglieder abgeben. Mehr zu den Privilegien der Social Clubs, aber auch zu den Auflagen für den Anbau(-ort), die Dokumentation, Qualität und die Abgabe von Cannabis in den Social Clubs haben wir in diesem Beitrag vom 6. Juni 2023 zusammengefasst.

Die auf nicht-gewinnorientierter, nichtgewerblicher Basis arbeitenden Social Clubs können entweder als eingetragene Vereine oder als eingetragene Genossenschaften strukturiert sein. Welche Vor- und Nachteile die beiden Rechtsformen mit sich bringen, warum wir in aller Regel zu einem e.V. raten und welche Schritte zur Gründung eines Social Clubs notwending sind, können sie in diesem Beitrag nachlesen.

Wichtig: für den gemeinschaftlichen Anbau von Cannabis in einem Social Club ist die Beantragung einer Anbauerlaubnis zwingend erforderlich. Frühestens mit dem Inkrafttreten der zweiten Stufe des CanG am 1. Juli 2024 werden die zuständigen Behörden den Anbau erlauben. Allerdings ist die Gründung einer Anbauvereinigung bereits jetzt möglich und sollte – wenn man möglichst frühzeitig losgärtnern möchte – auch zeitnah angegangen werden. Hierbei unterstützen wir Sie gerne!

     III. Protokollerklärung: wird noch vor dem 1. Juli 2024 zurückgerudert?

In der Hitze des Gefechts sah sich der Bundesgesundheitsminister Prof. Lauterbach gezwungen, mit einer Protokollerklärung und darin versprochenen späteren Änderungen am CanG die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat zu verhindern. Kaum ist die Legalisierung beschlossen, sorgt diese Protokollerklärung für neue Ungewissheiten. Doch was ist da dran?

In dem auf den 20. März 2024 datierten Papier heißt es unter anderem, dass anstelle der – derzeit nach dem Gesetz vorgesehenen – jährlichen Kontrollen der Anbauvereinigungen durch die Überwachungsbehörden nur noch „regelmäßige“ Kontrollen vorgesehen werden sollen. Ebenso solle klargestellt werden, dass nicht eine Vielzahl von Anbauvereinigungen Anbauflächen am selben Ort bzw. im selben Objekt betreiben dürfen, damit keine kommerziellen „Plantagen“ entstehen. Bisher ergibt sich aus dem KCanG bzw. der dazugehörigen Begründung lediglich, dass mehrere Anbauvereinigungen eine Anbaufläche gemeinsam bewirtschaften dürfen, solange eine Abgrenzung erkennbar und eine zweifelsfreie Zuordnung der Pflanzen und Erträge möglich ist. Zuletzt solle klargestellt werden, welche Tätigkeiten nicht an gewerbliche Anbieter ausgelagert werden dürfen. Grundsätzlich gilt nach dem KCanG, dass alle unmittelbar mit dem gemeinschaftlichen Eigenanbau sowie der Weitergabe von Cannabis verbundenen Tätigkeiten nur durch Mitglieder erbracht werde dürfen, eine Beauftragung Dritter (Dienstleister) z.B. mit der Qualitätssicherung, Dokumentation, Buchhaltung, Reinigung, Sicherheit, Durchführung von Schulungen etc. aber erlaubt ist. Jedoch solle durch eine dahingehende Klarstellung vermieden werden, dass „etwaige Vertragspartner bei der Anmietung von Objekten zum Zwecke des Anbaus zugleich Vermieter, Energielieferant oder die für Objektsicherheit verantwortliche Personen sein können“.

Abschließend heißt es in der Protokollerklärung, dass diese Regelungen noch vor dem 1. Juli 2024 bundesrechtlich zu verankern seien. Allerdings: rechtlich verbindlich ist so eine Protokollerklärung nicht. Politische Beobachter vermuten darin einen klugen Schachzug des Bundesgesundheitsministers, mit welchem einige bis dato zweifelnde Landesvertreter von einer Zustimmung zur Anrufung des Vermittlungsausschusses abgebracht worden seien, der jedoch keinerlei Konsequenzen nach sich ziehe. Tatsächlich darf eine Umsetzung dieser Versprechen gerade auch angesichts des letztendlich sehr deutlichen Abstimmungsergebnisses im Bundesrat (12:4 Stimmen gegen eine Anrufung des Vermittlungsausschusses) durchaus bezweifelt werden.

Auch wenn die Protokollerklärung aus Sicht einer Anbauvereinigung eher Detailfragen betrifft und die Umsetzung der darin versprochenen Änderungen in den Sternen steht, bleibt dem interessierten Beobachter damit doch die für dieses Gesetzesvorhaben charakteristische Spannung zumindest ein Stück weit erhalten.