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Das US-Urheberrechtsamt hat jüngst erneut entschieden, dass Kunstwerke, die durch künstliche Intelligenz erstellt wurden, nicht urheberrechtlich geschützt sind und hält damit seine Praxis aufrecht, KI-generierte Kunst nicht als urheberrechtliches Werk zu registrieren.

Urheberschutz in den Vereinigten Staaten

Anders als hierzulande gibt es in den Vereinigten Staaten die Möglichkeit, Urheberschutz amtlich registrieren zu lassen. So war es früher für die Erlangung von Urheberschutz zwingend notwendig, diesen beim US-Urheberrechtsamt zu beantragen. Mit Beitritt der USA zur Berner Übereinkunft war eine Registrierung nicht mehr erforderlich. Dennoch ist sie in den USA gängige Praxis, um sich Vorteile wie den Nachweis der Urheberschaft zu sichern, oder Schutz gegen die Einfuhr widerrechtlicher Kopien durch den Zoll zu erlangen. Zudem ist eine Registrierung notwendige Voraussetzung, um eine Klage vor Gericht erheben zu können.

AI-APP als Miturheber eines Kunstwerks?

Die Angelegenheit begann im Dezember 2021, als Ankit Sahni einen Antrag auf Eintragung für das Werk SURYAST[FR1]  einreichte und dafür zwei Urheber angab: sich selbst als Urheber der Fotografie „2-D-Kunstwerk“ und die „RAGHAV AI Painting App“. Ankit Sahni, ein in den USA zugelassener Rechtsanwalt, hat die KI-gestützte Painting-App RAGHAV selbst entwickelt.
Sein Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt , das Werk „weise die für einen Urheberrechtsanspruch erforderliche menschliche Urheberschaft“ nicht auf.  Im konkreten Fall könne der menschliche Beitrag am Gesamtarbeitsergebnis nicht vom Arbeitsbeitrag der KI unterschieden und davon getrennt werden. Für die Schutzfähigkeit sei aber ausschließlich eine menschliche Schöpfung erforderlich.
Ankit Sahni argumentiert, Urheberschaft könne nicht voraussetzen, dass ein Werk vollständig von einem menschlichen Urheber geschaffen wird. Zudem sei die von ihm genutzte KI lediglich ein unterstützendes Softwaretool. Er wähle das Originalfoto aus und bestimme den Grad der Stilisierung. Das Programm folge dabei seinen Anweisungen, nämlich die Farben, Formen und den Stil in einer von ihm bestimmten Weise zu ändern. Das Amt hält dem entgegen, dass das aus der KI entstandene Erzeugnis allenfalls ein von Sahni’s Fotografie abgeleitetes Werk sei, das aber selbst nicht genügend menschliches Schaffen enthalte, um eine Registrierung als „copyrighted works“ zu rechtfertigen.
Die Behörde muss bei der Analyse von KI-generiertem Material feststellen, wann ein menschlicher Nutzer als „Schöpfer“ des Materials angesehen werden kann. Laut den Leitlinien des Amtes vom März 2023 bezüglich KI-generierter Werke hat es bei der Prüfung eines Eintragungsantrags die Frage zu beantworten, ob eingesetzte Computertechnologie lediglich Hilfsinstrument eines menschlich bereits abgeschlossenen geistigen Schöpfungsprozesses ist, oder ob die traditionellen Elemente der Werkschöpfung (literarischer, künstlerischer oder musikalischer Ausdruck) von einer Maschine erdacht und ausgeführt wurden (in diesem Fall sei Urheberschutz am Gesamtergebnis nicht denkbar). Für eine solche Analyse müsse es dem Amt möglich sein, aus den Registrierungsanträgen klar zu erkennen, welches die KI generierten Inhalte sind.

Erfolg für „RAGHAV“ in Indien und Kanada

In anderen Ländern hatte Ankit Sahni mehr Glück: Im September 2021 hatte die indische Urheberrechtsbehörde die RAGHAV Painting App als Urheber des Kunstwerks SURYAST anerkannt. Im Dezember 2021 war es Ankit Sahni zudem gelungen, RAGHAV als seinen Miturheber für SURYAST beim kanadischen Amt für geistiges Eigentum (CIPO) zu registrieren. Damit wurden in Kanada erstmals maschinengenerierten Inhalten Urheberrechte zugesprochen.

Der Fall zeigt zweierlei:

  1. Wer ein Urheberrecht für sich beanspruchen kann und welche Rechte sich daraus ableiten, richtet sich nach dem Territorialitätsprinzip, d.h. diese Fragen können je nach Rechtsordnung unterschiedlich beurteilt werden. Für Betroffene (Kreative und Anwender von KI generierten Erzeugnissen) ist die völlig unterschiedliche urheberrechtliche Einordnung von KI-generierten Inhalten in aller Welt unbefriedigend. Dieser Schwebezustand wird angesichts fehlender ausreichender Regulierung eine Weile anhalten. Nicht nur im Bereich des Geistigen Eigentums bleibt somit abzuwarten, wie sich die Zuordnung von Rechten an Erzeugnissen der Künstlichen Intelligenz weiterentwickelt.
  2. Sahni‘s Argumentation, die KI sei lediglich technisches Mittel zur Umsetzung des bereits abgeschlossenen menschlichen Schöpfungsprozesses, ist vor allem in der Kreativbranche häufig zu hören. Es verfängt aber nicht, solange maßgebliche (wenn auch nicht alle) schöpferischen Schritte von der Maschine ausgeführt werden, was immer dann der Fall sein dürfte, wenn Ergebnisse nicht in allen Details vom Menschen vorgegeben werden können. Künstliche Intelligenz ist gerade nicht plumpe ausführende Technik, sondern dafür entwickelt, eigenständig Ergebnisse zu produzieren. Das widerspricht dem Grundsatz des Urheberrechts, dass nur menschliches Schaffen schutzfähig ist (man erinnere sich an den Fall „Affenselfie“).

Daher werden alsbald vermehrt Gerichte zu entscheiden haben,

  1. ob Urheberrechte an KI erzeugten Inhalten entstehen und wem sie gehören,
  2. ob durch Training von KI mit urheberrechtlich geschützten Inhalten oder durch die Nutzung der auf dieser Basis erzeugten Inhalte Rechte verletzt werden,
  3. wer für solche (möglichen) Rechtsverletzungen haftet (Betreiber der KI? Nutzer der KI? Nutzer der Erzeugnisse?)

Blieben Sie dran. Wir halten Sie auf dem Laufenden.