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Regelmäßig kommt es vor, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer per Einwurf-Einschreiben kündigen. Dabei besteht für den Arbeitgeber allerdings das Risiko, den Zugang der Kündigung nicht beweisen zu können, sobald der Arbeitnehmer in einem Kündigungsschutzprozess schlichtweg behauptet, die Kündigung nie erhalten zu haben. Gelingt es dem Arbeitgeber nicht den Beweis zu führen, dass die Kündigung dem Arbeitnehmer tatsächlich zugegangen ist, wird die Kündigung als nicht existent behandelt und das Arbeitsverhältnis besteht fort.

Im Folgenden wird die Rechtslage zum Anscheinsbeweis beim Einwurf-Einschreiben und ihre Bedeutung für den Arbeitgeber, sowie welche alternativen Möglichkeiten für die Zustellung einer Kündigung in Betracht kommen.

Worum geht es?

Eine Kündigung, die per Einwurf-Einschreiben versendet wird, wird wie eine sog. Willenserklärung gegenüber Abwesenden gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) behandelt. Danach wird die Kündigung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Arbeitnehmer tatsächlich zugeht. Das ist der Fall, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass er Kenntnisnehmen kann und unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.

Bestreitet der Arbeitnehmer in einem etwaigen Kündigungsschutzprozess den Zugang der Kündigung, indem er behauptet, das Einwurf-Einschreiben nicht erhalten zu haben, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die Kündigung dem Arbeitnehmer zugestellt wurde und auch tatsächlich zugegangen ist.

Zwar weist der dem Einwurf-Einschreiben zugrundeliegende sog. Einlieferungsbeleg aus, dass die Kündigung bei der Post zum Versand aufgegeben wurde, nicht jedoch, dass auch eine Zustellung und mithin ein möglicher Zugang der Kündigung bei dem Arbeitnehmer erfolgte. Allerdings werden Einwurf-Einschreiben mit der Tagespost in den Hausbriefkasten des Empfängers eingeworfen, wobei der Einwurf von dem Mitarbeiter der Deutschen Post AG mit einer genauen Datums- und Uhrzeitangabe in einem sog. Auslieferungsbeleg dokumentiert wird.

Legt der Arbeitgeber neben dem Einlieferungsbeleg auch den (reproduzierten) Auslieferungsbeleg zu der Sendungsnummer des Einwurf-Einschreibens vor, wird in der Rechtsprechung mittlerweile überwiegend vertreten, dass dieses Zusammenspiel von Einlieferungs- und Auslieferungsbeleg den ersten Anschein dafür begründet, dass die Kündigung dem Arbeitnehmer zugestellt wurde.

Das bedeutet, dass nicht mehr der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang der Kündigung trägt, sondern der Arbeitnehmer muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, die die Möglichkeit eines anderen (atypischen) Geschehensablaufs im Einzelfall begründen. Ein Beweis des Gegenteils wird jedoch nicht verlangt.

Wie ist die Rechtslage?

Streitig ist, ob der Einlieferungsbeleg zusammen mit der Reproduktion des Auslieferungsbelegs den Beweis des ersten Anscheins dafür begründet, dass die Kündigung durch Einlegen in den Briefkasten zugegangen ist.

Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung geht davon aus, dass bei Absendung eines Einwurf-Einschreibens der Beweis des ersten Anscheins für dessen Zugang spreche, jedenfalls eine starke Indizwirkung bestehe, wenn zusätzlich zu dem Einlieferungsbeleg der Auslieferungsbeleg der Sendung bzw. die Reproduktion des Auslieferungsbelegs vorgelegt wird (LAG Rostock 12.03.2019 – 2 Sa 139/18, LAGE § 130 BGB 2002 Nr. 11; OLG Saarbrücken 20.03.2017, 68; LAG Mecklenburg-Vorpommern 12.03.2019 – 2 Sa 139/18; LAG Schleswig-Holstein 18.01.2022 – 1 Sa 159/21; LAG Rheinland-Pfalz 17.09.2019 – 8; Sa 57/19; LAG Hamm 05.08.2009 – 3 Sa 1677/08). Voraussetzung ist, dass die Sendungsnummer auf dem Einlieferungs- bzw. Auslieferungsbeleg identisch ist, der Name des Mitarbeiters der Deutschen Post AG, der das Einwurf-Einschreiben in den Briefkasten eingeworfen hat, aufgeführt ist und dass er den Beleg handschriftlich unterzeichnet hat.

