Der Bundesgerichtshof (BGH) sollte am 23.11.2023 über die urheberrechtliche Schutzfähigkeit des USM Haller-Möbelbausystems entscheiden. Nun legt er dem EuGH Fragen zur Schutzfähigkeit des USM Haller-Möbelbausystem vor.
Das Schweizer Unternehmen USM stellt her und vertreibt unter der Bezeichnung „USM Haller“ ein bekanntes modulares Möbelbausystem. Es wurde Anfang der 60er-Jahre von dem Architekten Professor Fritz Haller entworfen und genießt große Beliebtheit. Sie verzieren die Etagen von Chefinnen und Chefs, Praxen, Büros und Showrooms. Gegen das Nürnberger Unternehmen Swissmobilia macht USM urheberrechtliche und wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen des Vorwurfs des Plagiats geltend.
Das Landgericht (LG) Düsseldorf hatte in erster Instanz der Klage aus Urheberrecht überwiegend stattgegeben. Das OLG lehnte die Berufung auf das UrhG jedoch ab und erkannte lediglich die hilfsweise begehrten Ansprüche aus Wettbewerbsrecht zu. Laut dem OLG stelle das USM Haller-System selbst lediglich eine nicht hinreichend eigenschöpferische Derivation des Möbelsystems „abstracta“ des dänischen Designers Poul Cadovius dar.
USM verfolgt in der Revision nun ihre vom OLG abgewiesenen Ansprüche weiter, während das beklagte Unternehmen die vollständige Abweisung der Klage begehrt. Vor dem Hintergrund der letzten BGH- und EuGH-Urteile wie „Porsche 911“ und „Vitrinenleuchte“ stellt sich die Frage, ob der BGH seine Rechtsprechung zum urheberrechtlichen Schutz von Produktdesign weiter raffinieren kann.
Update vom 21. November 2023
Zunächst allerdings lässt der BGH noch auf sich warten und hat nun dem EuGH drei Fragen zur Auslegung der das Urheberrecht harmonisierenden Richtlinie 2001/29/EG gestellt. Das Gericht möchte wissen, ob der Urheberrechtsschutz bei Werken der angewandten Kunst einen Ausnahmecharakter gegenüber dem Schutz als Geschmacksmuster oder Designs habe. Davon war jedenfalls das OLG ausgegangen, mit der Folge, dass im Rahmen der Prüfung urheberrechtlicher Originalität eines solchen Werkes, erhöhte Anforderungen an die freie kreative Entscheidung des Schöpfers zu stellen wären als für andere Werkarten üblich.
Der BGH fragt den EuGH außerdem, ob Originalität objektiv messbar sei oder ob auf die subjektive Sicht des Schöpfers abzustellen sei. Zuletzt stellt das Gericht die Frage ob auch Umstände die erst nach der Entstehung eines Werkes eintreten, die Originalität des Werkes beeinflussen können. Konkret nennt der BGH hier etwa Präsentationen der Gestaltung in Kunstausstellungen oder Museen.
Nicht nur Liebhaberinnen und Liebhaber des Möbeldesigns dürften sich fragen, ob die vielbegehrten Stücke nun bald preiswerter zu haben sind. Die Frage des Urheberrechtsschutzes hat auch für die Hersteller eine nicht zu vernachlässigende wirtschaftliche Bedeutung. Sowohl die Entscheidung des EuGH als auch das mit Spannung erwartete Urteil des obersten deutschen Zivilgerichts könnten daher auch im EU-Ausland von größerem Interesse sein.