Isabelle Biallaß ist Richterin am Amtsgericht Essen und befasst sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit eJustice und der Digitalisierung der Justiz. Sie ist unter anderem Mitglied des Vorstandes des EDV-Gerichtstags.
Im Gespräch mit Niko Härting berichtet Isabelle Biallaß über den Stand der Digitalisierung an den nordrhein-westfälischen Gerichten und über den Stand des elektronischen Rechtsverkehrs bundesweit. Was kommt nach dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA)? Wie lange wird es dauern, bis es Portallösungen gibt, die den Anwälten Zugriff auf die Gerichtsakten ermöglichen?
Die geplanten Erleichterungen für gerichtliche Videoverhandlungen stecken derzeit im Bundesrat fest. Isabelle Biallaß diskutieren Vor- und Nachteile von Videoverhandlungen – auch aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger, deren Fälle verhandelt werden. Ist es sinnvoll, Videoverhandlungen auch für die Befragung von Zeuginnen und Zeugen zuzulassen?
In Massenverfahren – ob Diesel, Fluggastrechte oder Datenschutz – sind die Gerichte laut Isabelle Biallaß gegenüber den beteiligten Kanzleien stets im Nachteil, da es dort derzeit keine Möglichkeit gibt, Daten in strukturierter Form entgegenzunehmen. § 130c ZPO ermöglicht entsprechende Rechtsverordnungen, ist jedoch eine Dunkelnorm, die auch Niko Härting nicht kennt. Laut Isabelle Biallaß fehlt es oft nicht an kreativen Gedanken für eine fortschreitende Digitalisierung, man hinkt jedoch bei der Umsetzung hinterher.
Im letzten Teil des Gesprächs geht es um Vorbilder der Digitalisierung – nicht nur im vielzitierten Estland, sondern auch in Dänemark und Kanada. Und natürlich geht es auch um OLGA, FRAUKE und andere Pilotprojekte für den Einsatz künstlicher Intelligenz an den Gerichten. Für „absolut unrealistisch“ hält es Isabelle Biallaß, dass die Richterin oder der Richter eines Tages einmal durch „KI“ ersetzt wird.
Und ganz am Schluss geht es auch um den Datenschutz. Was sollten Richterinnen und Richter beachten, wenn sie zur Unterstützung ihrer Arbeit Softwaretools einsetzen?