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White Label Lösungen sind vorkonfigurierte Softwareprodukte, die durch unternehmerische Kunden eingekauft und als eigene Lösung angeboten und vermarktet werden. Das entwickelnde Unternehmen bleibt dabei im Hintergrund. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass sich beide Parteien auf ihre jeweiligen Kerngeschäfte konzentrieren können. Das entwickelnde Unternehmen benötigt weniger Ressourcen für Marketing und Vertrieb. Das einkaufende Unternehmen erhält eine fertige Softwarelösung samt Support und muss dadurch weniger Zeit in die Lösung technischer Entwicklungen und Probleme investieren.

Sollen Entwicklungen als White Label Lösung vertrieben werden, stellen sich einige rechtliche Fragen, die möglichst frühzeitig geklärt sein sollten. Dabei sind die folgenden Aspekte im Rahmen der vertraglichen Ausgestaltung von zentraler Bedeutung:

Wahl des Vertriebsmodells

Eine erste Weiche ist die Wahl des geeigneten Vertriebsmodells und der damit verbundenen Festlegung der rechtlichen Beziehungen. Ist der Kundenkreis überschaubar oder sind genügend Kapazitäten vorhanden, bietet sich an, die White Label Lösung unmittelbar vom Entwickler an die Kunden, die die Lösung anbieten wollen, zu vertreiben.

Ab einer gewissen Komplexität erfolgt der Vertrieb hingegen regelmäßig über zwischengeschaltete Vertriebspartner, die bei Bedarf auch weitere Leistungen im Zusammenhang mit der Software (beispielsweise Schulungen, spezifische Anpassungen oder Supportleistungen) übernehmen.

Leistungen und Vergütungsmodelle konkret festlegen

Es liegt in der Natur der Sache, dass White Label Lösungen individuell angepasst werden müssen. Wird ein benutzerfreundliches Baustein-System vertrieben, kann die Individualisierung unter Umständen sogar vom Kunden selbst vorgenommen werden. Häufig geht es aber gerade darum, dass über das reine „Branding“ hinaus weitere kundenspezifische Modifizierungen oder Erweiterungen vorgenommen werden sollen. Der Grad an individuellen Anpassungsleistungen kann sich – abhängig von Produkt und Kunde – erheblich unterscheiden.

Insofern ist besonders wichtig, Klarheit darüber zu haben, welche Leistungen durch die Entwickler oder etwaige Vertriebspartner vorgenommen werden müssen und ebenso welche Leistungen nicht oder jedenfalls nicht ohne weitere Vergütung geschuldet sind. Durch vertragliche Konkretisierungen können Erwartungen definiert und böse Überraschungen für alle Beteiligten vermieden werden.

Nicht zu unterschätzen sind zudem Regelungen darüber, zu welchen Konditionen das Customizing und etwaige weitere Beratungs- und Supportleistungen vergütet werden sollen. Je stärker individuelle Anpassungen der Software für einzelne Kunden vorgenommen werden, desto eher ist auch mit individuellem Aufwand in der Folge zu rechnen. Dieser Umstand sollte bei der Entscheidung für das Vergütungsmodell mit berücksichtigt werden. Von All-Inclusive-Pakten bis zur minutengenauen Abrechnung nach Stundensätzen besteht hier viel Gestaltungsspielraum.

Einräumung von Nutzungsrechten

Software ist urheberrechtlich geschützt. Insoweit müssen den Kunden grundsätzlich entsprechende Nutzungsrechte an der White Label Lösung eingeräumt werden. Besonderheiten sind zu berücksichtigen, wenn in der Anwendung Open Source Software (OSS) verwendet wird. Diese ergeben sich daraus, dass Lizenzgeber der OSS Komponenten und Entwickler der unter Umständen proprietären Software auseinanderfallen. Insoweit finden nicht weiter verhandelbare Lizenzbedingungen Anwendung, deren Nichteinhaltung erhebliche Konsequenzen haben kann. Abhängig vom konkreten OSS-Lizenzmodell erfolgt die die Einräumung der Nutzungsrechte hierbei meist unmittelbar vom OSS Rechteinhaber an den Anwender.

Haftung und Gewährleistung

Als B2B-Produkt unterliegen vorformulierte Geschäftsbedingungen gegenüber dem Kunden der White Label Lösung im Rahmen der AGB-Kontrolle lediglich den weniger strengen Anforderungen des § 307 BGB. Verbraucherschützende Normen müssen in diesem Vertragsverhältnis somit grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Gleichwohl besteht auch im unternehmerischen Rechtsverkehr bei der Festlegung von Haftungsbeschränkungen ein begrenzter Spielraum: Ein wirksamer Haftungsausschluss für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit kommt nicht in Betracht. Auch bei der Beschränkung von Gewährleistungsrechten müssen die gesetzlichen Wertungen berücksichtigt werden. Abhängig von den konkreten Vertriebsketten kann zudem ein Durchgriff auf das entwickelnde Unternehmen im Falle eines Mangels der Software beim Endkunden möglich sein. Diese Risiken lassen sich neben der Wahl der richtigen vertraglichen Regelungen vor allem auch durch eine korrekt formulierte Leistungsbeschreibung minimieren.