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Mit Urteil vom 25. Juli 2023 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass dem/der Fremdgeschäftsführer:in einer GmbH ein Urlaubsabgeltungsanspruch aus dem Bundesurlaubsgesetz zusteht. (BAG, 25.07.2023 – 9 AZR 43/22)

Hintergrund

Die Parteien streiten über eine Urlaubsabgeltung für die Jahre 2019 und 2020. Die Klägerin war seit über 15 Jahren als Arbeitnehmerin bei der beklagten GmbH angestellt und seit April 2012 als Geschäftsführerin bei der Beklagten tätig. Nach der Niederlegung ihres Amts im September 2019 endete das Anstellungsverhältnis im Juni 2020 durch Kündigung der Klägerin. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Abgeltung des übrigen Erholungsurlaubs. Die Beklagte behauptete, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt, sodass kein Abgeltungsanspruch besteht, weil § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) nicht anwendbar sei und verneinte die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts. Die Klägerin vertrat die Auffassung, das Arbeitsgericht sei trotz ihrer formalen Geschäftsführerstellung zur Entscheidung berufen, da sie einem Arbeitsverhältnis entsprechend weisungsgebunden beschäftigt worden sei. Das Arbeitsgericht gab der Klage teilweise statt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) wies die Berufung der Beklagten zurück. Die Beklagte strebte mit der Revision die Klageabweisung an.

 

Die Entscheidung

Das BAG wies die Revision der Beklagten als unbegründet zurück. Darüber hinaus hielt das BAG den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Urlaubsabgeltung eröffnet. Das LAG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin als Fremdgeschäftsführerin einer GmbH ein Anspruch aus § 7 Abs. 4 BurlG zusteht.

Dies folge aus einer richtlinienkonformen Auslegung von § 7 Abs. 4 BUrlG. Ohne Bedeutung für diesen Anspruch ist dabei die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin nach nationalem Recht. Vorliegend gelte der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff.

Maßgeblich ist bei der Einstufung einer Person als Arbeitnehmer:in, dass diese während einer bestimmten Zeit für eine/n andere/n nach dessen/deren Weisung Leistungen erbringt, für die er/sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Die Klägerin wurde vom BAG als weisungsgebunden qualifiziert und erfüllt damit die Kriterien einer Arbeitnehmerin im Sinne des Unionsrechts. Nach Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) kann auch ein Leitungsorgan einer Kapitalgesellschaft, wie hier die Fremdgeschäftsführerin einer GmbH, Arbeitnehmerin im Sinne des Unionsrechts sein.

 

Fazit / Ausblick

Eine Urlaubsabgeltung ist auch bei Beendigung eines Anstellungsverhältnisses mit Fremdgeschäftsführer:innen einer GmbH vorzunehmen, wenn diese so in die Abläufe des Arbeitgebers eingebunden sind, dass sie als Arbeitnehmer:innen im Sinne des europäischen Rechts anzusehen sind.

Die Entscheidung des BAG hat Auswirkungen auf die Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers, der nun auch seine Geschäftsführer:innen über den Verbleib noch nicht genommener Urlaubstage informieren muss, da diese anderenfalls nicht mit Ablauf des Kalenderjahres erlöschen.

Abzuwarten bleibt, ob künftig Geschäftsführer:innen auch einen Anspruch auf Mindesturlaub nach § 3 Abs. 1 BUrlG geltend machen können und sich beispielsweise auch auf die Rechtsprechung zur Übertragung des Urlaubs bei längerer Erkrankung berufen können.

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