Das LG Berlin II hat durch Urteil vom 26.2.2025 – 97 O 23/24 genauere Anforderungen an die Bestellübersicht beim Online-Vertrieb von Kleidung aufgestellt. Jedenfalls das Material muss nun auch in der Bestellübersicht noch einmal genannt werden. Eine Verlinkung auf die Produktseite reicht nicht.
A. Sachverhalt
Gegenstand des Falls war ein als „Seidenschal“ betiteltes, in Wahrheit aber aus Polyester bestehendes, Produkt eines Online-Händlers. Die tatsächliche Materialzusammensetzung des Schals war auf der Produktdetailseite unter dem Reiter „Beschreibung“ angegeben. Auf der Bestellübersicht bzw. Chek-out-Seite mit dem „Jetzt kaufen“ – Button, wurde dagegen nur ein farbig hervorgehobenes, klickbares Produktbild gesetzt, das auf die Produktseite zurück verlinkte.
B. LG Berlin II: Verstoß gegen Informationspflichten
Das LG Berlin II sah darin einen Verstoß gegen Informationspflichten im Online-Vertrieb aus § 312j Abs. 2 BGB iVm Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB. Danach müssen „unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt“ „die wesentlichen Eigenschaften der Ware“ angegeben werden. Das LG Berlin II kommt zu dem Verstoß, indem es letztlich nichts weiter tut als das „Eins und Eins“ der bisherigen Rechtsprechung zusammenzuzählen.
So hatte das OLG München bereits entschieden, dass das Material eines Kleidungsstückes als wesentliche Information iSd Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB einzuordnen ist, da es erheblichen Einfluss auf Tragekomfort, Haltbarkeit und Wärme haben kann und damit die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflusst.
Auch ist in der Rechtsprechung inzwischen anerkannt, dass eine Verlinkung den Anforderungen des § 312j Abs. 2 BGB nicht ohne Weiteres genügt. „Unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt“ ist entsprechend der BGH-Rechtsprechung eine Information jedenfalls dann zur Verfügung gestellt, wenn sie auf derselben Seite zu sehen ist, auf der auch der Bestellvorgang abgeschlossen wird.
Das LG Berlin II zieht hier also die Konsequenzen und hält auch die Materialbeschaffenheit bei Kleidungsstücken für eine erforderliche Angabe auf der Bestellseite.
C. Ausblick
Das Urteil wirkt wohl schlimmer als es letztendlich ist. Zwar ist zutreffend, dass es mit einem bis dato unangetasteten Standard bricht, der darin bestand auf der Bestellseite das Produktbild mit einem Link auf die Produktdetailseite zu verbinden. In der Rechtsprechung offen gelassen ist aber, ob alle Verlinkungen per se unzulässig sind. Der BGH hat sich ausdrücklich noch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, wie mit einem Link umzugehen wäre, der direkt auf die Pflichtangaben führt. Das ließe sich entweder mit einer eigenen Unterseite oder mit einem HTML-Element auf der Produktseite, auf das mit einem individualisierten Link verwiesen werden kann realisieren. Denkbar wäre auch eine Lösung mit einem Element, das nur beim darüber-hovern mit der Maus erscheint.
Im Ergebnis waren dem LG Berlin II hier wohl die Hände gebunden. Zwar hätte man sich noch eine stärkere Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsklausel in Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB („in dem für das Kommunikationsmittel und für die Waren und Dienstleistungen angemessenen Umfang“) wünschen können. Da es aber um die Desktop-Version der Website ging und das Material wohl die zentrale Information bei Kleidungsstücken ist, wäre auch diese sicherlich zu keinem anderen Ergebnis gekommen. Der Eindruck der Überregulierung entsteht hier dadurch, dass durch die etablierte Standardgestaltung wohl davon auszugehen ist, dass inzwischen praktisch alle Verbraucher wissen, dass sie für die Details des Produktes auch im Bestellvorgang noch auf das Produktbild klicken können. Für dieses gewandelte Verbraucherleitbild bietet § 312j Abs. 2 BGB aber aus Verbraucherschutzgründen wenig Flexibilität. Nicht ohne Wirkung blieb wohl auch, dass Gegenstand des Urteils ein Produkt mit offensichtlich irreführendem Titel war.
Für den Online-Vertrieb von Kleidung muss deshalb in Zukunft beachtet werden, dass die bisher übliche Gestaltungsweise das Risiko einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung mit sich bringt. Es wäre aber vorschnell, den gesamten Bestellvorgang deshalb komplett zu verändern, da die Frage ab wann „die wesentlichen Eigenschaften der Ware“ in einem hinreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Bestellvorgang stehen noch nicht endgültig geklärt ist.