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Nachdem in den ersten zwei Artikeln die bisherige und die künftige Regulatorik dargestellt wurden, gibt der Schlussartikel dieser Trilogie nun einen Ausblick, wie sich ICOs wohl künftig unter MiCA entwickeln werden.

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Aussicht

MiCA hat nun endlich die von Vielen langersehnte Regulierung geliefert. Auch wenn die Blockchain als Gegenentwurf zu staatlich regulierten Technologien und Finanzprodukten entworfen wurde, so haben die Plattformen und Emittenten die Probleme und Risiken mangelnder Regulatorik und Transparenz für Kunden und den Markt selbst erkannt. Um den Prozess eines ICOs herum haben sich eine Reihe von FinTech-Start-Ups etabliert, die mit zunehmender Erfahrung selbständig plattformintern eine Reihe von Compliance-und Sicherheits-Standards eingeführt haben.

Die größten Kritikpunkte bei ICOs waren stets die mangelnde Regulatorik und insbesondere die fehlende Prospektpflicht, die in der Folge zu einer großen Informationsasymmetrie zwischen Emittent und Käufer geführt hat. Diese Kritikpunkte wurden weitestgehend durch die Whitepaper-Pflicht ausgeräumt.

Whitepaper erreichen wie ein Prospekt das Ziel, den Käufer adäquat zu informieren, ohne jedoch eine gleich große regulatorische Hürde darzustellen. Dies führt dazu, dass ICOs im Vergleich zu anderen Formen der Unternehmensfinanzierung weiterhin ihren Charakter als niedrigschwelligere Form der Unternehmensfinanzierung behalten können und Käufer gleichzeitig besser vor den Folgen fehlender und unrichtiger Produktinformationen geschützt werden. Der Aspekt der Niedrigschwelligkeit ist wichtig, um auch weiterhin kleinen Crowdfunding-Projekten, ohne große Ressourcen und ohne Anspruch auf kommerziellen Erfolg, den Zugang zu dieser Form der Unternehmensfinanzierung zu gewähren.

Die European Banking Authority (EBA) hat auch gleichzeitig bessere Instrumente, um die Einhaltung der Vorschriften durchzusetzen und so eine effektive Umsetzung von MiCA zu gewährleisten. Dies trägt dazu bei, das der Krypto-Branche und damit auch ICOs immer noch anhaftende negative Image, infolge mangelnder Einhaltung geldwäscherechtlicher Vorschriften und fehlender Verfolgung durch Anonymität, zu beseitigen. Dies wird der Branche als Ganze und insbesondere ICOs als Form der Unternehmensfinanzierung zu einem höheren Grad an Seriosität verhelfen.

Des Weiteren wird EU-Passporting auch für die von MiCA regulierten Bereiche eingeführt. Gerade für kleinere Unternehmen, für die eine Anpassung an die jeweiligen, teils stark unterschiedlichen, regulatorischen Gegebenheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten, einen großen Arbeits- und Finanzaufwand bedeutet, ist diese Möglichkeit eine große Erleichterung. Dies wird künftig den Wettbewerb der Unternehmen untereinander fördern und die Attraktivität von ICOs für die Emittenten und Investoren steigern.

Auf den Kritikpunkt, dass auch in Zukunft der dominante Teil der Dienstleister im Krypto-Bereich außerhalb der EU und damit nicht im Geltungsbereich von MiCA sitzen werden, wird in dieser Verordnung ebenfalls eingegangen. Durch die Regelung der Zusammenarbeit mit Drittländern gemäß Art. 90 MiCA, beispielsweise durch Ausarbeitung von Koorperationsvereinbarungen, besteht eine Chance für hiesige Emittenten auch im internationalen Bereich mit Emittenten aus Regionen ohne oder mit weniger Regulierung im Wettbewerb zu bleiben.

