Direkt zum Inhalt wechseln

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich mit der immer wieder aufkommenden Frage zu beschäftigen: „Muss die Vergütung nachträglich angepasst werden, wenn der Erfolg eines Werkes unerwartet hoch ausfällt?“ Bestes und bekanntestes Beispiel hierfür das berühmte deutsche Filmwerk „Das Boot“ und die Frage ob dem Chefkameramann eine weitere angemessene Beteiligung an den Einnahmen zusteht oder eben nicht.

Sachverhalt

Viele erinnern sich gerne an den in den Jahren 1980/1981 hergestellten Film „Das Boot“ des Regisseurs Wolfgang Petersen mit vielen deutschen Stars wie Jürgen Prochnow, Herbert Grönemeyer, Uwe Ochsenknecht, u.a. Der Name des Chefkameramannes wird jedoch den wenigsten geläufig sein, aber auch dieser hat durch seine professionelle und außergewöhnliche Kameraführung ebenfalls als Urheber einen großen Anteil am Erfolg des Filmes. Der Film „Das Boot” war für sechs Oscars, einen Golden Globe und einen BAFTA Award nominiert und gewann außerdem zahlreiche deutsche Filmpreise. Dies schlug sich auch in finanzieller Hinsicht nieder, denn „Das Boot“ spielte viele Millionen Euro an Einnahmen ein.

Der Kameramann erhielt jedoch lediglich einen pauschalen Betrag. Bis heute wird der Film regelmäßig im Fernsehen ausgestrahlt, ist auf DVD und BluRay erhältlich und erzielt daher nach wie vor erhebliche Gewinne.

Der Kläger (Chefkameramann) macht gegen die Beklagten für nach dem 28. März 2002 erfolgte Werknutzungen jeweils einen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung nach § 32a Abs. 1 UrhG und § 32a Abs. 2 UrhG geltend, weil ihre aus der Werknutzung gezogenen Erträgnisse und Vorteile in einem auffälligen Missverhältnis zu seiner Vergütung stünden.

Was sagt der BGH?

Der BGH schließt grundsätzlich einen bestehenden Anspruch des Chefkameramannes nicht aus, lediglich die Begründung des Berufungsgerichts reichte für einen konkreten Anspruch aufgrund eines auffälligen Missverhältnisses nicht aus. Aus diesem Grund hat der BGH das Verfahren an das OLG München zur erneuten Entscheidung zurückgewiesen.

Der Kläger kann also von den Beklagten nach § 32a Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 UrhG eine weitere angemessene Beteiligung beanspruchen, wenn die Vergütung, die er mit dem Beklagten Filmstudio vereinbart hat, in einem auffälligen Missverhältnis zu den Vorteilen steht, die die Beklagten mit der Verwertung des Films erzielt haben. Ein auffälliges Missverhältnis liegt jedenfalls vor, wenn die vereinbarte Vergütung nur die Hälfte der angemessenen Vergütung beträgt, also der Vergütung, die mit Rücksicht auf die Höhe der erzielten Vorteile üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

Die Prüfung des Berufungsgerichts, ob im vorliegenden Fall ein auffälliges Missverhältnis bestehe, richtete sich jedoch nach einer Zugrundlegung der vereinbarten Pauschalvergütung zwischen den Parteien in voller Höhe. Dabei sei nicht berücksichtigt worden, dass es bei der Prüfung eines auffälligen Missverhältnisses gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Urheber und dem auf weitere Beteiligung in Anspruch genommenen Nutzungsberechtigten ankomme. Da es im vorliegenden Fall einen Vertragspartner gab, der mehreren Dritten unterschiedliche Nutzungsrechte einräumte, müsse bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses jeweils der – zu schätzende – Teil der vereinbarten Gegenleistung, der auf die vom jeweiligen Nutzungsberechtigten verwerteten Nutzungsrechte entfällt, ins Verhältnis zu den von diesem Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden. Die Richter des OLG München hätten also das jeweilige Verhältnis zwischen Urheber und Verwerter einzeln betrachten müssen.

Aufgrund dieses „Berechnungsfehlers“ ist die Annahme des Oberlandesgerichts von einer deutlichen Unverhältnismäßigkeit unzutreffend. Bei der Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens wird das Berufungsgericht erneut prüfen müssen, ob dieses Missverhältnis aufgrund der neuen Berechnungen zu einem Anspruch des Chefkameramannes führt und ob diesem eine angemessene Vergütung zusteht.

Einordnung

Grundsätzlich sind die Anforderungen der §§ 32 und 32a UrhG im vorliegenden Fall klar gegeben. Daher muss der Urheber nicht nur für die bereits erzielten Gewinne, sondern auch für zukünftige Gewinne entschädigt werden. Das Gesetz ist speziell für eben jene Situationen formuliert, in denen der Erfolg des Werkes am Ende nicht vorhersehbar ist, um daraus resultierende Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Die genannte Voraussetzung des auffälligen Missverhältnisses ist für das Bestehen eines Anspruchs des Chefkameramannes grundlegend. Bei der konkreten Berechnung darf jedoch nicht die vereinbarte Pauschalvergütung, sondern lediglich ein zu schätzender Teil dieser Vergütung zu Grunde zu legen.

Wie (und wann) das OLG München nunmehr entscheiden wird, bleibt also hinsichtlich der Höhe des Anspruchs ungewiss. Ob dies dann auch tatsächlich den Abschluss der Streitigkeit bedeuten wird, darf zumindest stark angezweifelt werden. Herr Vacano benötigt nach wie vor einen langen Atem, dieser wird sich neben dem in Aussicht stehenden Zahlungsanspruch, durch die hinzugekommenen Prozesszinsen, aber sicherlich lohnen.