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Mit Urteil vom 22.05.2025 stellte das LAG Niedersachsen klar, dass eine formularmäßige Klausel, die dem Arbeitgeber eine Freistellung des Arbeitnehmers ohne weitere Voraussetzungen erlaubt, gegen § 307 BGB verstößt und Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers auslösen kann (LAG Niedersachsen, Urt. v. 22.05.2025, Az. 5 SLa 249/25).

Hintergrund

Im vorliegenden Fall kündigte ein Gebietsleiter, dem ein Dienstwagen zur privaten und beruflichen Nutzung zur Verfügung stand, sein Arbeitsverhältnis. Daraufhin wurde er unter Fortzahlung seiner Vergütung für die verbleibenden sechs Monate des Arbeitsverhältnisses freigestellt. Diese Entscheidung stützte der Arbeitgeber auf eine Klausel im Arbeitsvertrag, die ihn berechtigt, Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung – gleich von welcher Seite – freizustellen. Weitere Voraussetzungen waren nicht an die Freistellung geknüpft. Der Arbeitnehmer wurde außerdem dazu aufgefordert, den Dienstwagen zurückgeben. Da ihm die Nutzung während der Freistellung nicht mehr möglich war, forderte der Arbeitnehmer eine entsprechende Entschädigung.

Während das Arbeitsgericht Oldenburg dem Arbeitnehmer lediglich für einen Monat den geldwerten Vorteil des Dienstwagens zusprach, entschied das Landesarbeitsgericht Niedersachsen zugunsten des Arbeitnehmers und gab seiner Berufung in vollem Umfang statt.

Die Entscheidung des LAG

Die Berufungskammer entschied, dass eine formularmäßige Freistellungsklausel, die dem Arbeitgeber im Kündigungsfall ohne konkrete Voraussetzungen ein Freistellungsrecht einräumt, unwirksam ist. Dem Gebietsleiter wurde außerdem ein Entschädigungsanspruch aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 283 Satz 1 BGB für die entgangene Nutzung des Dienstfahrzeugs zugesprochen, da der Entzug ohne die (unwirksame) Freistellung nicht hätte erfolgen können.

Die Kammer verweist in ihrer Begründung auf die Rechtsprechung des LAG Hamburg (Urteil vom 24.07.2013 – 5 SaGa 1/13, Rn. 35), wonach ein allgemeiner Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist besteht. Der Anspruch beruhe auf der ergänzenden Rechtsfortbildung des Dienstvertragsrechts der §§ 611 ff. BGB auf der Grundlage von Treu und Glauben in Verbindung mit Art. 1 und 2 GG. Dieser könne daher nur bei überwiegenden schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers oder bei entgegenstehenden sachlichen Gründen zurücktreten. Demnach muss neben die Kündigung ein konkretes Freistellungsinteresse treten. Ein solches kann beispielsweise die Gefahr der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen oder eine befürchtete Konkurrenztätigkeit sein.

Zudem verlange das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 2 BGB die Nennung der zur Freistellung berechtigenden Gründe in der Klausel selbst. Eine pauschale Freistellungsklausel, die keine weitere Bedingungen enthält, verstößt daher gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist unwirksam.

Fazit

Eine unwirksame Freistellung kann teuer werden – pauschale Standardklauseln bergen erhebliche Risiken und können Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Wer seine Arbeitnehmer rechtssicher freistellen möchte, sollte daher auf differenzierte und transparente Regelungen achten