Influencer berichten immer wieder über Abmahnungen wegen der Nutzung urheberrechtlich geschützter Musik. Mit diesen Abmahnungen könnte schon bald Schluss sein. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird demnächst darüber entscheiden, ob die neue urheberrechtliche „Pastiche-Schranke“ der Kunstfreiheit neue Spielräume eröffnet.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich dem EuGH Fragen zum Begriff des „Pastiche“ vorgelegt (Beschluss v. 14.9.2023, Az. I ZR 74/22 – Metall auf Metall V). „Pastiche“ steht seit 2021 im Urhebergesetz (UrhG). Ebenso wie bei einer Karikatur und einer Parodie erlaubt § 51a UrhG die lizenzfreie Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werks, wenn das Werk Teil eines „Pastiche“ ist.
Der Begriff des „Pastiche“ war bislang sowohl der Umgangssprache als auch der deutschen Rechtssprache fremd und sorgt für einige Verwirrung. Allerdings findet man in der Gesetzesbegründung durchaus Handfestes. Als Beispiele werden dort „Praktiken wie Remix, Meme, GIF, Mashup, Fan Art, Fan Fiction oder Sampling“ genannt (BT-Drucks. 19/27426, S. 91).
Der Vorlagebeschluss des BGH zu „Pastiches“ liegt noch nicht vollständig vor. Der Pressemitteilung des BGH lässt sich allerdings entnehmen, dass der BGH ein sehr weites Verständnis des Begriffs erwägt. In der Pressemitteilung heißt es, § 51a UrhG könnte als „Auffangtatbestand“ und als „allgemeine Schranke für die Kunstfreiheit“ zu verstehen sein; dies jedenfalls dann, wenn es um eine „künstlerische Auseinandersetzung“ mit einem Werk geht.
Für Reels und Stories einer Influencerin eröffnet § 51a UrhG somit – im Falle eines positiven Votums des EuGH – die Perspektive, dass die Nutzung von Musiksamples lizenzfrei wird, solange die Musik als Teil eines „Gesamtkunstwerks“ anzusehen ist.
Das zu erwartende EuGH-Urteil kann sich auch auf die „Musik-Richtlinien“ von Instagram und anderen Plattformen auswirken. Dort finden sich nämlich Klauseln, die die Influencer auf den notwendigen Erwerb von Musiklizenzen bei „gewerblichen“ Reels und Stories hinweisen. Sehr zum Ärger mancher Influencerin, die nicht versteht, warum sie schlechte lizenzfreie „Fahrstuhlmusik“ nutzen muss, obwohl Instagram einen großen Katalog qualitativ hochwertiger Musiktitel bereithält. Setzt sich das weite Verständnis des Begriffs des „Pastiche“ durch, wird man auch virale Musik bei Instagram in Zukunft wieder in kommerziellen Reels und Stories finden.