Nach älterer Rechtsprechung dokumentiere der Auslieferungsbeleg lediglich, dass die unterzeichnende Person einen Auslieferungsbeleg erstellt habe. Diese Rechtsprechung sei u. a. nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 12.03.2019 – 2 Sa 139/18) im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH 27. September 2016 – II ZR 299/15 – NJW 2017, 68 Randnummer 33) überholt. Danach streitet für den Absender beim Einwurf-Einschreiben nach Vorlage des Einlieferungsbelegs zusammen mit der Reproduktion des Auslieferungsbelegs der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Sendung durch Einlegen in den Briefkasten bzw. das Postfach zugegangen ist. Das wurde zwar für § 21 Abs. 1 GmbHG so entschieden. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern vertritt jedoch die Auffassung, dass diese Rechtsprechung auf den streitigen Zugang einer Arbeitgeberkündigung beim Arbeitnehmer übertragbar sei.

Ohne Anhaltspunkte dafür, dass es bei Auslieferung der Kündigung zu fahrlässigem oder vorsätzlichem Fehlverhalten bei der Herstellung des Auslieferungsbelegs gekommen ist, gebe es auch keinen vernünftigen Grund zu zweifeln, dass der Mitarbeiter der Deutschen Post AG, wie in dem Dokument durch Vordruck bescheinigt, die Sendung mit der dort bezeichneten Sendungsnummer zur Auslieferung gebracht hat.

Der bloße Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer die Kündigung nie erhalten habe, ist nicht erheblich, da es für den Zugang der Kündigung ausreicht, wenn die Sendung in den Briefkasten eingelegt wurde. Ob der Sendungsempfänger die Sendung von dort an sich genommen und dann auch tatsächlich zur Kenntnis genommen hat, ist dagegen unerheblich.

Wenn der Arbeitnehmer den Anscheinsbeweis des Zugangs der Kündigung erschüttern möchte, muss er sich näher zu dem Briefkasten an seiner Wohnung einlassen und zwar in der Gestalt, dass über den Briefkasten häufig eingeschriebene Post eingeht und dabei noch nie eine Sendung verloren gegangen ist, da der Briefkasten regelmäßig und zuverlässig geleert werde.

Alternative Zustellungsmöglichkeiten

(1) Persönliche Übergabe

Neben der postalischen Zustellung einer Kündigung kommt eine persönliche Übergabe der Kündigung im Original an den Arbeitnehmer am Arbeitsplatz in Betracht.

Dabei sollte der Zugang der Kündigung auf einer Kopie der Kündigung durch Unterschrift des Arbeitnehmers bestätigt werden. Weigert sich der Arbeitnehmer zu unterschreiben, sollte die Übergabe der Kündigung in einem Protokoll dokumentiert werden. Daraus sollte hervorgehen, wer die Kündigung wann, wo und mit wemübergeben hat. Zur Sicherheit sollte ein Zeuge hinzugezogen werden, der sowohl die Übergabe bestätigen kann, als auch den Inhalt des Protokolls.

(2) Per Boten

Sollte eine persönliche Übergabe am Arbeitsplatz nicht möglich sein, kann die Kündigung am Wohnort des Arbeitnehmers mittels Boten übergeben oder in den Briefkasten des Arbeitnehmers geworfen werden.

Entscheidend ist, dass der Bote (z. B. Mitarbeiter oder externer Botendienst) die im Original unterschriebene Kündigung gesehen hat und bezeugen kann, dass die Kündigung in den Briefumschlag gelegt wurde, den der Bote am Wohnort des Arbeitnehmers dem Arbeitnehmer übergeben oder in den Briefkasten geworfen hat. Für den Nachweis des Zugangs erstellt der Bote ein Protokoll, dass er anwesend war, als die Kündigung im Original in den Briefumschlag gelegt wurde und wann und wo er die Kündigung übergeben/eingeworfen hat.

(3) Einfacher Brief

Bei einer einfachen Briefzustellung wird die Kündigung in den Briefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen.

Dabei besteht das erhebliche Risiko, dass der Zugang der Kündigung bei dem Arbeitnehmer nicht rechtssicher nachgewiesen werden kann. Es besteht zu Gunsten des Arbeitnehmers auch keine Vermutung für den Zugang, da es nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht unwahrscheinlich ist, dass Briefsendungen unterwegs verloren gehen.

