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Das jüngste Urteil des Internetgerichts Peking markiert ein Novum im internationalen Urheberrecht: Zum ersten Mal wurde entschieden, dass ein Bild, das mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) erstellt wurde, urheberrechtlich geschützt ist.

Im Zentrum des Falles stand ein Bild, das der Kläger mithilfe von Stable Diffusion, einer auf KI basierenden Text-zu-Bild-Generierung, geschaffen hatte. Dieses hatte er auf der Internetplattform Xiaohongshu veröffentlicht, einem chinesischen Instagram-Äquivalent. Ein Blogger postete das Bild dann auf der Content-Sharing-Plattform Baijiahao. Li war der Meinung, dass dies – da ohne Erlaubnis geschehen – eine Urheberrechtsverletzung darstelle. Daraufhin reichte er vor dem Pekinger Internetgericht Klage ein – und erhielt (für manche vielleicht überraschend) auch Recht.

Das streitgegenständliche Bild

Die Entscheidung des Pekinger Gerichts

Nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz (UrhG) und auch den anderen westlichen Urheberrechtssystemen kann ein KI-generiertes Bild nicht geschützt sein. Denn dafür ist nach herkömmlichem Verständnis eine menschliche Schöpfung erforderlich. § 2 Abs. 2 UrhG nennt hierfür, dass eine „persönliche“ geistige Schöpfung vorliegen müsse – keine Person, kein Urheberrecht.

Interessant ist nun, dass dies das chinesische Gericht anders gesehen hat. Der Kläger hatte dort argumtiert, dass die Verwendung von KI-basierten Tools, ähnlich wie die Verwendung von Kameras zur Fotografie, als kreative Schöpfung anzusehen sei. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass Li durch die detaillierte Eingabe von Textvorgaben und wiederholten Anpassungen an Stable Diffusion ein „originäres“ und somit geschütztes Bild geschaffen habe. Es betonte Lis „intellektuelle Investition“ durch die Eingabe präziser Anweisungen.

Entscheidend war die Ansicht des Gerichts, dass trotz des Einsatzes von KI-Modellen zur Bildgenerierung letztlich doch der menschliche Beitrag ausschlaggebend sei und die Urheberschaft einem Menschen zuzuordnen sei. Das Gericht betonte die menschliche Intelligenz hinter dem gesamten kreativen Prozess und folgerte, dass KI-generierte Bilder, die den originalen intellektuellen Beitrag eines Menschen widerspiegeln, dem Urheberrechtsschutz unterliegen sollten. Die KI sei quasi nur der verlängerte Arm des Menschen. Infolgedessen ordnete das Gericht an, dass Liu öffentlich eine Entschuldigung in sozialen Medien veröffentlichen und 500 Yuan (ca. 65,26 EUR) Schadensersatz an Li zahlen muss.

Kein Schutz nach deutschem Recht

Das chinesische Urteil dürfte auf dieser Seite der Welt überraschen. Die weit überwiegende – zugebenermaßen westlich geprägte – Meinung unter IP-Rechtlern verneint kategorisch den Urheberrechtsschutz für KI-generierte Inhalte. Dies gilt auch, wenn die Anweisungen an die KI ziemlich umfangreich und genau sind.

Zwar ist anerkannt, dass Maschinen als Hilfsmittel verwendet werden können. Das Urheberrecht ist technikneutral und soll auch neue Technologien umfassen.Die durch selbstlernende Algorithmen geschaffenen Werke unterscheiden sich aber fundamental von solchen, die durch Photoshop oder Tablet-Zeichnungen geschaffen werden (für die der Werkschutz anerkannt ist). Der Algorithmus wird nämlich auch innerhalb der Grenzen des Promptings durch den Nutzer autonom aktiv. Die Kontrolle des Nutzers ist nicht strikt genug, dass das generierte Ergebnis wirklich als Ausdruck dessen eigener Persönlichkeit gesehen werden kann. Insoweit ist der Nutzer nur „Initiator“.

Auch an anderen Punkten geht das Urheberrecht von einem menschlichen Schöpfer aus. So beinhaltet das Urheberrecht auch persönlichkeitsrechtliche Aspekte (und schützt so unter anderem die Urheberehre, vgl. Art. 6bis der Revidierten Berner Übereinkunft). Künstliche Intelligenz hat keine Persönlichkeit, die Schutz bedarf.

Anders kann es freilich sein, wenn das Ergebnis händisch nachbearbeitet wurde oder das Prompting so genau und spezifisch ist, dass der Spielraum der KI stark eingeengt ist. Aber auch ist die herrschende Meinung zurückhaltend. Sie lässt sich zusammenfassen mit „viel hilft viel und viel ist noch nicht genug.“ KI-Künstler sollten sich bewusst sein, dass das deutsche Urheberrecht ihnen für KI-autonom generierte Werke keinen Schutz gewährt. Die Berufung auf Nachbearbeitungen oder hochspezialisiertes Prompting ist unsicheres Terrain. Hier müsste ein Gericht davon überzeugt werden, dass ausnahmsweise doch ein Werkschutz gewährt werden müsste. Freilich ist es für Dritte oft schwer zu erkennen, ob ein Bild menschengeschaffen oder KI-generiert ist.