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Judith Froese spricht mit Niko Härting über den Regierungsentwurf für ein neues „Selbstbestimmungsgesetz“, das transsexuellen und intersexuellen Menschen eine Änderung ihres Personenstandes erleichtern soll.

„Der Mensch in der Wirklichkeit des Rechts. Zur normativen Erfassung des Individuums durch Kategorien und Gruppen“ – Dies ist der Titel der Habilitationsschrift (2020) von Judith Froese, die Professorin auf den Gebieten des Verfassungsrechts, Verwaltungsrechts und der Rechtsphilosophie an der Universität Konstanz ist.

In dem Gespräch mit Niko Härting geht es um das Transsexuellengesetz aus dem Jahre 1980, das für einen Wechsel des Personenstandes zwei medizinische Gutachten vorschreibt und von den Betroffenen als entwürdigend empfunden wird. Nach dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz soll dagegen eine einfache Erklärung vor dem Standesamt die Änderung des Personenstandes und des Vornamens ermöglichen. Judith Froese hat zwar keinen Zweifel am dringenden Reformbedarf, sieht jedoch einige der geplanten neuen Vorschriften kritisch. Unter anderem kritisiert sie, dass sich der Gesetzesentwurf jeglicher Definition der Kategorie des „Geschlechts“ enthält.

Froese weist auf den Widerspruch hin, dass einerseits die Kategorie des „Geschlechts“ als weitgehend bedeutungslos angesehen wird, während es andererseits ein verbreitetes Bedürfnis gibt, sich über seine individuellen Merkmale, zu denen auch das „Geschlecht“ gehört, in seiner „Identität“ zu definieren.

Niko Härting lernt aus dem Gespräch, dass es durchaus fraglich ist, ob man überhaupt noch einen amtlichen „Personenstand“ braucht. Wenn Männer, Frauen und Diverse – anders als in früheren Zeiten – in nahezu allen Lebensbereichen gleiche Rechte und Pflichten haben und jedwede Diskriminierung untersagt ist, wird der amtliche „Personenstand“ zunehmend ein Relikt aus vergangenen Zeiten.