(4) Übergabe-Einschreiben (mit Rückschein)

Mittels Übergabe-Einschreiben (mit Rückschein) wird dem Arbeitnehmer die Kündigung nur gegen seine Unterschrift ausgehändigt. Sollte er zum Zeitpunkt der Zustellung nicht anzutreffen sein oder seine Unterschrift verweigern, hält die Deutsche Post AG die Sendung innerhalb einer Frist von 7 Werktagen, beginnend mit dem Tag, der auf die versuchte Erstablieferung folgt, zur Abholung bereit. Dem Arbeitnehmer wird ein Benachrichtigungsschein in dem Briefkasten hinterlegt, dass eine Einschreibesendung bei der Post zur Abholung bereitliegt.

Bei dieser Variante ist problematisch, dass der Zugang erst mit der Unterschrift des Arbeitnehmers bewirkt wird. Sollte der Arbeitnehmer die Sendung nicht abholen, weil er bspw. mit einer Kündigung rechnet, geht dies zu Lasten des Arbeitgebers. Es besteht auch keine Pflicht des Arbeitnehmers zum Abholen des Schreibens. In dem Fall erfolgt grundsätzlich kein Zugang der Kündigung.

(5) Einwurf-Einschreiben

Sobald der Arbeitgeber die Kündigung als Einwurf-Einschreiben bei der Deutschen Post AG aufgibt, erhält er einen Einlieferungsbeleg aus dem hervorgeht, wann er den Auftrag erteilt hat. Die Zustellung erfolgt sodann durch Einwurf in den Hausbriefkasten mit der Tagespost und wird von dem Mitarbeiter der Deutschen Post AG unter Datums- und Uhrzeitangabe auf den zu der Sendungsnummer gehörigen Auslieferungsbeleg dokumentiert und unterschrieben.

Nach neuerer Rechtsprechung begründet der Einlieferungsbeleg zusammen mit dem (reproduzierten) Auslieferungsbeleg zwar einen Anscheinsbeweis, dass die Sendung durch Einlegen in den Briefkasten auch zugegangen ist, sofern das Zustellverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und protokolliert wurde. Ein Anscheinsbeweis stellt allerdings lediglich ein Indiz für die tatsächliche Zustellung dar, den der Arbeitnehmer durch entsprechenden Vortrag erschüttern kann.

Sollte der Arbeitnehmer jedoch nicht (nur) den Zugang der Kündigung bestreiten, sondern auch, dass es sich bei dem Einwurf-Einschreiben um die Kündigung gehandelt habe, muss der Arbeitgeber trotz des Beweis des ersten Anscheins darlegen und beweisen, dass es sich bei dem zur Post in Auftrag gegebenen Einwurf-Einschreiben um die Kündigung im Original handelt.

Diese Tatsache geht auch nicht aus dem Zusammenspiel von Einlieferungs- und (reproduzierten) Auslieferungsbeleg hervor, da lediglich nachgewiesen werden kann, dass dem Arbeitnehmer irgendein Schriftstück zugestellt wurde und nicht zwangsläufig die Kündigung.

Empfehlung

Die rechtsicherste Möglichkeit den Zugang der Kündigung nachweisen zu können, stellt die persönliche Übergabe der Kündigung im Original an den Arbeitnehmer am Arbeitsplatz unter Hinzuziehung eines Zeugen dar.

Sollte dies nicht möglich sein, empfiehlt es sich, einen Boten mit der Zustellung zu beauftragen, da in diesem Fall nicht nur die Zustellung irgendeines Schreibens nachgewiesen werden kann, sondern auch, dass es sich bei der Sendung zweifelsfrei um die Kündigung im Original handelt. Dass die Kündigung zwingend im Original vorliegen muss, ergibt sich aus § 623 BGB, wonach die Kündigung schriftlich zu erfolgen hat, d. h. handschriftlich durch den Arbeitgeber unterschrieben. Eine Kopie oder ein Scan der Kündigung mit originaler Unterschrift reicht nicht aus, da es sich hierbei nur um eine Kopie der ursprünglichen Kündigung handelt (Ausnahme vom Schriftformgebot: „qualifizierte elektronische Signatur“).

Bei beiden Varianten ist es dem Arbeitgeber möglich nachzuweisen, wann dem Arbeitnehmer die Kündigung zugegangen ist und auch, dass es sich bei dem Schriftstück eindeutig um die Kündigung im Original gehandelt hat.