Direkt zum Inhalt wechseln

Das OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 30.3.2023 entschieden, dass eine Verletzung des allgemeinen (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts vorliegt, wenn ein Unternehmen Abbildungen für Werbezwecke nutzt auf denen ein Flugzeug abgebildet wird, dessen Halter aufgrund des zu erkennenden Luftfahrzeugkennzeichens (ggf. i.V.m. der Farbgebung) eindeutig identifizierbar ist. Für den Fall, dass die Fotografien ohne entsprechende Einwilligung des betroffenen Unternehmens genutzt werden, sei die Befugnis des Unternehmens verletzt, selbst darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen der Namen des Unternehmens für Werbezwecke anderer zur Verfügung gestellt wird (OLG Hamm, Urteil vom 30.3.2023, Az.: 4 U 130/21)

http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2023/4_U_130_21_Urteil_20230330.html

Hintergrund

Im Juli 2017 ließ die Beklagte während einer Fahrveranstaltung auf dem Flughafen C in Baden-Württemberg aus Anlass der Präsentation der modellgepflegten Pkw-Baureihe der „*-Klasse“ vor Journalisten u. a. die drei streitgegenständlichen Fotografien herstellen, auf denen im Vordergrund aus verschiedenen Perspektiven jeweils ein Fahrzeug der D-„*-Klasse“ abgebildet ist. Unmittelbar hinter dem Pkw ist ein Flugzeug zu sehen, welches zu diesem Zeitpunkt auf dem Flugplatz abgestellt war. Am Heck des Flugzeugs ist das Luftfahrzeugkennzeichen B-# angebracht. Das Flugzeug ist im Bereich des Bugs weiß und im Heckbereich blau lackiert, wobei die Trennung der beiden Farben durch ein diagonal etwa über die Mitte des Flugzeugrumpfes verlaufendes, seinerseits gold lackiertes Farbband verläuft. Die Klägerin, die behauptet, Eigentümerin des Flugzeugs zu sein, ist als dessen Halterin anhand der vorstehend beschriebenen Lackierung sowie des Luftfahrzeugkennzeichens über öffentlich zugängliche Internetseiten identifizierbar. Die Beklagte machte die Aufnahmen im Jahr 2018 im Internet zum Herunterladen verfügbar. Dabei wurden sie unter anderem als Abfolge von einzelnen Lichtbildern Bestandteil von zwei verschiedenen, über die Plattform „YouTube“ abrufbaren Videoclips. Nach Auffassung der Klägerin habe die Beklagte durch die nicht genehmigte Veröffentlichung  der Aufnahmen ihr (Unternehmens-)Persönlichkeitsrecht sowie ihr Namensrecht verletzt. Dies begründete die Klägerin damit, dass sich auf der linken Seite des Flugzeugs unmittelbar neben der Tür ein Wappen mit dem darunter befindlichen Schriftzug „E“, dem Familiennamen ihres Geschäftsführers befinde, welches auf den streitgegenständlichen Aufnahmen ebenfalls zu erkennen sei. Sie, die Klägerin, sei vertraglich zur Führung dieses Wappens berechtigt. Da es sich bei der Buchstabenfolge „FGE“ um die Initialen ihres Geschäftsführers („F G E“) handele, stelle das Luftfahrzeugkennzeichen B-#  ein „Wunschkennzeichen“ dar. Aufgrund der Identifizierbarkeit der Klägerin könne bei einem relevanten Teil des in Betracht kommenden Käuferpublikums der falsche Eindruck entstehen, zwischen der Klägerin und der Beklagten, bestehe eine vertragliche Beziehung, bspw. im Sinne eines Sponsoringverhältnisses.

Die Entscheidung des OLG Hamm

Das OLG Hamm kam im Rahmen seiner Entscheidung zu dem Schluss, dass die Beklagte das allgemeine Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt habe, indem sie die streitgegenständlichen Fotografien ohne Einwilligung der Klägerin zu Werbezwecken genutzt hat. Der Klägerin stehe insoweit ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i. V. m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 12, Art. 19 Abs. 3 GG zu.

Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht schütze den durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten sozialen Geltungsanspruch von Kapitalgesellschaften als Wirtschaftsunternehmen (st. Respr., vgl. BGH, Urteil vom 14.1.2020 – VI ZR 496/18, GRUR 2020, 435, Rn. 34 mwN., zit nach juris). Nach Auffassung des OLG Hamm sei dieser vorliegend berührt, weil (auch) das Unternehmenspersönlichkeitsrecht dem Berechtigten einen generellen Schutz vor den die Person bzw. das Unternehmen als solche(s) berührenden Eingriffen Dritter gewährt. Aus diesem Grund sei es ihm bzw. dem Unternehmen allein vorbehalten darüber zu befinden, ob und unter welchen Voraussetzungen sein Name in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt. Damit stünde es nicht in Einklang, wenn der Berechtigte es dulden müsste, dass sein Name, den er im Geschäftsverkehr selber werbend benutzt, ungefragt oder sogar gegen seinen Willen für fremde Werbung Verwendung finden würde. Es liege im Wesen des Namensrechts als eines Persönlichkeitsrechts, den Berechtigten selbst entscheiden zu lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen sein Name für Werbezwecke anderer zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 26.6.1981 – I ZR 73/79, GRUR 1981, 846, Rn. 14 mwN. – L, Rennsport-Gemeinschaft, zit. nach juris). Die Klägerin sei als Halterin des auf den Fotografien abgebildeten Flugzeugs zumindest über das ohne Weiteres zu erkennende Luftfahrzeugkennzeichen mittels öffentlich zugänglicher Quellen im Internet deutlich identifizierbar. Eine solche Identifizierbarkeit sei nach Auffassung des OLG Hamm ausreichend, um den Schutzbereich des Unternehmenspersönlichkeitsrechts zu berühren. Zwar komme vorliegend „nur“ bzw. in erster Linie eine Identifizierung im Wesentlich anhand des Luftfahrzeugkennzeichens in Betracht, dies stelle aber im Zeitalter des Internets keine nennenswerte Hürde mehr da. Im Ergebnis sei ein solcher Fall daher laut dem OLG Hamm nicht anders zu beurteilen, als wenn der Name bzw. die Firma der Klägerin auf dem Flugzeugrumpf lesbar abgebildet wären (vgl. BGH, Urteil vom 26.6.1981 – I ZR 73/79, GRUR 1981, 846, Rn. 14 mwN. – L, Rennsport-Gemeinschaft).

Nach Ansicht des OLG Hamm würde es auf die Frage, ob die streitgegenständliche Werbung geeignet sei, sich negativ auf das unternehmerische Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit auszuwirken, nicht ankommen. Der Name eines anderen, den dieser im Geschäftsverkehr selbst werbend herausstellt, sei vor unbefugter Ausnutzung für fremde Geschäftsinteressen auch dann zu schützen, wenn mit dem Namensgebrauch eine Minderung von Ruf und Ansehen des Berechtigten nicht verbunden ist. Denn im Bereich des Bildnisschutzes nach §§ 22 und 23 KUG sei es feststehende Rechtsprechung, dass es der freien Entschließung des Einzelnen vorbehalten bleiben muss, ob er sein Bild als Anreiz für einen Warenverkauf zur Verfügung stellen will. Das geschützte Rechtsgut, in das mit ungenehmigten Veröffentlichungen von Bildnissen zu Werbezwecken für Waren oder gewerbliche Leistungen eingegriffen wird, sei die allein dem Abgebildeten – als natürliche Folge des Persönlichkeitsrechts – zustehende freie Entscheidung darüber, ob und in welcher Weise er sein Bild den Geschäftsinteressen Dritter dienstbar machen will. Insoweit gehe es nicht um ein Werturteil über Sinn und Zweckmäßigkeit einer Werbung als solcher und es sei auch unerheblich, ob es sich um eine im Grundsatz weder anstößige noch aus sonstigen Gründen zu beanstandende Werbung handle. Für den Schutz vor einem unbefugten, durch anerkennenswerte Interessen nicht gerechtfertigten Namensgebrauch in der Werbung könne nichts anderes gelten (vgl. BGH, Urteil vom 26.6.1981 – I ZR 73/79, GRUR 1981, 846, Rn. 13 f. mwN. – L, Rennsport-Gemeinschaft, zit. nach juris).