Schon 1998 sang Nina Hagen „Hart sind die Zeiten und hart ist das Team. Darum siegen wir mit Eisern Union.“ Drohte damals noch der Bankrott des Vereins, fragt sich der heutige Erstligist, wie in Zeiten von Corona Fußball gespielt werden kann. Eine Leitidee und ein umfangreiches Hygienekonzept sollen Antworten bringen.
Eine Leitidee für Berlin
Nicht nur für die eigenen Spiele, sondern für die gesamte Berliner Veranstaltungsbranche wollte der Verein ein Programm für die Rückkehr in einen möglichst sicheren Veranstaltungsbetrieb erarbeiten. Einen etwas sperrigen Titel später, präsentierte der 1. FC Union in einer Mitteilung die „Leitidee: Der veranstaltungsveranlasste Virustest als Infektionsschutzmaßnahme“ .
Kerngedanke des Konzepts ist die Einführung von präventiven Corona-Tests vor jedem Spiel. Durch das „anlassbezogene, wiederkehrende Testen asymptomatischer Personen“ sollen Infektionsketten unterbrochen und die Pandemie wirksam eingedämmt werden.
Der Verein hat seine Pläne einer Zuschauerrückkehr auf Basis eines Hygienekonzepts, das als bei einem Freundschaftsspiel getestet werden sollte mittlerweile nach Gesprächen mit dem Bezirk Treptow-Köpenick und dem Senat von Berlin auf den 25. Oktober verschoben.
Laufe man mit offenen Augen durch die Stadt, stelle man schnell fest, dass die Einhaltung der Hygieneregeln in vielen Momenten des täglichen Lebens fremd ist und bleibt. Übersetzt heißt das, Maske tragen und Abstand halten lässt sich auf ein Fußballspiel oder Ähnliches nicht übertragen, ohne dass die Veranstaltung ihre Attraktivität verliert. Ein Veranstalter müsse sich entscheiden dürfen, welche Hygienemaßnahme er anwendet: Maske und Abstand oder präventiver Test. Anders gewendet, möchte der Verein die Maskenpflicht im Stadion eintauschen gegen einen verpflichtenden Corona-Test vor jeder Veranstaltung für sämtliche Zuschauer.
In diesem Sinne könnte die Veranstaltungsbranche eine interessante Schlüsselstellung für massenhafte Test sein, so der Verein. Durch ständige Wiederholung von Veranstaltungen, würden asymptomatische Menschen regelmäßig und mehrfach getestet. Die Logik leuchtet ein, wo sich viele Menschen versammeln, können auch viele Menschen getestet werden. Umgekehrt gilt aber auch, wo sich viele Menschen versammeln, können sich viele Menschen infizieren.
Ein exemplarischer Veranstaltungsverlauf in fünf Akten
Die Erklärung wie ein Superspreader-Event verhindert werden soll, liefert der 1. FC Union gleich mit. Auf 27 Seiten präsentiert der Verein, wie er sich ein Fußballspiel in Zukunft vorstellt. Grob würde sich eine Veranstaltung in 5 Prozesse gliedern.
1. Registrierung
Der Besucher richtet ein Kundenkonto auf der Webseite des Vereins ein und willigt in die Teilnahme an einer medizinischen Studie, einen Corona-Test, ein.
2. Ticketverkauf
Jeder Besucher bucht zunächst je ein Los, sämtliche Lose kommen in den Lostopf. Gewinnerlose berechtigen nun zur Buchung eines Stadiontickets. Ein negativer Corona-Test ist Bedingung für die Nutzung des Tickets. Soll heißen: sollte sich ein Besucher nicht testen lassen oder testet er positiv auf COVID19 wird er nicht ins Stadion gelassen. Ist der Besucher mit den Bedingungen einverstanden, kommt es erst jetzt zur Bezahlung des Tickets.
3. Corona-Test
Der Test findet auf einem eigens dafür vorgesehenen Gelände statt. Dabei kann sich der Verein sowohl das Testen als Walkthrough oder Drivethrough vorstellen. In jedem Fall fungiert das Stadionticket gleichzeitig als Einlassticket für die Test-Zone. Der Besucher wird über das Testergebnis spätestens bis zum Morgen des Spieltages informiert. Sollte der Besucher positiv getestet worden sein, wird das Ticket automatisch gesperrt und das Gesundheitsamt benachrichtigt.
4. Stadionbesuch
Nach alledem steht endlich der Stadionbesuch an. Der Einlass ist in Zonen geteilt. Die rote Zone ist öffentliches Straßenland. Hier gelten nach wie vor Abstandsregeln und Mund-Nasen-Schutz-Tragepflicht in geschlossenen Räumen. Es folgt die gelbe Zone, in der der Mund-Nasen-Schutz verpflichtend getragen werden muss, da kein Abstand gewahrt werden kann. Nach der Sicherheitskontrolle erlöst die grüne Zone jeden Besucher von der Maskenpflicht. Anfeuern, Singen, Jubeln mit dem/den Nachbar(n) seien dann zu jeder Zeit gestattet, so der Verein.
5. Nachverfolgung
Zwei Tage nach dem Heimspiel erhält jeder Besucher einen Fragebogen zu aufgetretenen Symptomen. Fällt eine Frage positiv aus, wird das Gesundheitsamt über den konkreten Fall informiert. Auch die umliegenden Besucher werden informiert und die entsprechenden Daten an das Gesundheitsamt übermittelt.
Immer wieder Eisern Union
So präsentiert der 1. FC Union dem Berliner Senat sowie dem Stadtbezirk Treptow-Köpenick ein etwas anderes Hygienekonzept, dass sich durchaus modern liest und hier und da nach den Sternen greift. Die Zukunft wird nun zeigen müssen, ob die ausführliche Arbeit des Vereins auf die gewünschte Resonanz stößt. Bis dahin gilt frei nach Nina Hagen:
„Immer weiter ganz nach vorn. Immer weiter mit Eisern Union.“