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Seit 2014 streiten sich das Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne, der Wirtschaftsverband der Champagner-Produzenten und Champagner-Häuser, und Aldi Süd um die Bezeichnung „Champagner Sorbet“. „Champagner“ genießt als geographische Ursprungsbezeichnung in der EU markenrechtlichen Schutz. So darf z.B. in Deutschland hergestellter Sekt in Flaschengärung aufgrund der Herkunft der Trauben nicht Champagner genannt werden.

Unter der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ vertrieb Aldi Süd ein Sorbet mit einem Champagneranteil von 12%. Champagner bezeichnete daher nur die Zutat eines Lebensmittels. Das LG und das OLG München lehnten eine unlautere Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagner“ ab (OLG München, Urt. v. 16.10.2014, 29 U 1698/14 – Tz. 37, juris). Der BGH legte schließlich dem EUGH die Frage vor (BGH, Beschl. v. 2.6.2016, I ZR 268/14 – Champagner Sorbet), ob der Anwendungsbereich der unlauteren Rufausnutzung einer geographischen Ursprungsbezeichnung eröffnet ist, wenn die geschützte Ursprungsbezeichnung (zutreffend) die Zutat eines Lebensmittels bezeichnet. (Lesen Sie hierzu unseren Beitrag.)

Geschützte Ursprungsbezeichnungen für Weine sollen Entstehung von Gattungsbezeichnungen verhindern

Nach Auffassung des Generalanwalts des EuGH liegt ein unberechtigtes Ausnutzen einer geschützten Ursprungsangabe vor, wenn auf Seiten des Verwenders kein berechtigtes Interesse besteht, das die Verwendung in der kommerziellen Präsentation rechtfertigt. Der Umstand, dass die Bezeichnung „Champagner Sorbet“ in einem oder mehreren Mitgliedsstaaten gewöhnlich zur Bezeichnung eines Sorbets diene, begründe kein berechtigtes Interesse an der Verwendung. Schließlich bestehe eines der Hauptziele des Schutzes der geschützten Ursprungsbezeichnung für Weine darin, zu verhindern, dass diese zu Gattungsbezeichnungen würden. Denn Gattungsbezeichnungen ist der Schutz als Ursprungsbezeichnung oder geographische Angabe gerade versagt (Schlussanträge des Generalanwalts vom 20.07.2017, C-393/16 – Tz. 66 f., juris).

Hierin widersprach der Generalanwalt des EuGH dem OLG München. Dieses hatte Aldi Süd ein berechtigtes Interesse anerkannt, das „Produkt entsprechend den Bezeichnungsgewohnheiten im Verkehr zu benennen“ (OLG München, Urteil vom 16. Oktober 2014 – 29 U 1698/14 –, Tz. 37, juris).

EuGH: „Champagner Sorbet“ muss nach Champagner schmecken

Zunächst stellte der EuGH fest, dass der Anwendungsbereich der unlauteren Rufausnutzung einer geschützten Ursprungsbezeichnung eröffnet ist, wenn die geschützte Ursprungsbezeichnung (zutreffend) die Zutat eines Lebensmittels bezeichnet (EuGH, Urteil vom 20.12.2017, C-393/16 – Tz. 35 f., juris).

Entgegen der Auffassung des OLG München sei für eine unlautere Rufausnutzung irrelevant, ob die Bezeichnung den Gewohnheiten der angesprochenen Verkehrskreise für die Bezeichnung des betreffenden Lebensmittels entspricht, da andernfalls geschützte Ursprungsangaben zu Gattungsbezeichnungen würden (EuGH aaO Tz. 47 f.).

Für die unlautere Rufausnutzung der geschützten Ursprungsbezeichnung komme es ausschließlich darauf an, ob unberechtigt von ihrem Ansehen profitiert werden soll. Dies treffe im hiesigen Fall zu, wenn die Zutat dem Lebensmittel keine wesentliche Eigenschaft verleiht. Die wesentliche Eigenschaft der Zutaten von Lebensmitteln sind Geschmack und Aroma. Wesentliche Eigenschaft des „Champagner Sorbet“ muss dementsprechend ein Geschmack sein, der hauptsächlich durch Vorhandensein der Zutat „Champagner“ in seiner konkreten Zusammensetzung hervorgerufen wird. Dies zu prüfen sei nun Aufgabe des nationalen Gerichts (EuGH aaO Tz. 51 ff.).