Fototapeten sind vor Gericht hoch im Kurs, denn Abbildungen dieser können schnell zu urheberrechtlichen Streitigkeiten führen. Mit einer neuen Entscheidung liefert das LG Köln (14 O 60/23) nun einen weiteren Standpunkt im aktuellen Diskurs rund um den rechtlichen Umgang mit Fototapeten.
Was war geschehen?
Die Beklagte, eine Vermieterin einer Ferienwohnung, veröffentlichte auf einem Buchungsportal Fotos ihrer Wohnung. Dabei geriet auch eine Fototapete auf die Bilder, die das Motiv „Graphite Stonewall“ eines in Kanada lebenden Fotografen zeigten. Dieser ist Geschäftsführer einer ebenfalls in Kanada ansässigen Gesellschaft. Die Nutzungsrechte an seiner Steinfotografie hatte er dieser zwischenzeitlich übertragen.
Aufgrund der Abbildung mahnte die kanadische Gesellschaft die Vermieterin nun zunächst ab und machte sowohl Unterlassungs- als auch Schadenersatzansprüche geltend. Weil dies nicht den gewünschten Erfolgt brachte, erhob die Gesellschaft Klage beim LG Köln. Dort machte die Klägerin geltend, die Beklagte habe das Motiv ohne Genehmigung widerrechtlich öffentlich zugänglich gemacht. Angesichts der Verwendung im Rahmen des Angebots einer Ferienwohnung liege außerdem eine gewerbliche Nutzung vor.
Die Beklagte wandte hiergegen ein, die Wiedergabe der Tapete sei nur unwesentliches Beiwerk in der Gesamtpräsentation gewesen. Schon nach allgemeiner Lebenserfahrung dürfe eine einmal im Handel erworbene und ihrer Bestimmung nach auf die Wand in einem Raum angebrachte Tapete auch im Internet dargestellt werden.
Wie entschied das Gericht?
Das Gericht gab der Klägerin im Wesentlichen Recht und nahm eine Urheberrechtsverletzung in Form einer unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung gem. §§ 97 Abs. 1, 19a, 72 UrhG an.
Das Gericht hatte sich zunächst mit der Aktivlegitimation der Klägerin zu befassen. Dazu zog es vor allem die Urhebervermutung des § 10 Abs. 1 UrhG heran. Danach wird, bei ausbleibendem Gegenbeweis, derjenige als Urheber eines Werkes angesehen, der auf den Vervielfältigungsstücken des Werkes als Urheber angegeben wird. So war der Fotograf auf seiner Webseite als Urheber des Werkes angegeben, ein Gegenbeweis wurde nicht angeführt. Da das Gericht schließlich auch keinen Zweifel am Rechteübergang vom Fotografen auf seine Gesellschaft hatte, war diese auch aktivlegitimiert.
Bei der Veröffentlichung auf dem Buchungsportal handele es sich unproblematisch um eine öffentliche Zugänglichmachung, die nur dem Urheber gem. § 19a UrhG vorbehalten sei. Da die Veröffentlichung ohne Erlaubnis erfolgt sei, stelle dies eine Verletzung des ausschließlichen Nutzungsrechts des Urhebers dar.
Dem Einwand der Beklagten, bei der Tapete handele es sich um ein unwesentliche Beiwerk gem. § 57 UrhG, folgte das Gericht nicht. Für die Beurteilung, ab wann etwas nur als unwesentliches Beiwerk anzusehen sei, komme es maßgeblich auf den Äußerungszusammenhang an, in dem das Werk veröffentlich worden sei. Hier sei die Tapete aber gerade als zentraler Bestandteil in der Präsentation der Ferienwohnung dargestellt worden. Es komme zudem darauf an, ob die Tapete ausgetauscht werden könne, ohne dass dem durchschnittlichen Betrachter dies auffiele, oder ohne dass die Gesamtwirkung des Hauptgegenstands in irgendeiner Weise beeinflusst erde. Beides verneinte das Gericht.
Auch sei der Beklagten durch den Verkauf der Tapete nicht konkludent ein Recht zur Veröffentlichung eingeräumt worden. Damit tritt das LG Köln im aktuellen Meinungsstreit um die konkludente Rechteeinräumung durch den Verkauf von Fototapeten dem LG Düsseldorf (12 O 129/22) und dem OLG Düsseldorf (20 U 56/23) entgegen. Diese stellten sich auf den Standpunkt, dass der Verwendungszweck einer Fototapete impliziere, dass diese in den Räumen dauerhaft präsent sei und daher auch fotografiert und veröffentlicht werden dürfe. In den dortigen Entscheidungen nahmen die Gerichte anhand einer berechtigten Erwartungshaltung der Käufer, einer vermeintlichen Branchenüblichkeit und dem Argument, dass Fototapeten unverkäuflich würden, dürften sie nicht fotografiert und veröffentlicht werden, ein Interesse des Urhebers an einer konkludenten Rechteeinräumung an.
Das LG Köln widersprach nun dieser Auffassung. Zwar sei eine konkludente Einräumung von Nutzungsrechten grundsätzlich möglich, allerdings liege hier kein Hinweis auf eine entsprechende Absicht des Urhebers vor. Dass es marktüblich sei, dass mit dem Erwerb einer Fototapete auch das Recht zur öffentlichen Wiedergabe auf den Käufer übertragen werde, lehnte das Gericht ab. Dies würde zu weitgehenden Nutzungsrechten führen, die der Urheber möglicherweise gar nicht gewollt habe. Hier sei gar kein Wille des Urhebers deutlich geworden, der als stillschweigende Einräumung hätte interpretiert werden dürfen. Der Klägerin stünden daher Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte zu.
Zuletzt gibt das LG Köln noch zu bedenken, dass auch vor dem BGH derzeit Revisionsverfahren in ähnlich gelagerten Fototapete-Fällen anhängig seien (BGH Pressemitteilung Nr. 051/2024). Das Urteil des LG Köln sei daher auch als weiterer Beitrag zum Diskurs des vom BGH zu klärenden Meinungsstreits zu verstehen. Wann dieser entscheidet ist noch ungewiss, ein Verhandlungstermin in der Sache ist auf ende Juni terminiert.