Vielfach wurden in der Vergangenheit Befürchtungen geäußert, dass eine zunehmende Regulierung von ICOs ihnen den Reiz, der insbesondere in seiner mangelnden Regulierung lag, nehmen wird. Viele Unternehmen haben ICOs auch deshalb als Form der Unternehmensfinanzierung gewählt, weil diese nicht so stark reguliert waren wie andere Formen. Diese Befürchtungen werden aber bereits dadurch ausgeräumt, dass das Bedürfnis nach Regulierung in der Vergangenheit so groß war, dass die Branche selbst mit der Einführung von Compliance- und Sicherheits-Standards angefangen hat. Insgesamt sind ICOs weiterhin ein niedrigschwelliges Angebot der Unternehmensfinanzierung und die Vorteile durch Regulatorik, insbesondere mehr Vertrauen der institutionellen Investoren durch mehr Seriosität, wiegen die Bedenken mehr als auf.

Kritisch ist hingegen die Verbraucherunfreundlichkeit der Nachweisregelung des Art. 14 Abs. 2 MiCA zu sehen. Danach obliegt es dem Inhaber der Kryptowerte, unter Umständen einem Verbraucher, den Nachweis für unvollständige, unfaire, uneindeutige oder irreführende Informationen im Whitepaper, die gegen Art. 5 MiCA verstoßen, zu erbringen. Dies kann sehr aufwendig und teuer sein.

Zwar ist die Haftung der Emittenten für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Whitepaper positiv zu sehen, doch waren die Folgen der öffentlichkeitswirksamsten Skandale im Zusammenhang mit Krypto meist die Insolvenz der Emittenten – in welchem Falle eine Ausbezahlung der Schadensersatzsumme sehr unwahrscheinlich geworden wäre.

Im Hinblick auf die Insolvenz der Krypto-Handelsplattform FTX, die den Utility-Token FTT herausgebracht hat, wäre bei einer Regulierung durch MiCA in der EU für die europäischen Anleger wahrscheinlich einiges anders gelaufen. Durch die Whitepaper-Pflicht beim ITO von FTT alleine wäre die Insolvenz wahrscheinlich nicht verhindert worden. Jedoch wäre durch die Klassifizierung von FTX als Finanzdienstleister diese nach dem KWG erlaubnispflichtig gewesen und hätte Kundengelder vom Unternehmenskapital trennen müssen. Ein klassischer Betrug wäre zwar dennoch möglich gewesen, durch die verstärkte Aufsicht der EBA inklusive Sanktionsmöglichkeiten jedoch unwahrscheinlicher. Durch die vermehrte und effizientere Regulierung werden Investoren demnach in Zukunft besser vor ähnlichen Insolvenzen geschützt werden,[1] was das Vertrauen in Produkte wie Utility-Token und damit auch das Interesse an ICOs steigern wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass auch wenn ICOs in Zukunft weiterhin nicht ganz so streng reguliert sein werden wie IPOs, bietet MiCA dennoch eine gute Grundlage für eine transparentere und vertrauensvollere Beziehung zwischen Emittent und Käufer. Dies wird gerade in Zeiten von sehr öffentlichkeitswirksamen Pleiten großer Krypto-Plattformen helfen, das Vertrauen der Käufer und Verbraucher zurückzubringen und der EU zu einer Vorreiterrolle in der Regulierung von Kryptowerten und ICOs zu verhelfen. Wie die vergangenen Jahre gezeigt haben, brachte eine gute Regulierung Europa auf den weltweiten Finanzmärkten stets einen Standortvorteil. Durch eine vertrauensvollere Beziehung von Emittenten und Käufern durch MiCA bei ICOs wird dieser noch jungen Form der Unternehmensfinanzierung schlussendlich auch zu einem dauerhaften Platz in den Reihen von public und private equity verholfen.

Alleine die Zeit wird zeigen, welche Auswirkungen MiCA tatsächlich auf ICOs haben wird. Die Zeichen stehen aber positiv.

 

Quelle

[1] s. dazu auch: Opening Statement der ESMA vor dem Economic and Monetary Affairs Committee vom 30.11.2022, ESMA50-164-6905.

 

Dieser Beitrag wurde von Linda Maarouf mitverfasst.