Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat unsere Klage für Reporter ohne Grenzen gegen den
Einsatz des Staatstrojaners durch den Bundesnachrichtendienst (BND) als unzulässig
zurückgewiesen. Die Entscheidung wurde in den Abendstunden des gestrigen Tages verkündet (Az. 6 A 1.22).
Das BVerwG hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, nach der es für die Zulässigkeit einer
Klage gegen heimliche Überwachungsmaßnahmen des BND eines Nachweises bedarf, dass eine
eigene Betroffenheit hinreichend wahrscheinlich sei. Dies sei bei Reporter ohne Grenzen nicht der
Fall, auch wenn Mitarbeiter von Reporter ohne Grenzen immer wieder mit Journalistinnen und
Journalisten aus Ländern wie Saudi-Arabien oder Russland kommunizieren, die für den BND von
Interesse sein dürften.
Mit seiner strikten Rechtsprechung setzt das BVerwG seine Linie aus einem früheren Verfahren fort,
das Reporter ohne Grenzen gegen die strategische Fernmeldeüberwachung durch den BND führte.
Gegen das seinerzeitige Urteil des BVerwG vom 14.12.2016 (6 A 2.15) ist eine Beschwerde beim
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig, deren Ausgang die Leipziger
Richter nicht abwarten mochten.
Das BVerwG ließ sich auch nicht von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)
vom 8.6.2021 zum baden-württembergischen Polizeigesetz beeindrucken, in dem es gleichfalls um
den Einsatz von Staatstrojanern ging (Az. 1 BvR 2771/18). In dieser Entscheidung hatte das BVerfG
für eine Verfassungsbeschwerde gegen den Staatstrojaner ausdrücklich verlangt, dass zunächst die
Fachgerichte angerufen werden. Reporter ohne Grenzen bleibt ein solcher Rechtsschutz jetzt dennoch
versagt. In der mündlichen Verhandlung äußerte der Berichterstatter zwar Verständnis dafür, dass
sich Reporter ohne Grenzen nun „zwischen den Stühlen“ des BVerfG und des BVerwG wiederfinde.
An der Entscheidung ändere dies aber nichts.
Ergänzend bemängelte das BVerwG unter anderem noch, dass Reporter ohne Grenzen nicht vorab
beim BND einen Antrag gestellt habe, vom Einsatz des Staatstrojaners verschont zu bleiben. Zudem
sei § 13 des G10-Gesetzes anwendbar, der den Rechtsweg gegen Maßnahmen des BND pauschal
ausschließt, solange dem Betroffenen keine Mitteilung über eine solche Maßnahme zugegangen ist.
Reporter ohne Grenzen wird auch in diesem Fall alle rechtlichen Maßnahmen ausschöpfen und
Verfassungsbeschwerde, erforderlichenfalls auch Beschwerde beim EGMR einlegen.
Prof. Niko Härting:
„Während wir in Sachen Schrems derzeit erneut darüber diskutieren, ob es
ausreichende Zusagen der US-Regierung zum gerichtlichen Rechtsschutz europäischer Bürger gegen
den Datenzugriff amerikanischer Dienste gibt, bleibt der Rechtsschutz gegen die eigenen Dienste in
Deutschland lückenhaft. Wenn wir jedoch von den Amerikanern eine gerichtliche Kontrolle der
Dienste fordern, kann es nicht richtig sein, bei den eigenen Diensten kontrollfreie Räume in weitem
Umfang zuzulassen.“
Zur Pressemitteilung von Reporter ohne Grenzen
Zur Pressemitteilung des BVerwG