Seit dem Anschlag auf den Breitscheidplatz 2016 sind die Sicherheitsanforderungen für öffentliche Großveranstaltungen gestiegen. Um die Veranstaltungen und ihre Besucher besser gegen Angriffe zu schützen, verlangen die Genehmigungsbehörden oftmals den Einsatz schwerer Barrieren, um das Hineinfahren mit Fahrzeugen zu verhindern.
Dass eine solche Anordnung – zumal auf Kosten des Veranstalters – zu weit geht, hat das Verwaltungsgericht am 14.8.2019 – VG 24 K 301.18 – für den Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Charlottenburg entschieden. Wie sich aus der Pressemitteilung vom 30.8.2019 ergibt, durfte das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin die Erteilung einer grünanlagenrechtlichen Genehmigung für den Weihnachtsmarkt 2018 vor dem Schloss Charlottenburg nicht davon abhängig machen, dass der Veranstalter auf eigene Kosten Maßnahmen zur Terrorabwehr trifft.
Im Jahr 2018 hatte die Klägerin zum wiederholten Male beim Bezirksamt die Erteilung einer grünanlagenrechtlichen Genehmigung zur Durchführung des Weihnachtsmarktes vor dem Schloss Charlottenburg beantragt. Die Behörde forderte die Klägerin daraufhin auf, ein Sicherheitskonzept einzureichen, welches auch den „Grundschutz gegen das unbefugte Befahren der Veranstaltungsfläche mittels Kraftfahrzeugen“ umfassen sollte. Nach dem Scheitern außergerichtlicher Einigungsbemühungen reichte die Klägerin „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ ein entsprechendes Sicherheitskonzept ein, nach welchem sie in Absprache mit der Berliner Polizei auf eigene Kosten einen „Grundschutz gegen Hochgeschwindigkeitseinfahren von Fahrzeugen“ durch Aufstellung von Barrieren gewährleistet. Daraufhin erteilte die Behörde die Genehmigung mit der Maßgabe, dass das Sicherheitskonzept umgesetzt wird. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin geltend, die Genehmigung habe ohne Belastung erteilt werden müssen.
Die 24. Kammer des Verwaltungsgerichts gab der Klage statt. Die Klägerin sei durch den Bescheid beschwert, auch wenn sie sich im Vorfeld bereit erklärt habe, auf eigene Kosten Barrieren aufzustellen. In der Sache fehle es an einer Rechtsgrundlage für die von der Behörde verfügte Maßgabe. Zwar mache das Grünanlagengesetz Berlin die Genehmigungserteilung von einem überwiegenden öffentlichen Interesse abhängig; als solches Interesse sei aber hier die abstrakte Gefahr von Terroranschlägen nicht anzusehen. Vielmehr sei deren Abwehr grundsätzlich Aufgabe des Staates. Die Heranziehung privater Dritter hierzu erfordere eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage. Die Genehmigung hätte deshalb auch nicht allein mit der Begründung versagt werden können, der Bezirk müsse infolge der Genehmigungserteilung die Maßnahmen zur Terrorabwehr ansonsten aus eigenen finanziellen Mitteln bestreiten, während der Betreiber den Weihnachtsmarkt gewerbsmäßig betreibe.
Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.
Die Entscheidung kommt nicht überraschend nachdem die Kammer zu diesem Ergebnis bereits am 28.11.2017 im Rahmen einer Eilentscheidung gelangt ist.
Erfreulich an dieser Entscheidung ist, dass der auch schon von uns beobachteten Verwaltungspraxis ein Riegel vorgeschoben wird. Um ihre Vorstellungen von Sicherheit durchzusetzen, verlangen Genehmigungsbehörden von den Veranstaltern bislang die Vorlage eines Sicherheitskonzeptes. Wird dieses nicht für ausreichend erachtet, müssen die Veranstalter so lange nachbessern, bis es der Genehmigungsbehörde oder den beteiligten Behörden mit Sicherheitsaufgaben genügt (siehe hierzu: Zaunanlagen gegen öffentliche Großveranstaltungen in Berlin?).
Dass Sicherheit, insbesondere bei Großveranstaltungen im öffentlichen Raum, unverzichtbar ist und Behörden und Veranstalter alles ihnen mögliche und zumutbare unternehmen müssen, um die Sicherheit der Besucher zu gewährleisten, ist unbestritten.
Im Interesse der Betreiber und vor allem auch der Besucher sollte endlich klargestellt werden, welche Pflichten die Betreiber und welche Befugnisse die Genehmigungsbehörden zukünftig haben sollen. In jedem Fall muss verhindert werden, dass der Schutz vor Terroranschlägen darunter leidet, dass der Staat seine Aufgaben nicht erfüllt und stattdessen versucht, sie auf die Veranstalter von Weihnachtsmärkten und anderen Events zu schieben.