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Um kreative Leistungen in der Modebranche zu schützen, gibt es nicht nur das Recht des Geistigen Eigentums. Auch das Wettbewerbsrecht bietet wichtige Schutzmechanismen, beispielsweise den sogenannten ergänzenden Leistungsschutz.

 

Angesprochen auf zahlreiche Plagiate ihrer Entwürfe, schnippte Coco Chanel abfällig an ihrer Zigarette und antwortete, das größte Kompliment sei es, von der Konkurrenz kopiert zu werden. Nach wie vor ist es jedoch ein zentrales Kernanliegen von Modelabels, ihre Kreationen vor Nachahmungen zu schützen.

Nachahmungen sind grundsätzlich frei, solange sie nicht gegen geistige Eigentumsrechte verstoßen. Das Erscheinungsbild und die äußere Form eines Kleidungsstücks oder Accessoires kann dabei durch verschiedene Rechte geschützt werden.

In Betracht kommt beispielsweise die Registereintragung einer dreidimensionalen Marke. Die Anforderungen an solche sind jedoch hoch. Bei der Anmeldung sind viele formelle Anforderungen zu erfüllen. Insbesondere ist eine Abbildung des zu schützenden Produktes in einer bestimmten Qualität aus mehreren Perspektiven einzureichen. Zudem muss das Produkt so gestaltet sein, dass es erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht, um als Herkunftshinweis dienen zu können. Dieses Thema haben wir in unserem Beitrag zu den Moon Boots behandelt.

Was kann man machen, wenn keine Marke angemeldet wurde? Denkbar ist ein urheberrechtlicher Schutz. Insbesondere bietet es sich jedoch an, über den sogenannten ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutz vorzugehen. Davon handelt der heutige Beitrag .

Der ergänzende wettbewerbliche Leistungsschutz ist geregelt in § 4 Nr. 3 UWG. In diesem Gesetz werden wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verboten. Nach § 4 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer (1) Waren oder Dienstleistungen anbietet, die (2) eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn das nachgeahmte Produkt (3) wettbewerbliche Eigenart aufweist und (4) besondere Umstände vorliegen, aus denen eine Unlauterkeit resultiert.

Hauptfrage ist dabei oft, ob das nachgeahmte Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist. Das ist der Fall, wenn das Produkt wegen seiner konkreten Ausgestaltung geeignet ist, den Verkehr auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Dazu muss sich die Modekreation von anderen Produkten im Marktumfeld so abheben, dass der Verkehr es schon auf Grund seiner Gestaltung einem bestimmten Hersteller zuordnet.

Das ist gerade im schnelllebigen Modesektor nicht ohne Weiteres der Fall. Denn es ist üblich, dass in einer Saison bestimmte Gestaltungen als Trends gehäuft auftreten und auch nachgeahmt werden. So werden für zahllose Kleidungsstücke dieselben Gestaltungselemente wie ausgewaschene Stoffe, besondere Nähte an den Taschen, offene Knopfleisten und sonstige Ziernähte verwendet.

Kleidung und Accessoires können durch ihre Gestaltung auf die betriebliche Herkunft oft nur dann hinweisen, wenn sie in ihrer Gesamtanmutung besonders sind und nach langer Marktpräsenz und umfangreichem Vertrieb mit derselben Gestaltung über mehrere Jahre vom Verkehr wiedererkannt werden. Das kommt nur in Betracht für ein Design, das sich nach langer und intensiver Marktpräsenz als dauerhaft erwiesen hat und nicht nur Teil eines schnelllebigen Trends ist.

Es liegt natürlich nahe, dass nicht jedes Label ein solches Design aufweisen und diesen strengen Voraussetzungen gerecht werden kann.

So weist beispielsweise die Kelly Bag von Hermès wettbewerbliche Eigenart mit hoher Bekanntheit und Marktbedeutung auf. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Handtasche, sondern um ein zeitloses Statussymbol mit einem geradezu mythischen Status in der Modewelt. Sie ist ohne weiteres erkennbar durch ihre besondere Gestaltung, insbesondere wegen dem sich durch die Seiten des trapezartigen Taschenkörpers fädelnden Taschengürtel, welcher die Schließung mit einem Hängeschloss ermöglicht.

Aber man muss nicht immer so hoch stapeln. Ein anderes Beispiel sind die Crocs Schuhe, für die wettbewerbliche Eigenart besteht wegen deren clogartigen Form, dem umklappbaren Fersenriemen, durch den der Schuh als Sandale und Clog getragen werden kann und die Löcher in der Oberseite des Schuhs.

Wenn der Markt jedoch mit ähnlich gestalteten Plagiaten überschwemmt ist, kann die wettbewerbliche Eigenart eines Produktes entfallen. Das ist der Fall, wenn die Ausgestaltung des Originals nicht mehr geeignet ist als Hinweis auf die Herkunft oder die Besonderheiten des Produktes. Wenn der Verkehr aber trotz der Verbreitung von Nachahmungen mit derselben äußeren Gestaltung weiterhin zwischen diesen und dem Original unterscheiden kann, so bleibt dessen wettbewerbliche Eigenart erhalten.

Aus diesem Grund beobachten die großen Modehäuser ihr wettbewerbliches Umfeld aufmerksam und gehen frühzeitig gegen Nachahmer vor. Auch Chanel hat es nicht bei ihrer trotzigen Bemerkung und dem Abklopfen der Zigarettenasche auf das Haupt ihrer Konkurrenten belassen, sondern zahllose Abmahnungen ausgesprochen und Verfahren gegen Nachahmer geführt.