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Wer nach Deutschland einreist, muss sich grundsätzlich für zwei Wochen in häusliche Quarantäne begeben. Entsprechende Regelungen finden sich in allen Corona-Verordnungen der Bundesländer. Diese Regelungen weisen zahlreiche Unstimmigkeiten auf. Sie sind nicht von dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) gedeckt und daher (grund-)rechtswidrig.

 

 

Beispiel Berlin

In § 18 Abs. 1 der Berliner Corona-VO wird eine zweiwöchige häusliche Quarantäne („Absonderung“) für alle Einreisenden angeordnet:

 

„Personen, die auf dem Land-, See- oder Luftweg aus einem Staat außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in das Land Berlin einreisen, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und sich für einen Zeitraum von 14 Tagen nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern; dies gilt auch für Personen, die zunächst in ein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Den in Satz 1 genannten Personen ist es in diesem Zeitraum nicht gestattet, Besuch von Personen zu empfangen, die nicht ihrem Hausstand angehören.“

 

Die Regelung gilt für Urlaubsheimkehrer ebenso wie Rückkehrer von einer Dienstreise. Wer aus dem Ausland einreist, muss sich nach Art. 18 Abs. 2 der Berliner Corona-VO unverzüglich beim Gesundheitsamt melden, um dem Gesundheitsamt eine Kontrolle der Quarantäne zu ermöglichen. Verstöße werden mit Bußgeldern bis zu 2.000 EUR geahndet.

Rechtsgrundlage: § 32 Infektionsschutzgesetz

Die Berliner Corona-VO stützt sich – ebenso wie die Corona-Verordnungen der anderen Bundesländer auf § 32 IfSG:

 

„Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen…“

 

§ 32 verweist somit (unter anderem) auf § 30 IfSG. In § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG finden sich die Voraussetzungen, unter denen eine häusliche Quarantäne angeordnet werden kann:

 

„Bei sonstigen Kranken sowie Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern kann angeordnet werden, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen, befolgen können oder befolgen würden und dadurch ihre Umgebung gefährden.“

Voraussetzung: mindestens „Ansteckungsverdacht“

Die Anordnung häuslicher Quarantäne setzt somit mindestens einen „Ansteckungsverdacht“ voraus.

 

Nach § 2 Nr. 7 IfSG ist ein „Ansteckungsverdächtiger“

 

„eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein“.

 

Zurück zu § 18 der Berliner Corona-VO und zu entsprechenden Vorschriften in den Corona-Verordnungen der anderen Bundesländer. Die Anordnung einer 14-tägigen häuslichen Quarantäne für alle Einreisenden wäre nur dann von dem IfSG gedeckt, wenn bei allen Einreisenden „anzunehmen“ wären, dass sie „Krankheitserreger aufgenommen“ haben. Und dies ist natürlich nicht der Fall: Wer aus Dänemark oder Österreich nach Deutschland einreist, ist deswegen noch lange nicht „ansteckungsverdächtig“. Die Corona-Verordnungen stellen die Einreisenden unter einen Generalverdacht, der tatsächlich und rechtlich haltlos ist. Zu einem solchen „Generalverdacht auf dem Verordnungsweg“ sind die Landesregierungen nach § 32 i.V.m. § 30 IfSG nicht berechtigt. § 18 der Berliner Corona-VO und die Parallelbestimmungen in den anderen Landes-Corona-Verordnungen sind rechtswidrig.

Generalverdacht und Ausnahmedschungel

Wie absurd der Generalverdacht gegen alle Einreisenden ist, zeigen im Übrigen auch die Ausnahmekataloge, die sich in allen Corona-Verordnungen finden. Berlin ist kein Agrarland, dennoch findet sich in § 19 Abs. 2 eine lange und komplizierte Ausnahme von der häuslichen Quarantäne für „Saisonarbeitskräfte“. Wer sich weniger als 48 Stunden im Ausland aufgehalten hat oder seinen „Lebenspartner“ besucht, gilt nicht als ansteckungsverdächtig (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 der Berliner Corona-VO). Weitere Ausnahmen gibt es etwa für Streitkräfte, Berufspendler und Diplomaten, nicht jedoch für heimkehrende Auslandskorrespondenten und andere Journalisten.

 

Bislang haben wir noch von keinen Bußgeldbescheiden gehört, die wegen eines Verstoßes gegen die Quarantänepflicht erlassen worden sind. Wer gegen einen solchen Bußgeldbescheid oder gegen die Quarantänepflicht gerichtlich vorgehen möchte, hat ausgezeichnete Erfolgschancen.