Mit Urteil vom 20.06.2024 (Az. 8 AZR 124/23) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die bloße Äußerung der Befürchtung eines Datenmissbrauchs nach einer zunächst unterlassenen Auskunft gem. Art. 15 DSGVO, nicht für die Begründung eines immateriellen Schadensersatzanspruchs nach der DSGVO ausreichend ist.
Hintergrund
Die bei der Beklagten beschäftige Klägerin verlangte, im Rahmen von Gesprächen über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses, Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Die Erteilung der Auskunft lehnte die Beklagte ab.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses machte die Klägerin einen Anspruch auf Auskunft und Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO in Höhe von mindestens 5.000,00 EUR geltend. Diesen Anspruch stützte die Klägerin darauf, dass sie wegen der Verweigerung der Erteilung der Auskunft keinerlei Möglichkeit der Überprüfung der Datenverarbeitung gehabt und daher ein Kontrollverlust erlitten habe.
Im Laufe des Prozesses erteilte die Beklagte schließlich die Auskunft. Das Schadensersatzverlangen der Klägerin blieb allerdings bestehen.
Das Arbeitsgericht sprach der Klägerin immateriellen Schadensersatz in Höhe von 4.000,00 EUR zu und wies die Klage im Übrigen ab. Die Berufung der Beklagten führte dazu, dass das Landesarbeitsgericht die Klage vollumfänglich abwies. Diese Entscheidung wurde nun durch das Bundesarbeitsgericht bestätigt.
Die Entscheidung des BAG
Das Bundesarbeitsgericht hat einen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO verneint.
Auf die Rechtsprechung des EuGH verweisend hält das BAG zunächst fest, dass die durch einen Verstoß gegen die DSGVO ausgelöste Befürchtung einer betroffenen Person, ihre personenbezogenen Daten könnten von Dritten missbräuchlich verwendet werden, für sich genommen einen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO darstellen kann. Allerdings reiche ein rein hypothetisches Risiko der missbräuchlichen Verwendung nicht aus, um einen derartigen Anspruch zu bejahen. Vielmehr müsse die Befürchtung vom Gericht als begründet angesehen werden. Als Maßstab sei an dieser Stelle unter anderem die objektive Bestimmung des Missbrauchsrisikos der Daten von Bedeutung.
Im Hinblick auf Art. 15 DSGVO erinnert das BAG daran, dass der Auskunftsanspruch der Durchsetzung von Rechten und ggf. der Inanspruchnahme von Rechtsmitteln dient und stellt klar:
„Die Nichterfüllung des Auskunftsanspruchs löst geradezu zwangsläufig die Sorge eines Verstoßes gegen sonstige Verpflichtungen aus der Datenschutz-Grundverordnung aus. Wäre das Berufen auf solche Befürchtungen jedoch für die Annahme eines Schadens bereits ausreichend, würde jeder Verstoß gegen Art. 15 DSGVO (…) praktisch in jedem Fall zu einem immateriellen Schaden führen. Die eigenständige Voraussetzung des Schadens würde damit bedeutungslos. Sie wäre stets erfüllt. Dies ist jedoch mit dem Normverständnis des Gerichtshofs von Art. 82 Abs. 1 DSGVO ebenso wenig zu vereinbaren wie mit den Anforderungen des nationalen Prozessrechts, das die substantiierte Darlegung eines Schadens verlangt.“
Bei Anwendung der genannten Grundsätze auf den hiesigen Fall, hebt das Gericht erneut hervor, dass dem Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO keine Straffunktion zukommt, sondern den Ausgleich eines erlittenen Schadens bezwecken soll. Dieser Schaden wurde von der beweisbelasteten Klägerin nicht ausreichend dargelegt. So reiche die Darlegung besonderer Spannungen mit dem Auskunftsverpflichteten, hier anhand einer vorsätzlichen Verweigerung der Auskunft seitens der Beklagten, nicht aus, um einen immateriellen Schaden zu belegen.
Fazit
Die Entscheidung des BAG verdeutlicht, dass es zwar keine Bagatellgrenze gibt, nach der ein erlittener Nachteil spürbar sein muss, umso höher sind jedoch die Anforderungen an die Darlegungspflicht der betroffenen Person. Diese muss den Schaden detailliert und nachvollziehbar darlegen.
Das Urteil stärkt die Position von Arbeitgebern, die sich Schadensersatzansprüchen von Arbeitnehmern ausgesetzt sehen. Die Entscheidung schmälert den drohenden Charakter des Auskunftsanspruchs gem. Art. 15 DSGVO, dem sich Arbeitnehmer zunehmend leichtfertig bedienen, ohne dabei die Bedeutung dessen herabzusetzen.